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Arzneimittel-Lieferengpässe

Lieferketten diversifizieren statt Produktion zurückholen

Experten sind sich einig: Die Wirkstoffproduktion zurück nach Europa zu holen, wird schwierig und kostspielig. Man sollte sich aber nicht von einzelnen Anbietern und Staaten abhängig machen, sind sich EU-Politik und Industrie einig.
Daniela Hüttemann
13.09.2023  15:00 Uhr

Abhängigkeit von den BRICS-Staaten reduzieren

An der akuten Situation ändert das aber erst einmal nichts, zumal es ein globales Problem ist. Die Wirkstoffproduktion finde aus Kostengründen oft nur noch in wenige Betrieben in Fernost statt, zumeist China und Indien, berichtete Gobrecht. »Eine umfassende Verlagerung der Produktion zurück in die EU wäre mit immens hohen Kosten verbunden. Daher ist es wahrscheinlich, dass die EU weiterhin abhängig von günstigen Arzneimitteln aus dem Ausland sein wird.«

Die Abhängigkeit von China und Indien bei Arzneimitteln könnte auch geopolitisch zum Druckmittel werden. Als Chance und Herausforderung zugleich nannte Gobrecht hier die anderen BRICS-Staaten (Brasilien, Südafrika und Russland, von denen aufgrund des Ukraine-Kriegs Russland wohl derzeit herausfällt), die sich zu Beginn kommenden Jahres erweitern wollen. Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate wollen dem BRICS-Bündnis beitreten. Hier könnte dann auch die Arzneimittelproduktion ausgebaut werden. Damit gewänne der Block weiteren wirtschaftlichen Einfluss. 

Gobrecht betonte auch, dass Staaten wie Indien und China durchaus Arzneistoffe und Medikamente an Europa liefern wollen, doch selbst den riesigen Bedarf im Inland decken müssten, auch um innenpolitisch bestehen zu können.

Die ABDA rät dazu, die Lieferketten zu diversifizieren – »das sollten wir spätestens in der Corona-Krise gelernt haben«, meinte Gobrecht. »Wir werden weiterhin vom Ausland abhängig sein.« Damit es nicht an einzelnen Staaten hängt, sei Diversifizierung es so wichtig. Die Erweiterung der BRICS-Staaten könne hierbei helfen.

Verbliebene Produktion in Europa sichern

Auch Torsten Bathmann, beim Verband der forschenden Pharmaunternehmen (vfa) für die Innovationspolitik zuständig, hält eine Rückholung der Produktion nach Europa aus Kostengründen für illusorisch. Das würde eher zu Einbußen der Versorgungsqualität in der Breite führen. Er sprach sich stattdessen wie Gobrecht für eine Stabilisierung der Lieferketten aus. Das erfordere finanzielle Mittel und auch Rechtssicherheit, was nicht bei allen globalen Handelspartnern gewährleistet sei. 

Man sollte auch bestehende Standorte sichern. Bathmann begrüßte es beispielsweise, dass die EU-Kommission in diesem Juli bewilligt hat, dass der österreichische Staat die Modernisierung der einzigen in Europa verbliebenen Penicillin-Produktion in Kundl/Tirol (Firma Sandoz) mit 28,8 Millionen Euro subventionieren darf. Dort wird unter anderem Amoxicillin hergestellt.

In den 1970er-Jahren die sogenannte »Apotheke der Welt«, gehöre Deutschland in der Grundlagenforschung und insbesondere auf dem Gebiet der RNA-Forschung und -Produktion immer noch zur Weltspitze. Europa insgesamt sei in der Produktion anspruchsvollerer Arzneimitteltherapien wie Biologika noch gut aufgestellt. Doch die Innovationen von heute seien die Generika von morgen, warnte Bathmann. Das solle man nicht aus Preisgründen aufs Spiel setzen, denn auch China beispielsweise habe das Know-how in der Gen- und Zelltherapie. Vielmehr sollten innovative Therapien und Produktionstechnologien in Europa gestärkt werden. 

Die Produktion von niedermolekularen Generika sieht Bathmann dagegen als verloren an. »Es ist einfach keine Billigproduktion in der EU möglich und jedes Unternehmen kann nur Rabattverträge schließen, wenn es die Produktionskosten senkt.« Selbst ohne Rabattverträge werde die Produktion nicht mehr zurückkommen. Es sei ein schleichender Verlust über 20 Jahre gewesen, der sich nicht einfach zurückdrehen lasse.

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