Prednicarbat in Zinkoxid- haltigen Cremes |
02.09.2014 15:15 Uhr |
Von Mona Abdel-Tawab, Michael Hörnig, Astrid Kaunzinger, Iska Krüger, Holger Latsch und Holger Reimann / Wie stabil ist Prednicarbat in Zinkoxid-haltigen Zubereitungen? Dieser Frage ging das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) in Zusammenarbeit mit dem Laboratorium des Deutschen Arzneimittel-Codex/Neues Rezeptur-Formulariums (DAC/NRF) nach. Das Glucocorticoid war in beiden getesteten Grundlagen über drei Monate stabil.
Prednicarbat zählt zu den sogenannten neueren Glucocorticoiden zur Lokalanwendung, die in der Behandlung der atopischen Dermatits an Bedeutung gewinnen und auch von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft in Therapieleitlinien empfohlen werden (1). Zu den Gründen hierfür zählt sicherlich ihr im Vergleich zu älteren Glucocorticoiden besseres Nutzen-Risiko-Verhältnis bezüglich der Entwicklung unerwünschter Nebenwirkungen trotz ihres zum Teil ungünstigeren allergenen Potenzials (2, 3).
Neuere Corticosteroide wie Prednicarbat, Hydrocortisonbutyrat und Mometasonfuroat werden in dermatologischen Rezepturverschreibungen immer beliebter, weil sie ein besseres Nutzen-Risiko- Verhältnis haben als ältere Vertreter dieser Wirkstoffklasse.
Foto: PZ/Archiv
Topische Glucocorticoide werden im Allgemeinen gerne in hydrophilen Cremes rezeptiert und angewendet. Für Prednicarbat liegen bereits erste standardisierte Rezepturarzneimittel in einer hydrophilen Grundlage vor (4). Prednicarbat wird aber auch auf lipophiler und pastöser Basis benötigt, oftmals zusammen mit anderen Wirkstoffen. Besonders Kombinationen mit Zinkoxid erscheinen aufgrund dessen basischer Reaktion in wasserhaltigen Systemen problematisch. In wasserfreien Grundlagen lässt die geringe Löslichkeit des Zinkoxids eine basische Reaktion nur sehr beschränkt und damit eine höhere Stabilität der Glucocorticoide erwarten als in wasserhaltigen.
Hydrolyse und Oxidation
Begrenzt wird die Stabilität von Glucocorticoiden in Zinkoxid-haltigen wasserhaltigen Zubereitungen in erster Linie durch hydrolytische und oxidative Zersetzung (5). Dabei ist unklar, ob das Zinkoxid einen spezifischen Einfluss auf die chemische Zersetzung hat, ob es sich um einen pH-Effekt des schwach basisch reagierenden Zinkoxids handelt oder ob katalysierend wirkende Verunreinigungen durch Metallionen eine Rolle spielen (6).
Zur Stabilität der neueren Glucocorticoide in Zinkoxid-haltigen wasserhaltigen Zubereitungen liegen kaum Daten vor. Bei amtlichen Untersuchungsproben fielen bereits erhebliche Methylprednisolonaceponat-Mindergehalte in entsprechenden Rezepturarzneimitteln auf. Daher prüfte das ZL auf Empfehlung des DAC/NRF jeweils zwei Zubereitungen des Wirkstoffs Prednicarbat hinsichtlich ihrer Stabilität. Für die Untersuchungen wurden das Hydrophile Zinkoxid-Liniment 25 % SR (NRF 11.109.) als hydrophile und die Weiche Zinkpaste DRF als lipophile basisch reagierende Cremegrundlagen ausgewählt (Zusammensetzungen siehe unten).
Experimentelle Durchführung
Die Prüfmuster mit jeweils 0,25- prozentiger Prednicarbat-Konzentration wurden im DAC/NRF-Labor mittels Fantaschale und Pistill jeweils in 900-Gramm-Ansätzen hergestellt. Der mikrofein gepulverte Wirkstoff wurde mit mittelkettigen Triglyceriden beziehungsweise mit dickflüssigem Paraffin als Anreibemittel nach dem im DAC/NRF-Text I.6.3.2. vorgegebenen allgemeinen dreistufigen Schema für Suspensionszubereitungen verarbeitet. Jeweils 10 g der Zubereitungen wurden in sechs Aluminiumtuben und drei TopiTec®- beziehungsweise drei Unguator®-Spenderdosen abgefüllt. Somit lagen dem ZL pro Prüfzeitpunkt insgesamt zwölf Muster zur analytischen Prüfung vor. Die Packungen wurden erst wieder zum Zeitpunkt der Prüfung geöffnet.
Die rezepturmäßige Herstellung von Arzneimitteln hat in Deutschland eine lange Tradition. Dennoch sind Innovationen möglich und nötig.
Foto: DAC/NRF
Am Startzeitpunkt (t0) wurden pro Rezepturarzneimittel direkt nach der Herstellung sechs Proben von unterschiedlichen Stellen der Fantaschale entnommen (zwei oben, zwei in der Mitte und zwei unten), getrennt voneinander aufgearbeitet und untersucht. Durch den sechsfachen Probenzug war es möglich festzustellen, ob der Wirkstoff homogen verteilt vorlag und die Zubereitung für die weiteren Stabilitätsuntersuchungen verwendet werden konnte. Homogenität war gegeben, wenn der Wirkstoffgehalt der sechs Proben nicht mehr als ± 5,0 Prozent vom gemeinsamen Mittelwert abwich.
Die Einlagerung der Rezepturarzneimittel erfolgte gemäß ICH-Guideline »Stability testing of new drug substances and products« (7) bei 25 °C (± 2 °C) und 60 Prozent relative Feuchte (± 5 Prozent) über den Zeitraum von drei Monaten. Zusätzlich wurden Rezepturarzneimittel im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C über drei Monate gelagert. Im weiteren Verlauf der Stabilitätsuntersuchung erfolgte die Bestimmung des Wirkstoffgehalts nach zwei und vier Wochen (t2W beziehungsweise t4W) sowie nach drei Monaten (t3M). Die Stabilität der Rezepturarzneimittel wurde als ausreichend angesehen, wenn zum jeweiligen Prüfzeitpunkt der Wirkstoffgehalt zwischen 90 und 110 Prozent des deklarierten Corticoidgehalts lag.
Die analytische Untersuchung erfolgte mittels ZL-validierter HPLC-UV-Analytik bei 245 nm, wobei der Wirkstoff isokratisch mit einer mobilen Phase bestehend aus Wasser-Methanol-Lösung (1:3) mit einem Zusatz von 0,2 Prozent Ameisensäure auf einer RP-sphärischen C18-Säule von der Grundlage abgetrennt wurde. Die Proben der hydrophilen Creme wurden mithilfe von Isopropanol, die der lipophilen mit einer Methanol-THF-Lösung (1:1) bei 50 °C extrahiert.
Hydrophiles Zinkoxid-Liniment 25 % SR (NRF 11.109.) | |
---|---|
Zinkoxid | 25,0 g |
Glycerol 85 % | 5,0 g |
Nichtionische hydrophile Creme SR DAC | 15,0 g |
Gereinigtes Wasser | 55,0 g |
Nichtionische Hydrophile Creme SR DAC | |
2-Ethylhexyllaurat | 10,0 g |
Nichtionische emulgierende Alkohole | 21,0 g |
Glycerol 85 % | 5,0 g |
Kaliumsorbat | 0,07 g |
Wasserfreie Citronensäure | 0,14 g |
Gereinigtes Wasser | 63,79 g |
Weiche Zinkpaste DRF | |
---|---|
Zinkoxid | 30,0 g |
Natives Olivenöl | 20,0 g |
Wollwachs | 32,5 g |
Dickflüssiges Paraffin | 7,5 g |
Oxynex® 2004 | 0,05 g |
Gereinigtes Wasser | 9,95 g |
Ergebnisse
Die analytische Untersuchung der hydrophilen Creme ergab zum Prüfzeitpunkt t0 im Mittel den Wirkstoffgehalt von 96,8 ± 1,0 Prozent der Deklaration. Somit waren die Anforderungen an die Spezifikation erfüllt und die Zubereitung konnte für die Stabilitätsuntersuchungen herangezogen werden.
Der Wirkstoffgehalt in der hydrophilen Creme verringerte sich nach drei Monaten um maximal 7 Prozent. Die Konzentrationsabnahme bei Lagerung im Kühlschrank fiel tendenziell etwas niedriger aus (Tabelle 1). Die Ursache für den beobachteten Wirkstoffabfall ist unklar. Ein Einfluss des Zinkoxids ist nicht auszuschließen. Die Haltbarkeitsfrist sollte auf drei Monate begrenzt werden.
Foto: DAC/NRF
Die Gehaltsschwankungen in TopiTec- und Unguator-Dosen waren größer als in der Aluminiumtube. Während der Variationskoeffizient (Vk) für die Aluminiumtube durchgehend unter 2 Prozent und damit innerhalb des analytischen Toleranzbereichs lag, war er für die Kunststoff-Kruken signifikant höher. Dies könnte auf einen Einfluss von Kunststoff-Packmitteln auf die Stabilität der Zubereitung hinweisen. Auffällig ist auch ein leichter Anstieg der Wirkstoffkonzentration in der TopiTec-Drehdosierkruke bei Lagerung bei 25 °C. Grund hierfür könnte die Verdunstung von Wasser aus Kunststoff-Dosen sein (8, 9). Da die Aufkonzentration des Wirkstoffs in den Unguator-Kruken nicht in diesem Maß festgestellt wurde, ist zu vermuten, dass einige TopiTec-Kruken nicht dicht verschlossen waren. In zukünftigen Stabilitätsprüfungen weiterer Glucocorticoide soll die Wasserverdunstung aus Kunststoff-Kruken deshalb näher untersucht werden.
Die analytische Untersuchung der lipophilen Creme ergab zum Prüfzeitpunkt t0 im Mittel den Wirkstoffgehalt von 98,4 ± 0,6 Prozent der Deklaration. Somit waren die Anforderungen an die Spezifikation erfüllt und die Voraussetzungen für die Durchführung der Stabilitätsuntersuchungen gegeben.
Bei Lagerung der lipophilen Creme im Kühlschrank konnte am Ende des Untersuchungszeitraums ein zum Startzeitpunkt vergleichbar hoher Gehalt an Prednicarbat in der Zubereitung ermittelt werden. Auch bei Lagerung der Rezepturarzneimittel bei 25 °C zeigte sich nach drei Monaten ein gleichbleibend hoher Wirkstoffgehalt (Tabelle 2). Ein leichtes Absinken des Prednicarbat-Gehalts um rund 0,5 Prozent wurde zwar deutlich, lag aber innerhalb der analytischen Toleranz. Vor diesem Hintergrund kann man auch über einen Zeitraum von sechs Monaten von chemischer Stabilität ausgehen. Das wurde jedoch aufgrund der mangelnden therapeutischen Relevanz bei unklarer physikalischer und mikrobiologischer Stabilität nicht überprüft.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Glucocorticoid Prednicarbat sowohl in einer hydrophilen als auch in einer lipophilen basisch reagierenden Zinkoxid-Creme ausreichend bis gute Stabilität zeigte, was die Einarbeitung des Wirkstoffs auch in Zinkoxid-haltige Zubereitungen als vertretbar erscheinen lässt. Unabhängig von der Art des Packmittels kann die dreimonatige Laufzeit für Prednicarbat 0,25 % in Hydrophilem Zinkoxid-Liniment 25 % SR (NRF 11.109) und Prednicarbat 0,25 % in Weicher Zinkpaste DRF empfohlen werden. Während für die hydrophile Prednicarbat-Creme mit einer dreimonatigen Haltbarkeitsfrist die Stabilitätsgrenze praktisch erreicht ist, scheint die lipophile Prednicarbat-Creme über diesen Zeitraum hinaus noch chemisch stabil zu sein. /
Wirkstoff- gehalt n= 6 | Start- zeitpunkt | Start- zeitpunkt | Nach vier Wochen bei 25°C/ 60% r.F. | Nach vier Wochen bei 25°C/ 60% r.F. | Nach drei Monaten bei 25°C/60% r.F. | Nach drei Monaten bei 25°C/60% r.F. | Nach drei Monaten bei 2 bis 8 °C | Nach drei Monaten bei 2 bis 8 °C |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
MW | Vk | MW | Vk | MW | Vk | MW | Vk | |
Aluminium- tube | 96,8 % | 0,7 | 93,2 % | 0,7 % | 89,8 % | 0,4 % | 92,6 % | 1,4 % |
TopiTec®- Kruke | 96,8 % | 0,7 | 98,1 % | 2,8 % | 98,5 % | 5,6 % | 92,6 % | 3,2 % |
Unguator®- Kruke | 96,8 % | 0,7 | 92,9 % | 0,9 % | 92,7 % | 3,5 % | 94,9 % | 3,5 % |
Wirkstoff- gehalt n= 6 | Start- zeitpunkt | Start- zeitpunkt | Nach vier Wochen bei 25°C/ 60% r.F. | Nach vier Wochen bei 25°C/ 60% r.F. | Nach drei Monaten bei 25°C/60% r.F. | Nach drei Monaten bei 25°C/60% r.F. | Nach drei Monaten bei 2 bis 8 °C | Nach drei Monaten bei 2 bis 8 °C |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
MW | Vk | MW | Vk | MW | Vk | MW | Vk | |
Aluminium- tube | 98,4 % | 0,4 | 97,6 % | 0,4 | 97,4 % | 0,6 | 98,6 % | 0,3 |
TopiTec®- Kruke | 98,4 % | 0,4 | 96,6 % | 1,6 | 97,0 % | 3,4 | 99,7 % | 0,6 |
Unguator®- Kruke | 98,4 % | 0,4 | 97,5 % | 0,6 | 97,9 % | 1,9 | 98,9 % | 0,4 |
Literatur
Die Erfahrung hat gezeigt, dass es therapeutisch sinnvoll und erwünscht ist, moderne Glucocorticoide auch in Kombination mit anderen Arzneistoffen, zum Beispiel Zinkoxid, einzusetzen. Die Idee eines neuen therapeutischen Konzepts wird in Zusammenarbeit von Dermatologen und Apothekern aus den verschiedenen Berufsfeldern in der DAC/NRF-Kommission bewertet und weiterentwickelt. Definiert werden muss, auf Basis welcher Arzneiträger solche Zubereitungen stabil sind. Das ZL übernimmt in diesem Zusammenhang eine gemeinnützige Aufgabe zur Sicherung der Arzneimittelqualität: Prüfmuster werden hergestellt, gelagert und substanziell geprüft und die Befunde werden der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Die Ergebnisse finden Eingang in die Publikationen der Kommission und somit unmittelbar in jede Apotheke.
Dieser Beitrag ist der Start einer Reihe von ZL-Publikationen zur Stabilität moderner Glucocorticoide in Zinkoxid-haltigen Grundlagen in verschiedenen Packmitteln. Nicht jede geprüfte Rezepturformel führte dabei zu dem erhofften Ergebnis. Doch zwei Erkenntnisse wurden schon jetzt eindrucksvoll bestätigt: Valide Herstellung und valide Prüfung gehören in jeder Apotheke zusammen. Und valide Weiterentwicklung der Versorgung wird durch vernetzte Zusammenarbeit befördert.
Weil gute Qualität und Innovationen ihren Preis haben, ist die ABDA-Forderung des Berufsstands nach einer Erhöhung der Anerkennung für die Herstellung der Rezepturarzneimittel mehr als gerechtfertigt.
Dr. Andreas Kiefer
Präsident der Bundesapothekerkammer und Vorsitzender der DAC/NRF-Kommission