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Antigen-Schnelltests

In der Praxis deutlich unzuverlässiger als auf dem Papier

Corona-Schnelltests werden in vielen Altenheimen und Krankenhäusern eingesetzt. Doch Experten mahnen zu Vorsicht: Denn viele der genutzten Antigentests halten in der Praxis nicht, was die Hersteller versprechen.
dpa
PZ
13.01.2021  17:00 Uhr

Die vielfach eingesetzten Corona-Schnelltests sind neuen Studien zufolge häufig unzuverlässig. Die Empfindlichkeit der Antigen-Schnelltests sei demnach zum Teil erheblich geringer als von den Herstellern angegeben. Das betonen deutsche Wissenschaftler des Nationalen Forschungsnetzwerks der Universitätsmedizin zu Covid-19 in einem neuen Positionspapier. Die Mediziner warnen dringend davor, die Hygieneregeln in Alten- und Pflegeheimen zu lockern, in denen Schnelltests häufig zum Einsatz kommen.

Antigen-Schnelltests sind Medizinprodukte, die aktuell von den Herstellern selbst zertifiziert und mit einem CE-Label gekennzeichnet werden können. Mittlerweile stehen rund 200 verschiedene dieser Tests zur Verfügung, für die die Hersteller Sensitivitäten von 88,9 bis 98,7 Prozent und Spezifitäten von 97,1 bis 100 Prozent angegeben.

Anders als die sehr zuverlässigen PCR-Tests weisen Antigen-Schnelltests den Erreger nicht anhand seines Erbguts nach, sondern anhand bestimmter Virusproteine. Die Qualität solcher Verfahren testeten zwei Münchener Unikliniken an insgesamt 859 Abstrichen. Die Tests führte dabei Fachpersonal aus. Überprüft wurden der in Deutschland meistverwendete Schnelltest sowie ein zweites Produkt. Der SARS-CoV-2 Rapid Antigen Test von SD Biosensor (in Deutschland vertrieben von Roche) sowie den Standard F COVID-19 Ag FIA (FIA), ebenfalls von SD Biosensor.

«Nach unseren Untersuchungen werden nur sechs von zehn SARS-CoV-2-Infektionen erkannt», sagt Professor Dr. Oliver Keppler, Chef der Virologie am Max-Pettenkofer-Institut der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität. «Anderseits erhalten auch zwei von hundert nicht-infizierten Personen ein falsch-positives Ergebnis.» Die Studie soll demnächst im Fachjournal »Medical Microbiology and Immunology« erscheinen.

Die Münchener stehen mit ihren Ergebnissen nicht allein. So wurden in der Notaufnahme des Stuttgarter Katharinenhospitals 459 Patienten mit zwei verschiedenen Verfahren getestet: ebenfalls den SARS-CoV-2 Rapid Antigen Test von SD Biosensor/Roche und die RT-PCR-Systeme Xpert® Xpress SARS-CoV-2; Cepheid, RealStar® SARS-CoV-2 RT-PCR Kit 1.0; Altona Diagnostics (Messsystem: LightCycler 480, Roche) oder Cobas® SARS-CoV-2; Cobas® 6800; Roche. Die Ergebnisse sind im aktuellen »Epidemiologischen Bulletin« des Robert-Koch-Instituts veröffentlicht.

Auch hier war die Zuverlässigkeit der Antigen-Schnelltests deutlich schlechter als die der PCR-Verfahren, insbesondere bei RT-PCR-bestätigten Infektionen ohne Symptome. Bei ihnen lag die Sensitivität des Antigentests nur bei 38,9 Prozent. Bei den Patienten mit Covid-19-Symptomen lag diese bei 85,7 Prozent. Angegeben in den Produktspezifikationen sind 96,52 Prozent (95-prozentiges Konfidenzintervall: 91,33 bis 99,04 Prozent).

»Ein negativer Antigentest ist kein Freifahrtschein«

Antigen-Schnelltests könnten zumeist «hochinfektiöse Menschen mit hohen Viruslasten» erkennen, erläutert Keppler. «Es ist jedoch nicht so, dass eine Infektion durch das negative Ergebnis eines Schnelltests zuverlässig ausgeschlossen werden könnte. Bei weitem nicht.» Daher warnt der Mediziner: «Ein negativer Antigen-Schnelltest ist kein Freifahrtschein. Viele Menschen denken bei einem negativen Ergebnis: «Naja, dann muss ich ja nicht mehr so konsequent auf Abstand achten oder die lästige Maske tragen.» Wenn die Vorsicht in Hochrisikobereichen wie Alten- und Pflegeheimen nachlässt, halten wir das, wie in unserem Positionspapier dargestellt, für wirklich kritisch.»

Die Hersteller dürften mit ihren eigenen Angaben zur Testqualität werben, beklagt Kepler. «Das gleicht einer Fehlinformation. Wir haben in den letzten Wochen Ausbruchsszenarien gesehen, bei denen wahrscheinlich falsche Ergebnisse von Antigen-Schnelltests eine entscheidende Rolle für den Eintrag des Virus gespielt haben.»

Antigentests sollte nur geschultes Personal durchführen

Der Experte bemängelt nicht nur, dass die Antigen-Schnelltests selbst nicht sehr zuverlässig seien. Er betont, diese Tests müssten auch unbedingt korrekt durchgeführt werden. «Das sollte in Händen geschulten Fachpersonals sein», sagt er. «Nun gibt es die Idee, große Zahlen von Arbeitssuchenden zu rekrutieren, um solche Tests in Alten- und Pflegeheimen durchzuführen. Wenn ungeschultes Personal zum Einsatz kommt, habe ich Sorge, dass die Zuverlässigkeit der Testergebnisse noch weiter leiden wird.»

Die Ergebnisse von Schnelltests könnten nur dann hilfreich sein, wenn sowohl die Abnahme des Abstrichs gut sei, als auch der Test richtig durchgeführt werde. Und auch nach dem negativen Resultat eines Schnelltests müsse man die Hygieneregeln einhalten, betont Keppler: «Das ist extrem wichtig, insbesondere zum Schutz von Menschen mit dem Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs.»

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