Lauterbach: Keine Leistungskürzungen geplant |
Trotz angespannter Finanzlage der Kassen will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den bestehenden Leistungsumfang in der Gesundheitsversorgung erhalten. / Foto: IMAGO/photothek
Die finanzielle Lage der Krankenkassen und damit auch die Gesundheitsversorgung der rund 73 Millionen gesetzlich versicherten Menschen in Deutschland ist derzeit angespannt. Diese Woche hatte das Bundesgesundheitsministerium erst einen Rekord-Defizit der Kassen von knapp 6 Milliarden Euro für das vergangene Jahr verkündet. Für das laufende Jahr 2022 hat der Bund Ende 2021 zudem einen Zuschuss von insgesamt 28,5 Milliarden Euro für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) gewährt, um das System zu stützen.
Für das kommende Jahr drohen allerdings weiter »gravierende Probleme«, so die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, in einem Gespräch mit dem Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) am Donnerstagabend. Im Rahmen des neuen digitalen Formats »GKV Now«, diskutierten die beiden über aktuelle Probleme im deutschen Gesundheitssystem und wie die Ampelkoalition diese angehen möchte.
Lauterbach bestätigte ein für das nächste Jahr vorausgesagte finanzielles Defizit von 17 Milliarden Euro für die GKV. Er erklärte, dass er hierzu bereits mit Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im Austausch sei, konkrete Lösungsmöglichkeiten könne er aber noch nicht nennen. Allerdings kündigte Lauterbach an, dass das Bundesfinanzministerium (BMF) künftig bei der Arbeit des Schätzerkreises beteiligt werden soll. Dies solle die Transparenz der Abschätzung der finanziellen Entwicklungen gegenüber dem BMF erhöhen.
Über mögliche Erhöhungen der Beitragssätze für die Versicherten wollte er nicht konkret werden, »hier laufen gerade noch die Verhandlungen«, so Lauterbach. Um die Kassen zu unterstützen, plane er etwa die Umsetzung der im Koalitionsvertrag versprochenen, langfristigen Übernahme der Kosten für die Bezieher von Arbeitslosengeld II. Hierbei handelt es sich laut Pfeiffer um eine Summe von 10 Milliarden Euro.
Pfeiffer sprach ebenfalls nicht von »Leistungskürzung« sondern von einer »effizienteren Versorgung«. An erster Stelle stehe hier die Arzneimittelversorgung. Bezüglich einer Verlängerung des Preismoratoriums müsse dringend gesprochen werden, damit dies 2023 auch wirkt. Aber auch die zeitliche Begrenzung der Kosten für neue Arzneimittel, wie ebenfalls im Koalitionsvertrag angekündigt, müsse zügig umgesetzt werden, um Kosten einzusparen, so Pfeiffer. Die Ampelparteien hatten sich darauf geeinigt, dass der verhandelte Erstattungspreis von neuen Arzneimitteln ab dem siebten Monat nach Markteintritt gelten soll und nicht wie bislang erst nach einem Jahr. Zudem brauche es auch im Bereich Krankenhäuser und ambulanter Versorgung Reformen, sie forderte die sogenannte »Ambulantisierung«, also dass viele Leistungen auch ambulant statt stationär durchgeführt werden sollen und damit kostengünstiger sind. Pfeiffer betonte, dass es hier nicht »um das Sparen um des Sparens willens« gehe, sondern, dass die Patienten dadurch auch eine effizientere und bessere Versorgung erhielten.
Gerade beim Thema Rückerstattung der neuen Arzneimittelpreise kündigte Lauterbach an: »Warten Sie ab, was wir am Montag oder Dienstag präsentieren werden.« Zudem kam auch das Thema Senkung der Mehrwertsteuer bei Arzneimitteln auf. Die Idee, diese bei Arzneimitteln etwa ähnlich wie bei Lebensmitteln auf 7 Prozent Mehrwertsteuer abzusenken, stand bereits im ersten Entwurf des Koalitionsvertrags der Ampelparteien, wurde aber letztendlich wieder gestrichen. Dennoch erklärte Lauterbach, dass er diese Forderung für richtig halte, allerdings betonte er, dass dies vermutlich nicht in das aktuell geschnürte Gesetzespaket komme. Klipp und klar schloss Lauterbach allerdings eine Maßnahme aus: Leistungskürzungen werde es mit ihm nicht geben, bestätigte der Minister am Donnerstag.