Mehr Phytos und NSAR, weniger Antibiotika |
| Laura Rudolph |
| 22.10.2024 18:00 Uhr |
Erstmals berücksichtigt die aktualisierte Leitlinie geriatrische Patienten als eigene Patientengruppe. Bei ihnen sind besondere Umstände hinsichtlich der Diagnose und Behandlung zu beachten. Die Diagnose kann bei älteren Menschen erschwert sein, da sie oft untypische Symptome oder chronische Beschwerden im Urogenitalbereich haben. Zudem lassen sich häufig Bakterien im Harn nachweisen, ohne dass Symptome auftreten oder dies klinisch relevant wäre.
Daher soll die Diagnose einer HWI bei geriatrischen Patienten nicht allein auf Basis eines positiven Teststreifens gestellt werden. Neben typischen Symptomen sowie mikrobiologischen und laborchemischen Befunden sollen auch untypische Symptome, eine veränderte Vigilanz und die Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme berücksichtigt werden.
Auch die Therapie kann bei älteren Menschen herausfordernd sein. Der Körper resorbiert Wirkstoffe im Alter oft nicht mehr optimal, und die Funktion von Organen wie Leber oder Niere lässt nach, was die Wirkung der Arzneimittel beeinträchtigen kann. Zudem kann die Therapietreue eingeschränkt sein, und Aufenthalte in Kliniken oder Heimen erhöhen das Risiko für Infektionen mit antibiotikaresistenten Keimen.
»Eine akute unkomplizierte Zystitis kann bei geriatrischen Patienten in gleicher Weise (Auswahl des Antibiotikums und Therapiedauer) behandelt werden wie Harninfektionen bei anderen Patientengruppen, wenn keine weiteren komplizierten Aspekte hinzukommen«, empfehlen die Leitlinienautoren. Für eine antibiotische Langzeitprophylaxe bei geriatrischen Frauen können Trimethoprim mit und ohne Sulfamethoxazol oder Nitrofurantoin in niedriger Dosis eingesetzt werden, sofern die Kontraindikationen gemäß der Priscus-Liste 2.0 beachtet werden und die Medikation regelmäßig hinsichtlich Nebenwirkungen überprüft wird. Diese Priscus-Liste führt potenziell inadäquate Arzneistoffe für alte Menschen auf.
Eine weitere Neuerung betrifft die Neueinführung einer »Patienteninformation Blasenentzündung«. Sie überträgt die Empfehlungen der S3-Leitlinie in eine laiengerechte Sprache und informiert über Entstehung, Diagnose, Behandlung und Prävention der HWI. Diese Information soll Patienten helfen, die Symptome besser zu verstehen und frühzeitig zu erkennen. Zudem werden nicht medikamentöse Maßnahmen und rezeptfreie Phytopharmaka vorgestellt, die zur Linderung beitragen können. Die Patienteninformation klärt auch über den verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika auf und betont die Bedeutung der Prävention, um wiederkehrende Infektionen zu vermeiden.