Impfstoff-Vergütung ist eine politische Entscheidung |
Die ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening sieht die Pharmazeuten in der Pflicht, bei den Jugendlichen für den Beruf zu werben. / Foto: PZ/Screenshot
Anfang März hatte die ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening ihren ersten Live-Talk auf der Plattform Facebook veranstaltet. Mit diesem Format will sie sich direkt den Fragen von Apothekern, PTA und PKA stellen, um einen »barrierefreien Austausch« zwischen Apothekern und den standespolitischen Vertretern zu ermöglichen. Am heutigen Dienstag nahm sich die ABDA-Chefin ein zweites Mal eine halbe Stunde Zeit.
Als erstes zog Overwiening eine Bilanz der ersten Wochen, in denen Covid-19-Impfstoffe in mittlerweile 15.000 Apotheken gelangt sind. Apotheken seien hier eine wichtige »Schaltstelle« im Impf-Prozess. »Diese Funktion kriegen wir brillant hin«, sagte sie. Die Apotheken würden die Reibung zwischen den Arztpraxen und dem Großhandel verlässlich abfedern. Gerade im Hinblick auf die ständigen Änderungen beim Bestell-Prozess und des erhöhten Klärungsbedarfs mit den Arztpraxen sei die aktuelle Vergütung von 6,58 Euro netto je Durchstechflasche aber »deutlich zu wenig«, betonte Overwiening.
Die Vergütungshöhe ist in ihren Augen nicht als fiskalische, sondern als politische Entscheidung zu verstehen. Denn die Vergütung der Apotheker bei der Abgabe von Schutzmasken habe »große politische Wellen geschlagen«. Unter diesem Eindruck habe nun die Politik gestanden, als es um eine entsprechende Preisfindung bei der Impfstoff-Vergütung ging, so Overwiening. Hoffnungsvoll blickt sie jedoch auf den 17. Mai. Bis dahin soll die ABDA dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Rückmeldung über den tatsächlichen Aufwand in der Offizin geben was die Impfstoff-Bestellung und Lieferungen betrifft. Entsprechende Formulare zu einer Rückmeldung habe die ABDA bereits in die Apotheken gegeben. Damit solle eine Korrektur der Vergütungshöhe erreicht werden, versprechen kann Overwiening jedoch nichts.
Das Thema Impfen in der Apotheke kam aber nur zum Thema Grippe-Impfungen auf. So seien alle Apothekerverbände und -kammern bereits auf dem Weg, böten Schulungen an und seien in Gesprächen mit Krankenkassen, um Modellprojekte zu initiieren. »Für die nächste Saison wird noch ein richtiger Schwung dazukommen.« Bezüglich möglicher Coronavirus-Impfungen in den Apotheken äußerte sich Overwiening nicht, hob aber die Arbeit der Apotheker und PTA in den Impfzentren hervor, die häufig die Rekonstitution der Impfstoffe übernähmen.
Auf die Frage, inwiefern der pharmazeutische Nachwuchs sichergestellt werden könne, lieferte Overwiening einige Beispiele. Sie sieht alle Apotheker selbst in der Pflicht, für die pharmazeutischen Berufe zu werben. Apotheker könnten etwa in die Schulen gehen und dort Unterrichtseinheiten präsentieren, um mit Schülern in Kontakt zu kommen. Auch wenn Schulen einen Tag der offenen Tür anbieten, könnten Apotheker diese Chance nutzen, um etwa einen Vortrag zu halten. Wichtig sei auch, Schülerpraktika anzubieten. In der Apotheke selbst müssten die Jugendlichen aber auch etwas erleben und machen dürfen. Diesbezüglich gebe es einen Leitfaden der Apothekerkammer Hamburg, der Anleitungen enthält, was Schüler in der Apotheke machen könnten.
Zudem wären die Apotheker in der Verantwortung dafür zu sorgen, dass der besondere Wert von Arzneimitteln in den Vordergrund gestellt werde. Hier müssten Apotheker oftmals auch ein stärkeres Selbstwertgefühl bekommen, um Patienten etwa auch bei Arzneimitteln abzuraten, die nicht das Richtige für sie seien. Wichtig sei sich zu überlegen, wie Arzneimittel präsentiert würden. Schrille Flyer, die Arzneimittel wie »sauer Bier anbieten« und rote Preise, die ein bisschen mehr Absatz generieren sollen, findet Overwiening diesbezüglich problematisch.
Bei Rückfragen bezüglich der Arzneimittelpreisverordnung und des Makel-Verbots verteidigte Overwiening die bereits erreichten Gesetze und Vorhaben. Das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) habe im GKV-Bereich und damit zu 90 Prozent die Arzneimittelpreisverordnung sichern können. Und auch das rechtliche Makelverbot beim Thema E-Rezept sei zu begrüßen. Allerdings pochte sie darüber hinaus auf ein technisches Makelverbot, das die Übergabe von Rezeptschlüsseln und -daten an Dritte vor Belieferung der Apotheke sowie Anbieter außerhalb der Telematik-Infrastruktur (TI) verhindert.
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