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Antibiotika können Zahnweiß trüben

10.05.2004  00:00 Uhr

Antibiotika können Zahnweiß trüben

von Matthias und Nicole Bastigkeit, Geschendorf

Bestimmte Arzneimittel können durch Ablagerungen unschöne Zahnverfärbungen verursachen. Aber auch Erkrankungen oder Gendefekte kommen als Ursache infrage.

Bereits seit Einführung der Tetracycline ist bekannt, dass sie Zahnverfärbungen verursachen können. Tetracycline bilden mit Calcium Chelate, die während der Odontogenese in Zahnschmelz, Dentin und Zement irreversibel eingelagert werden und so zu Zahnverfärbungen führen. Deshalb ist diese Antibiotikaklasse bei Schwangeren, Stillenden und Kindern vor Abschluss der Dentitionsphase kontraindiziert.

Aber auch andere Antibiotika verfärben die Zähne. So färbt Phenoxymethylpenicillin die Zähne gelb-braun. Unter Amoxicillin/Clavulansäure können Zahnschmelzdefekte und eine Grauverfärbung auftreten. Des Weiteren sind bei Trimethoprim-Sulfamethoxazol (Cotrimoxazol), Erythromycin, Metronidazol und Cefaclor Zahnverfärbungen dokumentiert.

Wird durch eine Antibiotikatherapie die natürliche Mundflora gestört, zum Beispiel durch flüssige Zubereitungen, können sich sulfidbildende Bakterien breit machen. Die Ablagerung von Metallsulfiden auf der Schmelzoberfläche trübt so das Zahnweiß. Vermutlich ist dies auch der Mechanismus, der bei einer längerfristigen Anwendung des Mund- und Rachendesinfiziens Chlorhexidin auftritt.

Verfärbungen sind zumeist reversibel

Wie stark sich Zähne verfärben können, ist davon abhängig, zu welchem Entwicklungszeitpunkt der Kontakt zur Noxe besteht. Je früher der Farbstoff in das langsam wachsende Gewebe eindringt, desto intensiver ist die Verfärbung. Für die Milchzähne ist die kritische Phase in der 15. bis 25. Schwangerschaftswoche, für die bleibenden Zähne im dritten Lebensmonat bis zum sechsten Lebensjahr.

Die Zahnverfärbungen sind größtenteils innerhalb weniger Wochen bis Monate reversibel. Sie können mit gründlichem Zähneputzen oder mechanisch durch den Zahnarzt entfernt werden. Von dieser unerwünschten Wirkung sind meist die Schneidezähne und Eckzähne betroffen. Der Mechanismus und die prädisponierenden Faktoren sind bis jetzt nicht bekannt.

Auch andere Arzneimittel wie Psychopharmaka, Appetitzügler, Antihypertonika, Antihistaminika und Diuretika können Zahnveränderungen begünstigen. Sie führen zu Mundtrockenheit und schaffen Krankheitserregern ein besseres Lebensumfeld.

Manche Arzneistoffe lagern sich auch direkt an der Zahnoberfläche ab und färben diese. Bekannt ist dies zum Beispiel für flüssige Zubereitungen mit Eisensalzen. Auch Bismutpräparate, die noch vereinzelt zur Eradikation des Helicobacter pylorii eingesetzt werden, und Zinksalze können ein strahlend weißes Lächeln trüben.

Fluoride nicht überdosieren

Manchmal ist auch der sprichwörtliche Gärtner der Bock. Fluoridtabletten werden im Säuglings- und Kindesalter zur Zahnhärtung empfohlen. Wenn es die Eltern besonders gut meinen, steigern sie die Dosis oder verwenden zusätzlich fluoridhaltige Zahncremes. Die Folge der überhöhten Fluoridmenge in der Zahnbildungsphase sind kleine weiße Flecken auf der Schmelzoberfläche.

Arzneimittel führen jedoch nicht nur zu Zahnverfärbungen, sondern auch teilweise zu Zahnschäden. So greifen zum Beispiel die sauren Arzneistoffe bei der Asthmatherapie mittels Pulverinhalatoren den Zahnschmelz direkt an. Corticoide stören die Mundflora und können so Mykosen und Karies fördern.

Um Zahnschäden zu vermeiden, sollten die Zähne nach Einnahme von Antibiotikasuspensionen oder nach Trockeninhalation von Antiasthmatika mit lauwarmem Wasser gründlich gespült werden. Bei Kindern sollten die Eltern darauf besonders achten.

Arzneimittel sind nicht immer schuld

Neben Arzneimitteln sind manchmal auch Erkrankungen oder Gendefekte für eine Verfärbung der Zähne verantwortlich. Bei Kindern mit Asthma bronchiale kommt es vergleichsweise häufig zu Zahnschäden. Der Grund ist vermutlich ein krankheitsbegleitender gastroösophagealer Reflux. Die Magensäure greift den Zahnschmelz an. Auch Erkrankungen wie kongenitale Porphyrie, Gallengangstörungen, neonatale Hepatitis und Pulpanekrosen können Zahnverfärbungen auslösen (Tabelle).

 

Tabelle: Ursachen für Zahnverfärbungen

Alle Zähne betroffenEinzelne Zähne betroffenFarbemögliche UrsacheFarbemögliche Ursache graublau-grün Biliverdin beziehungsweise Bilirubineinlagerung durch
Erythroblastosis fetalis,
kongenitale Gallengangsdefekte,
neonatale Hepatitis gelbbraun Pulpahämorrhagien
Pulponekrosen rötlich-braun, im UV-Licht rötliche Fluoreszenz kongenitale Porphyrie dunkelbraun chronische Karies gelbbraun Tetrazykline dunkelgrau Pulpatod schwarz parenterale Eisensalze    

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