Lob der Freiberuflichkeit |
Brigitte M. Gensthaler |
25.10.2023 13:30 Uhr |
Flammendes Plädoyer für die inhabergeführte Apotheke: Dr. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbands (Archivbild) / Foto: PZ/André Wagenzik
»Von Apotheken lernen, heißt siegen lernen im Kampf gegen das Coronavirus«, zitierte Hubmann die Anmoderation eines Berichts der Tagesschau am 28. April 2020. Die Apotheken hätten ihren Versorgungsauftrag in allen Krisenphasen der Pandemie erfüllt und viele zusätzliche Aufgaben übernommen. »Die kleinteilige Struktur der inhabergeführten, frei- und beruflichen Apotheke hat sich bewährt und als krisenfest erwiesen, besser als jeder Großkonzern.«
Seit 75 Jahren sei der BAV ein starker Partner an der Seite der Selbstständigen und biete Orientierung, hob Hubmann hervor. Und er werde auch in den nächsten 75 Jahren gebraucht als Wegbegleiter der Apotheken. »Bleiben Sie den Apotheken und der freiberuflichen Versorgung in der jetzigen Struktur gewogen«, sagte der BAV-Chef vor rund 130 Gästen, darunter die amtierende bayerische Gesundheitsministerin Ulrike Scharf und der neue CSU-Fraktionsvorsitzende Klaus Holetschek.
Doch genau an die kleinteilige Struktur solle »die Axt angelegt« werden. Hubmann, der Vorsitzender des Bayerischen und des Deutschen Apothekerverbands ist, sieht die freiberufliche ambulante Versorgung der Bürger auf der Kippe. Dies unterstreichen die Apothekenzahlen in Bayern: Gab es vor zehn Jahren knapp über 3300 Apotheken im Freistaat, so waren es zu Beginn des dritten Quartals 2023 nur noch 2820 – fast 500 Betriebe weniger in einem Jahrzehnt. Da spielten auch politische Entscheidungen eine Rolle, die gefällt oder unterlassen wurden, rügte Hubmann. Denn die Politik setze die Rahmenbedingungen, ob die Übernahme einer Apotheke noch attraktiv ist für junge Apotheker, sagte er mit Blick auf Bürokratie, Struktur und Vergütung.
Die Apotheken seien von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. Die Stärkung der Apotheken sei längst überfällig und werde von der Ampelkoalition hartnäckig verweigert. »Die Arzneimittelpreisverordnung muss angepasst werden.« Junge Kollegen bräuchten dringend wirtschaftliche Perspektiven und ein Honorar, das der Kostenentwicklung entspricht – auch um den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen.
Hubmann gab der Bundespolitik die Verantwortung dafür, dass immer mehr Apotheken schließen und Menschen auf dem Land weite Wege zur nächsten Apotheke zurücklegen müssen. Und direkt zu Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach: »Er stellt sich seiner Verantwortung nicht – ganz im Gegenteil. Mit jedem neuen Vorschlag werden seine Pläne zur Schwächung der gesamten ambulanten Versorgung deutlicher.«
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