Im Ernstfall bleibt eine Stunde |
In der Krise gilt: Tempo kommt vor Gründlichkeit, sagte ABDA-Pressesprecher Dr. Reiner Kern. / Foto: PZ/Alois Müller
Ob Chemikalienunfall, Diskriminierungsvorwurf oder gesundheitlicher Schaden eines Patienten – Gefährdungspotenzial hat eine Apotheke reichlich. Daher ist nach Kerns Auffassung die Installierung eines Krisenmanagementsystems sinnvoll. Anhand eines einfachen Plans demonstrierte Kern, wie eine solches System aussehen könnte. Zunächst sei es wichtig, die vier Phasen einer Krisenwahrnehmung zu kennen. Am Anfang nehme man eine bedrohliche Situation gar nicht wahr, danach folge die emotionale Schockphase. An diese beiden passiven Zuständen schließe sich das Eingeständnis und die Bearbeitung des Problems an und zuletzt folge die Neuorientierung. Durch das Bewusstwerden der verschiedenen Phasen könne man beim Eintreten einer stressigen Situation reflektieren, in welcher Phase man sich gerade befindet.
Dem Referenten zufolge sei es wichtig, so schnell wie möglich aus den passiven in die aktiven Phasen zu wechseln: »Werden Sie so schnell wie möglich aktiv und klären Sie den Sachverhalt.« Daraus folgt die zweite Regel: weitere Opfer vermeiden. Grundsätzlich müssen die Betroffenen anerkannt und unterstützt werden, so Kern. Darüber hinaus sei konsequente Kommunikation von großer Bedeutung. Zunächst mit den eigenen Mitarbeitern, dann mit den verantwortlichen Behörden und schließlich auch mit der Presse. »Hierfür bleibt in der Regel ein Zeitfenster von einer Stunde nach Bekanntwerden der Krise, um den Verlauf maßgeblich mitzubestimmen können.« In der Kommunikation gelte es, erst schnell und dann gründlich zu sein. Den Sachverhalt zu konkretisieren, sei auch später noch möglich, so Kern. Widersprüche hingegen würden zu Vertrauensverlust und Unglaubwürdigkeit führen. Bei alledem sei es wichtig, sowohl sachlich als auch empathisch zu bleiben. »Liegt die Verantwortung bei Ihnen, sollten Sie auch an eine Entschuldigung denken.«
Und welche Fehler sollte man vermeiden? »Opfer sollten nie beschuldigt werden«, stellte der Kommunikationsexperte klar. Ebenso solle man sich auch selbst nie als Opfer darstellen, wenn man für die Krise verantwortlich ist. »Unterschätzen Sie aber auch nicht die Emotionen, weder die eigenen noch die der Betroffenen oder die der Öffentlichkeit«, so lautet eine weitere Empfehlung.
Um in einer Krisensituation richtig reagieren zu können, sei auch gute Vorbereitung ausschlaggebend. Dazu gehört Kern zufolge etwa die Identifizierung möglicher Risiken. Neben den möglichen Fehlerquellen sollte aber auch bekannt sein, welche Kernkompetenzen die Apotheke habe. Komme es nämlich tatsächlich zu einer Krise, könne es helfen, ein paar positive Eigenschaften des eigenen Betriebs spontan nennen zu können.
Und wer sollte in einer existenziellen Krise kommunizieren? »Nur der Apothekenleiter«, betonte der Pressesprecher. Damit die Kommunikation über die eigene Internetseite oder den Facebook-Auftritt auch angemessen ist, empfiehlt Kern für den Notfall eine zweite Website parat zu haben, um diese anstelle der eigentlichen Seite online zu stellen. Die Gefahr: »Sollte ein Patient zu Schaden kommen, wird eine Webseite mit lachenden Gesichtern noch mehr Entsetzten in der Bevölkerung hervorrufen.«