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Boehringer Ingelheim

Kritik an Nutzenbewertung für Psoriasis-Medikament

Der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim wehrt sich gegen die Nutzenbewertung des Medikaments Spevigo zur Behandlung von generalisierter pustulöser Psoriasis – der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) attestierte dem Arzneimittel keinen Zusatznutzen im Vergleich zu anderen Therapien.
dpa
29.08.2023  15:30 Uhr

Der G-BA hatte am 20. Juli 2023 entschieden, dass er bei dem von Boehringer entwickelten Präparat Spevigo zur Behandlung akuter Schübe von generalisierter pustulöser Psoriasis – einer seltenen Hauterkrankung – keinen Zusatznutzen im Vergleich zu anderen Therapien sieht. Der Zusatznutzen sei nicht belegt und es lägen keine bewertbaren Daten vor. In Folge dessen ist das Medikament dem Konzern zufolge seit heute nicht mehr in Deutschland erhältlich. 

Den G-BA-Beschluss will Boehringer Ingelheim gerichtlich anfechten. Geprüft wird, ob das Medikament gegenüber der Standardtherapie Vorteile hat. Das Ergebnis ist Grundlage für die Entscheidung, wie viel die Gesetzliche Krankenversicherung für das neue Arzneimittel zahlt. Ob Ärztinnen und Ärzte ein Medikament verordnen, sei nicht von der Bewertung abhängig – sehr wohl beeinflusse die Bewertung aber den Stellenwert eines Mittels in der Gesundheitsversorgung, sagte die Deutschlandchefin des Unternehmens, Sabine Nikolaus, der Deutschen Presse-Agentur in Mainz.

Konzern kritisiert zu starre Prüfung

Der Pharmabranche werde oft vorgeworfen, sich zu wenig um seltene Krankheiten zu kümmern, so Nikolaus, weiter. Wenn dies getan werde, werde aber zu starr geprüft. Das könne verhindern, dass unter seltenen Krankheiten leidende Patienten hierzulande Zugang zu neuen Behandlungsmöglichkeiten kämen.

Die pustulöse Psoriasis betrifft in Deutschland nach Angaben von Boehringer nicht einmal 300 Patienten. Entsprechend schwer sei die Realisierung klinischer Studien, erklärte Nikolaus. Diese könnten gar nicht all die Parameter liefern, die der G-BA verlange. Es brauche mehr Flexibilität bei der Bewertung. »Innovationen sind in Deutschland oft Opfer starrer Prozesse und Vorgaben«, erklärte sie weiter. Boehringer verweist darauf, dass Spevigo in den USA und Europa zugelassen sei, in Frankreich etwa sei auch ein Zusatznutzen erkannt worden.

Nikolaus forderte zudem, der G-BA müsse verpflichtet werden, verfügbare Studien mit einzubeziehen – auch wenn diese nicht alle Parameter großer Studien lieferten. Auch komme die Perspektive der Patienten zu kurz. Bei der Nutzenbewertung müssten neben medizinischen Fachgesellschaften Patientenverbände stärker eingebunden werden. Deutschland verliere durch »inadäquate Nutzenbewertungen« von Innovationen insgesamt weiter an Wettbewerbsfähigkeit.

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