Kanada ist Spitzenreiter bei Cannabis-Lieferungen nach Deutschland |
Beispielsweise in Simcoe in der Provinz Ontario wird Cannabis in Kanada angebaut. Einige Tonnen der Cannabisblüten sind dabei für den Export nach Deutschland bestimmt. Kanada hat übrigens den Anbau und Verkauf von Cannabis im Jahr 2018 komplett legalisiert. / Foto: Imago Images/ZUMA Press
2.882,4 Kilogramm, also knapp drei Tonnen Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken, hat Kanada im ersten Halbjahr 2021 nach Deutschland exportiert. Damit ist das nordamerikanische Land größter Lieferant für den deutschen Markt. Auf Platz zwei landen die Niederlande mit knapp zwei Tonnen Cannabisblüten. Danach folgen Dänemark (rund 1,7 Tonnen) und Portugal (1,2 Tonnen).
Allerdings lieferten auch Australien (485 Kilogramm), Uruguay (358 Kilogramm), Spanien (165 Kilogramm), Österreich (142 Kilogramm) oder Polen (50 Kilogramm) Cannabis nach Deutschland. Insgesamt sind damit im ersten Halbjahr knapp neun Tonnen Cannabisblüten nach Deutschland geliefert worden. So steht es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag. Die Daten stammen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
Beim Thema Einfuhr von medizinischem Cannabisextrakt nach Deutschland hat Portugal derzeit die Nase mit rund 425 Kilogramm vorne. Australien lieferte 262 Kilogramm und Kanada 116 Kilogramm Cannabisextrakt. Auch kommen Cannabis-Fertigarzneimittel aus dem Ausland. Eine Stückzahl von 26.337 Fertigarzneimittel-Packungen wurde dieses Jahr von den Niederlanden nach Deutschland geliefert. Insgesamt haben 17 Länder medizinisches Cannabis dieses Jahr nach Deutschland exportiert.
Die Zahlen zeigen den hohen Bedarf an medizinischem Cannabis, der derzeit in Deutschland herrscht. Zwar können Apotheken seit Juli 2021 auch in Deutschland angebautes Cannabis bestellen. Dieses hat zudem den Vorteil, dass es günstiger ist als Cannabis aus dem Ausland. Allerdings ist die hierzulande angebaute Menge noch knapp und kann die hohe Nachfrage nicht bedienen, denn: Derzeit dürfen jedes Jahr insgesamt nur 2,6 Tonnen medizinisches Cannabis pro Jahr in Deutschland angebaut werden. Die Linke und die FDP fordern daher einen Ausbau des deutschen Cannabis-Anbaus.
Die FDP hakte auch zum derzeitigen Konsum von Cannabis als Genussmittel nach. So habe sich der Verbrauch in den beiden Lockdown-Zeiten April bis Mai 2020 und Januar bis März 2021 erhöht, erklärte die Bundesregierung in der Anfrage. Beim Konsum von Minderjährigen liege der derzeitige Konsum in Deutschland über dem europäischen Durchschnitt, der bei 16 Prozent aller Schüler der neunten und zehnten Klasse liegt. Demnach haben in Deutschland 22 Prozent der Schüler bereits mindestens einmal im Leben Cannabis konsumiert. Die deutsche Erhebung fand allerdings nur in Bayern statt, erklärte die Bundesregierung dazu.
Auf die Frage nach der Gefährdung durch Cannabis stellte die Regierung eine Übersicht auf, die zeigt, dass die Anzahl der in Behandlung befindlichen Personen mit der Hauptdiagnose Cannabinoide in den vergangenen Jahren etwas angewachsen ist. Laut Daten der Deutschen Suchthilfestatistik (DSHS) waren 2011 noch 1818 Männer und 297 Frauen in stationärer Behandlung. 2020 stieg die Zahl auf 2.289 Männer und 503 Frauen. Einzelne Personen können aber auch mehrfach gezählt werden, weil sie in einem Jahr mehrmals in Behandlung waren, erklärte die Bundesregierung.
Bei der ambulanten Behandlung sind ebenfalls deutlich mehr Männer betroffen als Frauen. 2020 waren rund 22.600 Männer aufgrund eines problematischen Cannabis-Konsums in Therapie, bei den Frauen waren es etwa 4700 Personen. Durch den Konsum von synthetischen Cannabinoiden allein oder in Verbindung mit anderen Stoffen verzeichnete das Bundeskriminalamt 2019 zudem elf Todesfälle. 2020 sank die Zahl auf neun Todesfälle.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete und drogenpolitische Sprecher der Fraktion, Wieland Schinnenburg, kritisierte die »starre Haltung der Bundesregierung zum Thema Drogenpolitik und Cannabis«. Schinnenburg hatte die Anfrage federführend eingereicht. »Trotz der vielfältigen Medienberichte zu synthetischen Cannabinoiden und zwanzig Todesfällen zwischen 2019 und 2020, wird das Thema kaum verfolgt«, betonte der FDP-Politiker. Es bleibe zu hoffen, dass die neue Bundesregierung diese Repressionspolitik beende, den Weg für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene ebne sowie die inländische Produktion von Cannabis fördere, erklärte Schinnenburg.
Dabei fordert nicht nur die FDP eine kontrollierte Abgabe von Cannabis als Genussmittel – beispielsweise über Apotheken. Auch die SPD, die Grünen und die Linke setzen sich für die kontrollierte Abgabe von Cannabis ein, allerdings eher über lizensierte Fachgeschäfte. Allein die Union und die AfD wehren sich gegen dieses Vorhaben.