Pharmazie
Die Selbstinjektion von vasoaktiven Medikamenten ist die gebräuchlichste Methode zur Behandlung der erektilen Dysfunktion. Wirksamer und nebenwirkungsärmer als Papaverin und Phentolomin ist dabei der Einsatz von Prostaglandin E1 (PG E1, Alprostadil). Mit Alprostadil-alfadex, bei dem das PG El zur Stabilisierung an alpha-Cyclodextrin gebunden wurde, wird demnächst auch in Deutschland eine besonders anwenderfreundliche gebrauchsfertige Lösung eingeführt. Sie ermöglicht bei optimal austitierter Dosierung bei über 90 Prozent der Injektionen, den Geschlechtsverkehr auszuüben, hieß es bei einem von Hoyer initiierten Fachpresse-Workshop in Madrid. Bei der erektilen Dysfunktion stehen nicht, wie lange Zeit angenommen, psychische Ursachen im Vordergrund. Bei etwa 70 Prozent der Patienten findet man organische Ursachen wie eine Relaxationsstörung der glatten Muskulatur des Corpus cavernosum, eine Arteriosklerose, neurologische und endokrine Krankheiten oder Induration penis plastica und Penisdeviation, betonte Professor Dr. Hartmut Porst aus Hamburg.
Eine exakte diagnostische Klassifizierung der erektilen Dysfunktion ist oft schwierig und bei den meisten Patienten gar nicht notwendig, weil die Therapiemöglichkeiten unabhängig von der Ätiologie helfen. Sie reichen vom Konstriktionsring, der den venösen Abfluß versperrt, wenn eine Erektion erreicht wurde, über Medikamente bis hin zu Penisimplantaten und gefäßchirurgischen Eingriffen.
Die Selbstinjektion von vasoaktiven Substanzen in den Schwellkörper brachte 1982 eine Revolution in der Therapie der erektilen Dysfunktion. Sie stellt heute die gebräuchlichste Therapieform dar. Mit Papaverin lassen sich Responseraten von etwa 40 Prozent erzielen, die durch Kombination mit Phentolamin auf über 60 Prozent gesteigert werden können. Allerdings reagieren mehr als 6 Prozent der Patienten auf die Injektion dieser Substanzen mit einem Priapismus (Dauererektion). Am wirksamsten scheint die Injektion von Prostaglandin El (Alprostadil) mit einer Responserate von rund 70 Prozent auf Dosen zwischen 5 und 40 µg. Ein Priapismus wird nur in 0,36 Prozent der Fälle beobachtet. Andere vasoaktive Substanzen wie SIN-1 oder Moxisylyt haben sich mit Responseraten von 15 Prozent beziehungsweise 10 Prozent als relativ schlecht wirksam erwiesen.
Alprostadil führt zu einer starken Relaxation der glatten Muskulatur der Corpora cavernosa, des Corpus spongiosum und der kavernösen Arterien. Dadurch strömt reichlich Blut in den Schwellkörper ein und der venöse Rückstrom wird wie bei einer natürlichen Erektion abgedrosselt. Alprostadil gibt es als Trockensubstanz, die vor Gebrauch gelöst werden muß, und bald auch als gebrauchsfertige Injektionslösung: Alprostadil-alfadex soll nach einigen anderen Ländern demnächst auch in Deutschland erhältlich sein.
Wie Professor Dr. Ridwan Shabsigh, New York, ausführte, ergaben intraindividuelle Cross-Over-Vergleiche in placebokontrollierten Studien, daß auf Alprostadil-alfadex 82,6 Prozent der Patienten und auf Placebo 12,9 Prozent mit einer befriedigenden Erektion ansprachen. Die Dosis von Alprostadil-alfadex muß zwischen 1 und 40 µg individuell austitiert werden.
An einer offenen multizentrischen Studie in Deutschland nahmen 162 Patienten mit einem durchschnittlichen Alter von 54 Jahren mit einer erektilen Dysfunktion unterschiedlicher Ätiologie teil, davon 58 der Patienten vier Jahre lang. Die Quote erfolgreicher Selbstinjektion zu Hause nahm von 90,7 Prozent im ersten Jahr auf 96,3 Prozent im vierten Jahr zu. Von den Patienten, die vier Jahre beendeten, gaben 12,1 Prozent als Nebeneffekt Schmerzen an, bei 10,3 Prozent traten Hämatome auf, bei 1,7 Prozent fibrotische Veränderungen. Kein Patient hatte unter prolongierten Erektionen zu leiden.
Inzwischen gibt es auch die Möglichkeit der intraurethralen Applikation von Prostaglandin El, die manchem Patienten vielleicht angenehmer ist als das Spritzen, aber auch weniger bringt. Während die Injektion bei über 90 Prozent der Patienten zum Erfolg führt, klappt es nach der intraurethralen Applikation nur jedes zweite Mal. Auf die "magische Pille", die Patienten mit erektiler Dysfunktion hilft, müssen diese wohl noch eine Zeitlang warten, so war bei dem Presse-Workshop zu hören. Am meisten verspricht offenbar der Phosphodiesterasehemmer Sildenafil; Phentolaminmesylat zeigte dagegen nur einen begrenzten Effekt, Apomorphin scheint bei psychogener Impotenz wirksam zu sein.
PZ-Artikel von Angelika Bischoff, Gräfelfing


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