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Arzneimittelversorgung

Mangel auch bei Notfallmedikamenten

Antibiotika für Kinder zu bekommen, wird auch für Kliniken in Deutschland immer schwieriger. Das betont der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß. Der Mangel an bestimmten Medikamenten in Kliniken betreffe zudem auch Notfallmedikamente.
dpa
PZ
08.05.2023  12:15 Uhr

Der Mangel an bestimmten Medikamenten in Kliniken betrifft laut Deutscher Krankenhausgesellschaft auch Notfallmedikamente. Fünf bis zehn Prozent aller Arzneimittel, die in Krankenhäusern gebraucht würden, seien nicht lieferbar, sagte der Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß den Fernsehnachrichten SWR Aktuell. Das betreffe auch Antibiotika für Kinder sowie Schlaganfall-Mittel, also durchaus auch Notfallmedikation, sagte Gaß.

»Das heißt, wir haben Mitarbeiter, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als sich um diese Lieferprobleme zu kümmern und Ersatz zu beschaffen», berichtete er. Im Falle der Kinder-Antibiotika würden durch Apothekerinnen und Apotheker in den Krankenhäusern zum Teil aus Präparaten für Erwachsenen die notwendigen Rezepturen für die Kinder angepasst und selbst gefertigt.

Der Arbeitsaufwand für die Kliniken, um Medikamente mit Lieferengpässen zu beschaffen, sei bereits »überbordend«, beklagte Gaß auch gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag). Gleichzeitig wies er darauf hin, dass einzelne Kinderärzte ihre kleinen Patienten bereits in Kliniken einweisen würden, weil eine ambulante Versorgung mit Antibiotika aufgrund des Medikamentenmangels nicht oder nur verzögert möglich sei. Noch könnten die Krankenhäuser zwar den Mangel durch einen erheblichen Mehraufwand ausgleichen, aber »dauerhaft wird es so nicht möglich sein, die Probleme zu lösen«, machte Gaß deutlich.

Preis fordert »Nationale Antibiotika-Reserve«

Der Mangel an Antibiotika-Säften führte bereits in Apotheken dazu, dass Kunden wieder weggeschickt werden mussten. Der Chef des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, forderte vergangene Woche in der «Rheinischen Post» den Aufbau einer «nationalen Antibiotika-Reserve».

Mehrere Bundesländer haben inzwischen die Regeln für Kinder-Antibiotika-Säfte gelockert, damit die Versorgung nicht gefährdet wird. Erlaubt ist etwa die Einfuhr von in Deutschland nicht zugelassenen Antibiotika-Säften aus dem Ausland. Möglich ist das, weil das Gesundheitsministerium in der Woche zuvor offiziell einen Versorgungsmangel bei Antibiotika-Säften für Kinder festgestellt hatte. Damit dürfen bestimmte Regeln des strengen Arzneimittelgesetzes befristet umgangen werden.

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums hatte in Berlin außerdem auf das von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Gesetz gegen Arzneimittelengpässe verwiesen. Dieses sieht bei bestimmten Medikamenten auch eine Pflicht zur mehrmonatigen Lagerhaltung vor. Allerdings muss das Gesetz noch vom Bundestag beschlossen werden. Zuletzt hatte Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) diesbezüglich zur Eile gemahnt. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte am Freitag, dass eine Beratung im Parlament im Juni geplant sei. »Wir versprechen uns davon zeitnah eine substantiell bessere Medikamentenversorgung, insbesondere mit Kinderarzneimitteln.«

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