»Im Fokus steht der Patient« |
Laura Rudolph |
13.09.2022 18:00 Uhr |
Das System zu implementieren, kostete im Vorfeld einiges an Vorbereitung. So wurden bereits im Frühsommer 2020 die elektronische Patientenakte (ePA), das Krankenhaus-Informationssystem (KIS) und das Warenwirtschaftssystem der Apotheke miteinander verknüpft und diese Daten schließlich in die Software der Unit-Dose-Anlage eingespeist. So richtig spürbar ging es Fenske und Giesel-Gerstmeier zufolge dann im zweiten Quartal 2020 los, als Bauarbeiter mit Maschinen zum Bau der Anlage anrückten. Ab Dezember konnten schließlich die ersten Patientinnen der Gynäkologie ihre Blister des neuen Systems erhalten. Im Laufe des Jahres 2021 habe man dann sukzessive das Unit-Dose-System und auch das neue elektronische Verordnungssystem Schritt für Schritt parallel am Standort Erfurt ausgerollt.
»Im Jahr 2022 haben wir dann den Schritt nach außen in die zu versorgenden Kliniken gewagt«, berichtet Fenske. Im ersten Quartal erhielt zunächst die etwas überschaubarere orthopädische Klinik in Bleicherode Anschluss an das Unit-Dose-System, gefolgt vom Helios Klinikum in Gotha, das ein Grund- und Regelversorger ist. »Eine gute logistische Planung ist essenziell, um die Produktion, den Transport und die Auslieferung der Medikamente an die anderen Kliniken zu koordinieren«, ergänzt er.
Dabei ist der Zeitpunkt der Verblisterung entscheidend: Je früher dieser Schritt erfolgt, desto größer ist das Risiko, dass der Arzt im Laufe des Tages noch die Medikation ändert. »Das Verblistern durch die Anlage muss möglichst zeitnah zur Verabreichung der Medikamente folgen«, resümiert Giesel-Gerstmeier. Um eine sichere Medikamentenverordnung fernab von fehleranfälligem Stift und Papier zu gewährleisten, setzen die Klinikärzte auf ein elektronisches Verordnungssystem.
Am Standort Erfurt ist dies die Software ID Medics® der Firma ID Berlin. Sie verfügt über ein sogenanntes Clinical Decision Support System (CDSS), welches Klinikärzte bei der Auswahl der Medikamente unterstützt und etwa auf Doppelverordnungen und Dosisüberschreitungen prüft. Über das System Computerized Physician Order Entry (CPOE) können die Ärzte schließlich die Medikamente verordnen. »Ein typisches Problem solcher Verordnungssysteme ist das Over-Alerting: Sehr viele mehr oder weniger relevante Warnmeldungen ploppen auf«, erklärt Fenske. Um zukünftig die wirklich patientenindividuell praxisrelevanten Interaktionen aus den rein theoretischen Risiken herauszufiltern, betreibt das Klinikum derzeit ein Promotionsprojekt mit ID Berlin und dem Institut für Pharmazie der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Mittels definierter Filterkriterien und künstlicher Intelligenz soll zukünftig schnell unterschieden werden können, in welchen Fällen sich eine detaillierte Arzneimittelanamnese lohnt – und in welchen nicht. Das spart Ressourcen. »Sind bereits Parameter wie etwa Laborwerte oder die QT-Zeit erhöht, ist es dringend notwendig einen genaueren Blick auf die Medikation zu werfen«, nennt Fenske ein Beispiel. Dabei soll die zu optimierende Software in ihrer Analyse auch individuelle Risikofaktoren für bestimmte Interaktionen wie Alter und Geschlecht berücksichtigen.