Langer Schutz durch Covid-19-Impfungen |
Christina Hohmann-Jeddi |
29.06.2021 16:52 Uhr |
Der Impfstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer bewirkt die Ausbildung von sogenannten Keimzellen in den Lymphknoten. Diese sind für eine langanhaltende Immunität wichtig. / Foto: Imago Images/CHROMORANGE
Wie lange man nach einer Coronaimpfung vor Covid-19 geschützt ist, ist noch nicht genau bekannt. Aufgrund von anfänglichen Berichten zu sinkenden Antikörpertitern nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 und Erfahrungen mit den harmloseren Erkältungscoronaviren, mit denen man sich jedes Jahr neu infizieren kann, ging man bislang von einem eher kurzlebigen Schutz aus. Zwei aktuelle Untersuchungen von US-amerikanischen und britischen Forschern zu den Covid-19-Impfstoffen zeichnen jetzt aber ein positiveres Bild.
Wie ein Team um Dr. Jackson Turner von der Washington University of St. Louis im Fachjournal »Nature« berichtet, ruft die Impfung mit der mRNA-Vakzine Tozinameran (Comirnaty®) von Biontech/Pfizer langlebige Immunantworten hervor. Die Forscher analysierten die Antigen-spezifischen B-Zell-Antworten im Blut von 41 Probanden, die zwei Dosen Comirnaty erhalten hatten. Acht von ihnen waren zuvor bereits mit dem Coronavirus infiziert gewesen. Die zirkulierenden IgG- und IgA-sezernierenden Plasmablasten, die Antikörper gegen das Impfantigen (das virale Spike-Protein) bilden, erreichten ihre höchste Konzentration eine Woche nach der zweiten Immunisierung. Danach sank die Zahl ab, bis die Zellen nicht mehr nachweisbar waren.
Für eine langanhaltende Antikörperantwort ist eine bestimmte Struktur in den Lymphknoten nötig: Die Bildung eines sogenannten Keimzentrums. Diese Keimzentren bilden sich im Lauf einer Infektion oder Impfantwort aus Lymphfollikeln und sind eine Art Trainingslager für B-Zellen. In ihnen findet eine intensive Vermehrung und Reifung der B-Lymphozyten statt. Daher nahmen die Forscher auch Proben aus den axillären Lymphknoten von 14 Geimpften, die alle noch keine Infektion durchgemacht hatten, und suchten hier nach Keimzentren. In den Biopsien entdeckten sie bei allen Untersuchten Keimzentren mit B-Zellen gegen das Spike-Protein. Die B-Zellen konnten in hoher Zahl auch zwölf Wochen nach der zweiten Impfung noch nachgewiesen werden, berichten Turner und Kollegen.
Dabei zielten die von diesen Immunzellen gebildeten monoklonalen Antikörper überwiegend auf die Rezeptorbindedomäne des Spike-Proteins ab, wobei weniger Klone an die N-terminale Domäne des Proteins banden. Einige Antikörper konnten auch Spike-Proteine von anderen Betacoronaviren wie OC43 und HKU1 binden. Diese kreuzreaktiven B-Zell-Klone haben den Forschern zufolge einen Gedächtnis-B-Zell-Ursprung.
»Keimzentren sind der Schlüssel zu einer anhaltenden protektiven Immunantwort«, so Seniorautor Dr. Ali Ellebedy in einer Mitteilung der Universität. In ihnen werde das Immungedächtnis geformt. Je länger diese Struktur vorhanden sei, desto stärker und haltbarer sei die Immunität. »Wir konnten zeigen, dass die Keimzentren noch 15 Wochen nach der ersten Impfdosis stark ausgeprägt sind.« Das Team monitore die Keimzentren der Probanden immer noch, und deren Aktivität lasse nicht nach. »Das ist bemerkenswert«, so Ellebedy.
Dabei zeigte sich auch, dass die Impfung bei Personen, die bereits eine Coronavirus-Infektion durchgemacht hatten, den Antikörpertiter noch deutlich anheben konnte. »Die Impfung hat einen deutlichen Benefit auch bei zuvor Infizierten«, sagte Koautorin Dr. Jane O’Halloran. Daher werde eine Impfung auch für Covid-19-Genesene empfohlen.
Das Team untersuchte nur die Immunantwort auf den mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer. Inwieweit die ebenfalls zugelassenen Impfstoffe von Moderna, Janssen (Johnson & Johnson) und Astra-Zeneca ebenfalls zur Bildung solcher Keimzentren führen, muss in weiteren Studien geprüft werden.
Auch zum Vektorimpfstoff Vaxzevria® von Astra-Zenenca gibt es erfreuliche neue Daten. Laut einer Subgruppenanalyse der von der Universität Oxford geleiteten Studien COV001 und COV002 mit dem Coronaimpfstoff führte eine späte zweite Dosis nach bis zu 45 Wochen oder eine dritte Dosis zu starken Immunantworten. Das meldet Astra-Zeneca heute.
Die Ergebnisse stellt ein Team um Amy Flaxman vom Jenner Institut der Universität Oxford als Preprint auf der Website des Journals »The Lancet« vor. Von der Vektorvakzine sind laut Zulassung zwei Dosen im Abstand bis zu zwölf Wochen vorgesehen. Der Untersuchung zufolge wirkt sich aber ein deutlich längeres Intervall zwischen den beiden Dosen positiv aus. Wurden die Dosen im Abstand von etwa 45 Wochen gegeben, erhöhte das die Antikörperantworten im Vergleich zur einfachen Impfung um bis zu 18-fach – gemessen vier Wochen nach der zweiten Dosis. Im Vergleich zu dem vorgesehenen Zwölf-Wochen-Abstand erhöhte das verlängerte Intervall die Antikörpertiter um den Faktor vier. Dies zeige, dass längere Impfintervalle bei Vaxzevria nicht schädlich seien, sondern zu stärkeren Immunreaktionen führen können, heißt es in der Mitteilung des Unternehmens.
Auch der Effekt einer dritten Dosis Vaxzevria wurde untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass nach einer dritten Impfung die Antikörpertiter in etwa doppelt so hoch ausfielen wie nach der zweiten Dosis. Ein Ergebnis war auch, dass ein Jahr nach einer einzigen Dosis Vaxzevria immer noch SARS-CoV-2-spezifische Antikörper nachweisbar waren. Die Antikörperspiegel sanken zwar kontinuierlich, sie blieben aber nach der Einzeldosis mindestens ein Jahr lang gegenüber dem Ausgangswert erhöht, berichten die Forscher.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.