Hohe Protestbeteiligung erwartet |
Juliane Brüggen |
09.06.2023 14:00 Uhr |
Beratungsleistungen und spezialisierte Services könnten Apotheken helfen, dem steigenden Umsatzdruck standzuhalten. Es sei sinnvoll, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren, meinte Saar. »Nach meiner Einschätzung ist eine Reduktion des Apothekengeschäftes auf Arzneimittel und pharmazeutische Kundenbetreuung eine solide Grundlage für die betriebswirtschaftliche Tragfähigkeit der Apotheke.« Nicht lohnend seien hingegen der Verkauf von Bonbons, Seifen und Kosmetik, aber auch Heil- und Hilfsmitteln.
Der Protesttag am 14. Juni 2023 sei ein »Meilenstein für die Zukunft, an dem hoffentlich alle Apotheker teilnehmen«. Eventuell müssten noch mehr Tage an Schließungen hinzukommen, wenn das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nicht einsichtig sei. »Wir brauchen mehr Geld, um den Kunden und Patienten gerecht werden zu können. Kämpfen wir dafür!«
Carsten Wohlfeil, Geschäftsführer der Kammer, erwartet eine hohe und wahrscheinlich flächendeckende Protestbeteiligung der Apotheken im Saarland. »Die Patienten sind informiert, es spricht nichts gegen die Schließungen.« Wichtig sei das Gespräch mit den Menschen, um für Verständnis zu werben.
Die Apothekenzahl im Saarland befinde sich weiter im »Sinkflug« und bewege sich auf die 250 zu, berichtete Wohlfeil. Aktuell seien es 269 Apotheken – vor zehn Jahren waren es noch 323. Vor allem im nördlichen Saarland spitze sich die Situation zu. An den Dienstbereitschaftsregeln werde das aber nichts ändern. Patienten müssten teils weitere Wege in Kauf nehmen. »Wir können die Apotheken nicht aus dem Hut zaubern.« Ein weiteres Problem ist die demografische Entwicklung im Saarland: über 40 Prozent der Inhaberinnen und Inhaber sind 60 Jahre oder älter.
Bei der Personalsituation sei »keine Besserung in Sicht«, vor allem bei PTA. Aber auch der pharmazeutische Nachwuchs wandere zunehmend in die Industrie, Verwaltung und Krankenhäuser ab. Hier könne nur ein monetärer Ansatz greifen und der Anreiz durch die pharmazeutischen Dienstleistungen. »Mit Tarifgehältern werden wir nicht mehr viele Kolleginnen und Kollegen begeistern können«, so Wohlfeil. »Der Knackpunkt ist die Honorierung der Apotheken.« Es brauche dringend eine Erhöhung.
Die Statistiken zeigten, dass Apotheken im Gegensatz zu den Kassenärzten wirtschaftlich von den GKV-Einnahmen abgehängt worden seien. Der prozentuale Anteil der Apotheken an den Gesamtausgaben der GKV sei deutlich rückläufig. Der Umsatz der Apotheken wachse zwar, zum Beispiel durch hochpreisige Arzneimittel, das steuerliche Betriebsergebnis aber nicht im gleichen Ausmaß. Wohlfeil beklagte im Hinblick auf das veröffentlichte Faktenblatt des BMG das Niveau der Diskussion. Verstanden werden müsse, dass die Honorierung der Apotheken nicht umsatz- sondern packungsbezogen sei. Auch der vom BMG angeprangerte Umsatzzuwachs werde verzerrt dargestellt: Dieser war vor allem im OTC-Bereich zu verzeichnen, der nur 7,8 Prozent des Gesamtumsatzes ausmache.