Reinigen und pflegen, und das zweimal am Tag. Die abendliche Prozedur ist dabei die wichtigere, da dabei die Ablagerungen des gesamten Tages von der Haut geholt werden. / Foto: Getty Images/stock_colors
Was der Dermatologe als Primär- und Sekundäreffloreszenzen in Gesicht und am Rücken bezeichnet – nämlich Komedogene, Pusteln, Papeln, Knoten, Abszesse und Zysten –, nennt man umgangssprachlich gemeinhin »Pickel«. Im Prinzip können diese Hauterscheinungen in jedem Lebensalter auftreten, doch zumeist haben Heranwachsende damit zu kämpfen. Man könnte es fast schon als miese Laune der Natur bezeichnen: Denn ausgerechnet dann, wenn sich der junge Mensch auf den Weg macht, die Welt und das andere Geschlecht zu erobern, steht ihm dieser Umbruch förmlich ins Gesicht geschrieben. Die ungeliebten Pickel beeinflussen das Selbstwertgefühl, den Kontakt zu anderen und die Lebensqualität. Psychische Begleiterscheinungen wie Angststörungen, Depressionen und suizidale Tendenzen sind laut Literatur keine Seltenheit.
In westlichen Industrienationen gehen Schätzungen von einer 80-prozentigen Prävalenzrate bei Teenagern aus. Freilich sind es in der Mehrheit der Fälle eher dezente Unreinheiten mit wenigen Mitessern und kleinen Knötchen, die das Hautbild prägen und mit einer entsprechenden Pflege in den Griff zu bekommen sind. Doch bei einem Drittel der Jugendlichen gelten die Hauterscheinungen als behandlungsbedürftig. Wann sollte der Apotheker einen Jugendlichen mit Hautproblemen an den Arzt verweisen? »Bei den ersten Anzeichen einer Hautvergröberung, die sich als Mitesser auf der Nase und im zentralen Stirnbereich mit Verhornungen und Pickeln auf den Schulterblättern zeigen, ist es Zeit für den Dermatologen«, informiert Hubatsch im Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung.
Acne comedonica (überwiegend geschlossene Komedonen, keine Entzündungen)
• topisches Retinoid
• Alternative: Benzoylperoxid (BPO) oder Azelainsäure
Acne papulopustulosa (Entzündung mit Papeln und Pusteln)
• topisches Retinoid und/oder BPO
• BPO mit topischem Antibiotikum
Acne nodosa (bis 1 cm große, auch zusammenfließende Knoten)
• Orales Isotretinoin
• Alternative: systemisches Antibiotikum mit
– topischem Retinoid und/oder BPO
– Azelainsäure
• für Frauen: Antiandrogene
Acne conglobata (Komplexe aus Knoten und Fistelbildung)
• orales Isotretinoin
• Alternative: systemisches Antibiotikum mit Azelainsäure
• für Frauen: Antiandrogene (in Kombination mit anderen Therapeutika)
Sicher ließen sich mit der richtigen Hautreinigung und eventuell mit der Hilfe einer Kosmetikerin hervorragende Ergebnisse erzielen. »Doch es ist wichtig, so früh wie möglich bei Akne-Knötchen den Arzt einzubeziehen. Akne-Narben muss heute niemand mehr hinnehmen, sie sind zu verhindern. Bei der Therapie bedarf es einer genauen Einstellung bezüglich Alter, Hauttyp und Vorerkrankungen.« Laut Hubatsch ganz wichtig: »Jugendliche neigen dazu, eine Nicht-Therapie zu betreiben. Wenn neben den Eltern noch Arzt und Apotheker positiv auf den Teenager einwirken, schafft das eine positive Therapieadhärenz, und die Erfolgsrate ist deutlich höher.« Wichtig für den Therapieerfolg ist auch die richtige Menge des zu verwendenden Topikums. Hubatsch gibt folgende Richtschnur: »Für den Körper werden drei Finger Creme benötigt, für das Gesicht muss das Daumenendglied mit Creme voll bedeckt sein. Ist das nicht der Fall, gelangt mit der Creme zu wenig Wirkstoff auf die Haut.«
Die Ätiologie der ungeliebten Hauteffloreszenzen ist nicht mit Sicherheit geklärt. Seborrhö, Androgenstörungen, mikrobielle Besiedlung und vor allem die Genetik sind wichtige Faktoren. Und auch die Ernährung spiele eine nicht unerhebliche Rolle in der Pathophysiologie, berichtet der Arzt. »Ein hoher Body-Mass-Index ist ein Risikofaktor für Akne.« Eine Ernährung mit hoher glykämischer Last fördere eine Hyperinsulinämie, die wiederum die Plasmaspiegel des Insulin-Wachstumsfaktors 1 und damit die Talgproduktion steigert (siehe Kasten »Die Milch macht es doch«).
Unabhängig von der Ausprägung der Akne-Effloreszenzen kommt der Reinigung und Pflege eine wesentliche Rolle zu. Zwar kann mangelnde Hygiene keine Akne verursachen, doch die Verwendung ungeeigneter Präparate kann das Hautbild verschlechtern. Die fachkundige Beratung in der Offizin ist deshalb essenziell. Hubatsch: »Der physiologische pH-Wert der Haut liegt abhängig von der Körperregion zwischen 4,1 und 5,8, also im sauren Bereich
Dadurch bleibt das Mikrobiom, also die natürlich vorkommende Hautflora an Bakterien und Hefen im Gleichgewicht. Durch häufiges Waschen und zu intensive Hygiene oder Benutzung von alkalisierenden Seifen neutralisiert sich der pH-Wert in Richtung 7. Das gibt den Hefen auf der Kopfhaut und den Bakterien auf der unbehaarten Haut die Gelegenheit, sich übermäßig zu vermehren. Es entsteht auf der Kopfhaut ein seborrhoisches Ekzem und am Körper eine Haarwurzelentzündung. Zu viel Reinigung ist kontraproduktiv.«
Der Weg zu einem rosigen Teint beginnt mit einer ansäuernden Hautreinigung. / Foto: Getty Images/SVETIKD
Die Reinigung gelingt am besten mit seifenfreien Syndets mit einem pH-Wert von 5,5, fettfreien Reinigungsgelen oder schwach sauren Emulsionen mit geringem Lipidanteil (wie Neostrata® Foaming Glycolic Wash, Dermasence® Mousse Reinigungsschaum, Eucerin® Dermo Purifyer). Antibakterielle Zusatzstoffe können hilfreich sein. Das Reinigungsprogramm sollte nicht zu stark entfetten, da das die Produktion von Talg erst recht in einer Art Gegenreaktion anfachen kann. Zur Hautpflege eignen sich hydrophile Systeme wie O/W-Formulierungen, Hydrodispersionsgele oder reine Hydrogele (wie Neostrata® Reneval Creme und Bionic Face Cream, Benevi® Hydroderm, Balneum® Lutsine). Sie sollten dem physiologischen pH-Wert der Haut angepasst und frei von ionischen Stabilisatoren/Emulgatoren sein.
Ein Gesichtspeeling einmal pro Woche wirkt zusätzlich klärend. Dafür eignen sich Fruchtsäurepeelings (wie Vichy Normaderm Reinigungs-Peeling Gel, Avène Cleanance Peeling Maske) und solche mit Salicylsäure (wie in Aknefug liquid®) laut Hubatsch am besten. Bei ansäuernden Inhaltsstoffen gelte es, zwischen langkettigen Polyhydroxysäuren, sogenannten PAH wie Lactobionsäure oder Gluconolacton, die selbst bei empfindlicher Haut gut verträglich sind, und reizender wirkenden kurzkettigen Molekülen, also die α-Hydroxysäuren wie Glykolsäure, Milchsäure, Zitronensäure oder auch Salicylsäure, zu unterscheiden. »Mit diesen Säuren befreien wir die Haut von übermäßigen Talgdrüsenlipiden, Zellrückständen und Feinstäuben und säuern sie zusätzlich an. Wir vermeiden also einen neutralisierenden Effekt und bereiten sie für die anschließende Pflege und die Medikamente vor, die einen sauren pH-Wert benötigen.«
Fruchtsäuren lockern den Zellverbund zwischen den einzelnen Hornzellen auf, oberste Hautschichten und tote Hornschüppchen können leichter abgetragen werden. Dieser Peeling-Effekt und die dadurch nach oben verdünnte Epidermis wirken wie ein Signal für die Basalschicht; eine erhöhte Mitoserate bringt neue Zellen zu Tage. In-vitro-Untersuchungen zeigen, dass etwa Glykolsäure die Vitalität und Zellteilungsaktivität um mehr als 40 Prozent zu steigern vermag. Das macht die Epidermis widerstandsfähiger.
Als einziger Arzneistoff, der kein Rezept benötigt, steht dem Apotheker und der PTA Benzoylperoxid (BPO) zur Verfügung. Es gibt Präparate zum »Rinse off« (zum Abwaschen, wie Aknefug® oxid Waschsuspension, Benzaknen® Waschgel) und zur »Leave on«-Therapie (also zum Verbleib auf der Haut, wie Cordes® BPO). BPO wirkt durch oxidative Abbauvorgänge und der damit einhergehenden Entwicklung freier Radikale hemmend auf den Fortbestand von Bakterien. Zudem gelten ein leicht komedolytischer Effekt sowie eine hemmende Wirkung auf die Zellproliferation in der Talgdrüse als gesichert.
Doch genau hier sieht Hubatsch das Problem: »Sicher hat Benzoylperoxid einen guten antiseptischen Effekt. Doch heute weiß man, dass es die Haut schädigt, austrocknet und altern lässt. Ich verwende BPO deshalb im Gesicht nicht mehr als Flächentherapie, sondern nur noch zur Punkt-Anwendung. Im Gesicht ist der Preis, den man zehn bis zwanzig Jahre später durch BPO zahlen müsste, viel zu hoch. Zudem kann man die Farbveränderungen der Kleidung niemandem zumuten.«
Auch die europäische S3-Leitlinie von 2017 nennt Benzoylperoxid als Monosubstanz nur als Alternative mit schwacher Empfehlung bei leichten Akne-Formen mit überwiegend geschlossenen, nicht entzündeten Komedonen. Als Kombinationspartner zieht sich BPO dagegen durch die gesamte Akne-Therapie von mittel- bis schweren Verläufen. So ergänzt die antimikrobielle Substanz die Therapie mit topischen Retinoiden, topischen oder systemischen Antibiotika, Azelainsäure oder systemischen Antiandrogenen. Der kombinierte Einsatz von Wirkstoffen bringt synergistische Effekte. Einige Fixkombinationen wie Clindamycin und BPO (wie Duac® Akne Gel) oder Adapalen und BPO (wie Epiduo® forte Gel) zeugen davon. Seine resistenzvermindernde Wirkung macht BPO etwa zum häufig verwendeten Partner für eine länger währende Antibiotikatherapie.
Abhängig vom Schweregrad der Effloreszenzen, wählt der Dermatologe entweder topische oder systemische Retinoide, Azelainsäure oder Antibiotika. Topisches Adapalen (wie Differin®, Dipalen®) und Azelainsäure (wie Skinoren®) sind die Erstliniensubstanzen bei der Acne comedonica und der A. papulopustulosa, wobei bei Letzterer noch eine antibakterielle topische Komponente wie Clindamycin oder Tetracyclin hinzukommt. »Adapalen und Azelainsäure sind potente Säuren, die den pH-Wert der Haut nach unten setzen und damit die Talgproduktion herabfahren. Außerdem haben sie einen hautverjüngenden Effekt«, so Hubatsch. Prinzipiell folge man heute in der Akne-Therapie drei Erkenntnissen: Systemische Monotherapien sind nicht effektiver als topische Therapeutika. Die Kombination topischer und systemischer Ansätze ist einer systemischen Monotherapie überlegen. Und Fixkombinationen sind besser als topische Monotherapien mit den jeweiligen Komponenten.
Hubatsch: »Der Dermatologe muss erkennen, wie stark die Entzündung bezüglich der Gefäßbildung ist und ob die Akne-Knötchen die Tendenz zur Vernarbung haben oder nicht. Bleibende Narben können wir heute verhindern.« Ist die Tendenz vorhanden, sollten alle moderaten nodulären sowie alle schweren Formen frühzeitig systemisch mit Isotretinoin behandelt werden, empfiehlt auch die europäische Leitlinie. Die deutsche S2k-Leitlinie weicht davon ab und gibt die Therapie mit Isotretinoin nur als Alternative an. Allerdings befindet sie sich in Überarbeitung.
Isotretinoin als Vitamin-A-Derivat besitzt das breiteste Wirkspektrum von allen Akne-Therapeutika. Es vermindert nicht nur die Komedogenese, die Größe der Talgdrüsen und die Sebumproduktion, sondern auch die Bakterienanzahl und die Entzündung. Nach etwa vier Monaten sind bis zu 90 Prozent weniger Effloreszenzen zu beobachten, zeigen Studien. Dafür müssen 0,3 und 0,5 mg Isotretinoin/kg Körpergewicht eingenommen werden. Hinweis: Die Tabletten sind am besten ein- bis zweimal am Tag mit fettreicher Nahrung einzunehmen. Dieses Vorgehen erhöht die Bioverfügbarkeit. Bei Jungen kommt Isotretinoin nicht vor 16 Jahren zum Einsatz, bei Mädchen ab 14 Jahren, dann aber immer in Kombination mit der Antibabypille. Eine Schwangerschaft muss wegen der Teratogenität der Substanz ausgeschlossen werden.
»Wir kommen heute weg von den genannten Dosierungen und geben 0,1 bis 0,05 mg/kg KG. Für die positiven Effekte benötigen wir dadurch etwas mehr Zeit, die Nebenwirkungen fallen dafür aber geringer aus«, versucht Hubatsch die Angst vor unerwünschten Begleiterscheinungen zu nehmen. Für die Beratung von Belang: Die Fettwerte und Leberenzyme sollten in regelmäßigen Abständen überprüft werden, da Triglyceridämie, Hypercholesterolämie und eine Hepatitis mögliche Nebenwirkungen sind. Auch Nachtblindheit gehört zum prinzipiell möglichen Nebenwirkungsspektrum. Deshalb ist das Führen eines Kraftfahrzeugs bei Dunkelheit in diesem Fall nicht ratsam. Isotretinoin trocknet überdies die Schleimhäute aus. Deshalb sind Empfehlungen zur Lippenpflege und zu Mitteln gegen trockene Augen essenziell. Von Kontaktlinsen ist abzuraten. Eine Korrelation zwischen der Einnahme des Retinoids und Depressionen und Suizidalität hat sich nach aktueller Studienlage nicht bestätigt.

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Schokolade und andere süße Seelentröster stehen schon lange in Verdacht, die Haut zum Blühen zu bringen. Mittlerweile sind sich Dermatologen und Ernährungsexperten einig: Es sind vor allem Nahrungsmittel mit einem hohen glykämischen Index sowie insulinotrope Frischmilchprodukte – mit Ausnahme von Käse –, die Hormonumstellungen potenzieren und Talgdrüsen stimulieren. »Alles, was schnell Insulin freisetzt, verschlechtert das Hautbild maßgeblich«, bestätigt Hubatsch. Umgekehrt gebe es aber keine reine Akne-Diät.
Der glykämische Index gibt an, wie stark und schnell der Blutzucker und in der Folge das Insulin ansteigt. In der Kuhmilch sind es vor allem die Molkeproteine, die in den Betazellen der Bauchspeicheldrüse die Insulinsekretion anfachen. Häufiger Milchkonsum bewirkt außerdem eine vermehrte hepatische Bildung des verwandten Hormons IGF-1, dem Insulin-Wachstumsfaktor. Beide, Insulin und IGF-1, sind potente Stimuli für das Akne-Geschehen.
Da Talgdrüsen und Keratinozyten – in der Pubertät von Androgenen ohnehin kräftig unter Beschuss – über Rezeptoren für Wachstumsfaktoren wie IGF-1 verfügen, werden Talproduktion und Zellproliferation hochgefahren. »Insulin ist das stärkste anabole Hormon. Da es auch auf die Fettzellen stark anabol wirkt, wird mehr Testosteron in die aktive Form freigesetzt. Deshalb werden Talgdrüsen, die Testosteronempfindlich sind, vermehrt stimuliert«, erklärt der Experte. Es resultiert eine Dauerstimulation durch die Wachstumssignale von IGF und Insulin. Auf der Haut zeigen sich die ungeliebten Effloreszenzen.