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Herzstillstand

Laien können Leben retten

Wenn das Herz aufhört zu schlagen, entscheidet die richtige Reaktion der Umstehenden, ob der Patient überlebt. Essenziell ist die Herzdruckmassage. Das Apothekenteam kann dazu ermutigen, die Kenntnisse aufzufrischen und im Falle eines Falles auch wirklich zu helfen.
Nicole Schuster
06.09.2019  17:00 Uhr

Grundsätzlich kann es jeden treffen – das Kleinkind genauso wie die junge Mutter oder den Senioren. Bei einigen Menschen ist allerdings das Risiko für einen Herzstillstand erhöht. Dazu zählen Personen, die in der Krankheitsgeschichte Herzprobleme wie die koronare Herzkrankheit, Diabetes oder Schlaganfall aufweisen oder bei denen ein enges Familienmitglied einen Herzstillstand erlitten hat. Vielen ist aber gar nicht bewusst, dass sie ein erhöhtes Risiko für das oft tödliche Ereignis haben. So ereilt ein Herzstillstand Patienten oft wie aus heiterem Himmel. Die überwiegende Zahl der Betroffenen – in Deutschland jährlich mehr als 50.000 Menschen – befindet sich im akuten Fall außerhalb eines Krankenhauses. Das Dramatische: Nur etwa 10 Prozent von ihnen überleben.

Ursachen des Herzstillstands

Bei einem Herzstillstand funktioniert das elektrische System des Organs nicht mehr. Das Herz schlägt erst unerwartet schnell, dann unregelmäßig und hört schließlich ganz auf zu schlagen. »Sehr oft geht dem Herzstillstand ein Ereignis direkt am Herzen voraus. Dabei kann es sich um einen Herzinfarkt handeln oder auch dem plötzlichen Verschluss einer Herzkranzarterie, meist verbunden mit gefährlichen Herzrhythmusstörungen«, berichtet Dr. Christian Hermanns,  Facharzt für Anästhesiologie und Notarzt bei der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) aus Nürnberg, gegenüber der PZ. Auch Krankheiten wie die Herzmuskelentzündung können einen Herzstillstand auslösen, ebenso schwere Atemprobleme, eine Lungenembolie, Unfälle, Unterkühlung oder Vergiftungen. In der Folge funktioniert die Pumpfunktion des Herzens nicht mehr richtig beziehungsweise lässt ganz nach, die Sauerstoffversorgung des Körpers ist unzureichend und zum Gehirn fließt nicht mehr genug Blut. Wer in diesen lebensbedrohlichen Zustand gerät, bricht oft ohne Warnzeichen zusammen. »Betroffene liegen bewusstlos, mit grau-blau verfärbter Hautfarbe, ohne Atmung oder auch mit Verletzungen auf der Straße«, erzählt der Arzt.

Herzdruckmassage rettet Leben

Wenn das Herz stehen bleibt, zählt jede Sekunde. Pro Minute sinkt die Überlebensrate um 7 bis 10 Prozent. Der Krankenwagen erreicht den Patienten in der Regel erst nach zehn Minuten – ohne die Hilfe von Umstehenden ist die Überlebenschance also quasi gleich null. »Eine frühzeitige Herzdruckmassage rettet Leben«, betont der Experte. »Bereits nach fünf Minuten ohne Sauerstoff sterben Hirnzellen unwiederbringlich ab. Mit jeder Minute ohne Herzdruckmassage und Sauerstoffversorgung des Gehirns drohen schwere Behinderungen oder sogar der Tod.« Umso wichtiger ist es, dass jeder Erwachsene fähig ist, eine Herzdruckmassage durchzuführen. »Dadurch wird im Körper des Patienten ein minimaler Kreislauf erzeugt, der ausreicht, den Kopf mit Blut und Sauerstoff zu versorgen, bis der Rettungsdienst eintrifft.« Viele Menschen scheinen sich das aber nicht zuzutrauen. Der Experte verweist auf die neuesten Zahlen des Deutschen Reanimationsregisters. Demnach beginnen Laien in nicht mal 40 Prozent der Fälle mit einer Herzdruckmassage.

Zurück in den Sinusrhythmus

Die Herzdruckmassage kombinieren Ersthelfer bestenfalls mit einer Atemspende: Mund-zu-Mund-Beatmung oder Mund-zu-Nase-Beatmung in einem Verhältnis 30 Thoraxkompressionen zu zwei Beatmungen. Diese Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW), auch kardiopulmonale Reanimation genannt, ist allerdings nur eine vorübergehende Maßnahme. Sie sorgt dafür, dass der Blutfluss erhalten bleibt und das Gehirn weiterhin Sauerstoff erhält. Die HLW hat jedoch keinen Einfluss auf die Ursache des Herzstillstands und ist nicht geeignet, das Herz wieder in seinen normalen Rhythmus zurückzubringen. Das gelingt häufig nur mit einer Defibrillation. Je früher Retter defibrillieren, desto besser.

Passiert der Notfall in einer öffentlichen Einrichtung, steht oft ein automatischer externer Defibrillator (AED) zur Verfügung. Ersthelfer platzieren die selbstklebenden Elektroden auf der Brust des Patienten. Über die Elektroden erhält das Herz während eines anormalen Rhythmus einen elektrischen Impuls. Ziel ist, dass das Herz wieder zu einem normalen Sinusrhythmus zurückfindet. Angst zu haben, das Opfer mit einem Defibrillator noch mehr zu schädigen, braucht niemand. Die Elektroden messen den Herzrhythmus. Ist dieser normal, wird kein elektrischer Impuls zum Herzen geschickt.

Die Erste-Hilfe-Maßnahmen stoppen erst, wenn das Rettungsteam die weitere Versorgung übernimmt. Die professionellen Helfer können den Patienten über einen Endotracheal- oder einen Larynxtubus mit Sauerstoff in hoher Konzentration versorgen. Der Notarzt verabreicht auch Medikamente und versorgt den Betroffenen beispielsweise intravenös mit Adrenalin, dem Standardmedikament der Reanimation, oder dem Antiarrhythmikum Amiodaron.

Besser einmal zu oft

Entscheidend für das Überleben nach einem Kreislaufstillstand sind Faktoren wie die Ursache des Herzstillstands, das Alter, der allgemeine Gesundheitszustand des Patienten und die Zeit, die vergangen ist, bis die Reanimationsmaßnahmen begonnen haben. Bei einer kardialen Ursache beträgt die Gesamtüberlebensrate nur etwa 7 Prozent, bei einem Herzstillstand infolge einer Unterkühlung oder einem Ertrinkungsunfall ist die Prognose besser.

Den wichtigsten Einflussfaktor für die Überlebenschance jedoch, die Zeit, die bis zum Start der Erste-Hilfe-Maßnahmen vergeht, kann jeder Umstehende beeinflussen. Neben dem »Gewusst wie?«, das Ausbilder in diversen Kursen vermitteln, ist dafür auch ein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten vonnöten. Zumindest den Notruf sollte jeder absetzen können. Und dabei gilt: »Besser ist immer einmal zu viel als einmal zu wenig!«, betont der Experte.

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