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Parkinsontherapie im Jahre 1998

26.01.1998  00:00 Uhr

- Pharmazie

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Parkinsontherapie im Jahre 1998

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< Wie sieht die Behandlung der Parkinson-Krankheit im Jahre 1998 aus, nachdem 1997 vier neue Produkte mit dieser Indikation ausgeboten wurden? Professor Dr. Peter-Alexander Fischer aus Frankfurt gab in seinem Vortrag anläßlich des Pharmacons Davos eine Antwort auf diese Frage.

Morbus Parkinson ist ein chronisch-progredientes organisches Nervenleiden, das durch motorische Symptome, wie Akinese, Rigor und Tremor, gekenntzeichnet ist. Der Krankheit liegt ein degenerativer Prozeß zugrunde, der mit einem Untergang melaninhaltiger Zellen der Substantia nigra und einer Degeneration dopaminerger nigrostriataler Neurone einhergeht. Morbus Parkinson ist also eine Dopaminmangelerkrankung.

Die Krankheitssymptome entwickeln sich schleichend. Die stumme asymptomatische Phase kann Jahre dauern. Phänotypisch sollen, so Fischer, die charakteristischen Symptome, deren Ausprägung von Fall zu Fall wechseln können, erst auftreten, wenn 70 Prozent des Striatums zugrunde gegangen ist. Deshalb sei es außerordentlich wichtig, die Erkrankung möglichst frühzeitig vor Ausbruch der klassischen Symptomatik zu erkennen und zu therapieren, um den Krankheitsverlauf zu verzögern. Der Dopaminmangel wirkt sich außerdem auf die Funktionalität anderer Transmittersysteme, wie Acetylcholin und Glutamat, aus.

Zur Zeit gibt es weder eine protektive noch eine kurative Therapie, so daß nur die Symptome der Parkinson-Krankheit behandelt werden können. Die Behandlung besteht in erster Linie in einer Dopaminsubstitution durch Zufuhr der Dopaminvorstufe L-Dopa, die nach Überwinden der Blut-Hirn-Schranke intracerebral zu Dopamin decarboxyliert wird. Da L-Dopa bereits in der Peripherie durch Decarboxylase schnell metabolisiert wird, muß, um eine ausreichende Dosis zentral zu garantieren, bis zu 3g täglich peroral appliziert werden.

Eine Reduzierung auf ein Fünftel der Dosis konnte durch die Kombination mit peripher wirksamen Decarboxylasehemmern wie Benserazid und Carbidopa erreicht werden. Durch diese Kombinationen konnten allerdings die L-Dopa-bedingten Nebenwirkungen wie Fluktuationen, insbesondere die unangenehmen On-off-Phänomene, Dyskinesien und der Wirkungsverlust nicht wesentlich beeinflußt werden. Eine weitere Verbesserung der Bioverfügbarkeit von L-Dopa ist durch die neuen COMT-Hemmer erreicht worden, von denen Tolcapon 1997 in Deutschland eingeführt wurde.

Das Enzym Catechol-O-methyltransferase (COMT) ist vorrangig in der Darmwand, der Leber und den Nieren vorhanden und metabolisiert L-Dopa zu 3-O-Methyldopa (3-OMD). COMT-Hemmer blockieren diesen Abbau, so daß mehr L-Dopa ins ZNS gelangen kann. Die Dosierung des L-Dopas läßt sich dadurch weiter reduzieren. Die Fluktuationen treten seltener auf, dafür werden häufiger Diarrhoen beobachtet.

Neben der L-Dopa-Therapie kann durch Hemmung des intracerebralen Dopaminabbaus durch Monoaminooxydase-Hemmer vom Typ B (Selegilin) die Konzentration des Dopamins im synaptischen Spalt erhöht werden. Als Alternative bieten sich außerdem die Dopaminagonisten an (zum Beispiel Bromocriptin, Cabergolin und Ropinirol), die direkt an den verschiedenen postsynaptischen D-Rezeptoren, vorwiegend D2, stimulierend wirken. Prinzipiell ist eine Monotherapie mit diesen Substanzen möglich. Nachlassen der Wirkung und spezifische Nebenwirkungen lassen die Kombination mit L-Dopa als sinnvoll erscheinen, was im übrigen zu einer weiteren Reduzierung der L-Dopa-Dosis führt.

Zu den Arzneimitteln, die nicht direkt auf das dopaminerge System einwirken, sondern in andere Regelkreise eingreifen, gehören die Anticholinergika und die Glutamat-Antagonisten (NMDA-Rezeptor-Antagonisten), wie Amantadin und der neue Wirkstoff Budipin. Ihre Wirkung ist wesentlich geringer als die von L-Dopa und den Dopaminagonisten.

Eine kausale Therapie gibt es nach Meinung Fischers noch nicht. Auch die Möglichkeit, protektiv zu therapieren, sei noch nicht schlüssig nachgewiesen, obwohl in der DATATOP-Studie, bei der Deprenyl, Tocopherol als Monotherapie und in Kombination gegen Placebo gemessen wurde, positive Ansätze für Deprenyl und der Deprenyl/Tocopherol-Kombination für eine Verzögerung des Krankheitsverlaufs beobachtet wurde. Da Deprenyl eine eigene therapeutische Wirkung zeigt, ist für Fischer der protektive Effekt damit nicht eindeutig nachgewiesen worden.

Einen Therpiestandard für die Parkinson-Therapie gibt es nach Meinung Fischers nicht.Die Therapie kann nur einzelfallorientiert, symptombezogen und je nach Stadium des Krankheitsverlaufes individuell festgelegt werden.

PZ-Artikel von Hartmut Morck, Davos
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