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TDM verbessert Kosten und Nutzen der Therapie

26.01.1998  00:00 Uhr

- Pharmazie

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TDM verbessert Kosten und Nutzen der Therapie

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"Wenn es die Dosis ist, die ein Gift ausmacht, sollte nach Gabe der gleichen Dosis auch die gleiche Giftigkeit erreicht werden - das ist aber mitnichten so." Privatdozent Dr. Heyo K. Kroemer vom Dr.-Margarethe-Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie in Stuttgart machte in Davos deutlich, daß die Plasmakonzentration eines Arzneistoffs nicht nur von der verabreichten Dosis, sondern auch von der Bioverfügbarkeit und der Elimination abhängt. Die Wirkstoffkonzentration und damit die Wirksamkeit und die Toxizität einer Substanz ist proportional dem Produkt aus Dosis und Bioverfügbarkeit sowie umgekehrt proportional der Clearance.

Vor allem bei Substanzen mit engem therapeutischen Bereich, bei denen schon geringe individuelle Schwankungen bei einem der genannten Parameter zu Unter- oder Überdosierungen führen können, ist daher laut Kroemer ein Therapeutisches Drug Monitoring (TDM) oft sinnvoll. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff? TDM steht für die Messung von Arzneimittelkonzentrationen in Körperflüssigkeiten mit dem Ziel, die gewonnenen Informationen therapeutisch umzusetzen, das heißt adäquate Therapieschemata beizubehalten, beziehungsweise suboptimale anzupassen.

Kroemer sieht in einem korrekt durchgeführtem TDM eine wertvolle Hilfe, um die individuelle Behandlung eines Patienten sicherer, effektiver und kostengünstiger zu gestalten. Der therapeutische wie auch ökonomische Nutzen sei mittlerweile in mehreren Untersuchungen gezeigt worden. So konnten in einer prospektiven Untersuchung mit 145 Patienten unter Aminoglykosidtherapie (75 mit TDM, 70 ohne TDM) Hospitalisierungsdauer, Fiebertage und Therapiekosten in der TDM-Gruppe deutlich gesenkt werden.

Als notwendige Voraussetzungen für ein sorgfältiges Monitoring nannte Kromer zuverlässige, schnelle und kostengünstige Meßverfahren zur Bestimmung der Wirkstoffkonzentration; häufig eingesetzt würden fluoreszens- und enzymverstärkte Immunoassays. Darüber hinaus müssen sich die für die Analyse verantwortlichen Laborangestellten oder Apotheker mit den pharmakokinetischen und - dynamischen Grundlagen auskennen sowie detaillierte Informationen zum Patienten, zur Medikation (Dosierung, Applikationsweg) und zur Probe (Zeitpunkt, Methode) haben.

Indikationen für TDM zahlreich


Sinnvoll ist ein TDM bei der langfristigen Anwendung bestimmter Arzneimittel. Beispiel: Carbamzepin, das durch Autoinduktion seiner eigenen Verstoffwechselung im Laufe der Therapie bei gleichbleibender Dosierung zu einem Absinken seiner Plasmakonzentrationen und damit zu subtherapeutischen Plasmaspiegeln führt. TDM ermöglicht eine Dosisanpassung.

Als weitere Indikation für TDM nannte Kroemer die hohe Toxizität bei gleichzeitig schlecht definiertem therapeutischen Endpunkt einer Substanz. Beispiel: der kompetitive Dihydrofolat-Reduktase-Hemmer Methotrexat, der in der Tumortherapie eingesetzt wird. Der Grad zwischen therpeutisch notwendiger möglichst hoher Dosierung und toxischen Nebeneffekten sei hier sehr schmal, so Kroemer. TDM könne die Entscheidungsbasis bilden, wann aufgrund exzessiver Toxizität eine Rescue-Therapie mit reduzierter Folsäure eingeleitet werden muß.

Auch die Dosisanpassung bei vorhandener Funktionseinschränkung eliminierender Organe (Niere, Leber) ist nach Aussage des Referenten eine wichtige Indikation für TDM, ebenso individuell unterschiedliche Clearance-Raten durch Defekte in bestimmten Erbanlagen. So ist bei rund 10 Prozent der Bevölkerung das Gen für ein spezielles Enzym des Cytochromsystems defekt, wodurch bei den Betroffenen bestimmte Antiarrhythmika, Betablocker, Antidepressiva und Opioide nicht verstoffwechselt werden können.

Grenzen des TDM sind laut Kroemer unter anderem in der Tumortherapie zu beobachten. So komme es beispielsweise unter Cyclophosphamid zur individuell sehr unterschiedlichen Bioaktivierung, so daß der Wirkeffekt nicht meßbar, geschweige denn kalkulierbar sei. Außerdem sei nach wie vor unbekannt, so Kroemer, wieviel von der peripher gemessenen Plasmakonzentration eines Zytostatikums tatsächlich am Wirkort, also im soliden Tumor, ankomme.

Was hat der Apotheker überhaupt damit zu tun?

Nach Kroemers Überzeugung ist die Einbindung öffentlicher Apotheken in TDM durchaus diskutabel, zumal mit der Entwicklung der molekularen Medizin in Zukunft neue Strategien des TDM erforderlich würden. Analytische, pharmakokinetische und -dynamische Voraussetzungen sieht Kroemer in der Apotheke durchaus gegeben, ebenso die Möglichkeit zur Probengewinnung, Analysendurchführung oder Teilnahme an Ringversuchen. Offen sei jedoch die Frage der Wirtschaftlichkeit für die einzelne Apotheke.

PZ-Artikel von Bettina Neuse-Schwarz, Davos
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