Höhere COPD-Prävalenz durch Rauchen und Feinstaub |
Bei diesem Test der Lungenfunktion müssen über den Atem drei Kugeln in der Luft gehalten werden. / Foto: Getty Images/Jan-Otto
Insgesamt leiden mehr Männer als Frauen unter der Lungenerkrankung, meldet die AOK und beruft sich dabei auf den neuen »Gesundheitsatlas COPD« des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), der im Vorfeld des Welt-Nichtraucher-Tags am 31. Mai veröffentlicht wurde. Der COPD liegt zumeist eine chronische Entzündung der Bronchien und oftmals auch eine Überblähung der Lunge zugrunde. Gekennzeichnet ist die Erkrankunge von den »AHA«-Symptomen Atemnot, Husten und Auswurf.
Laut Gesundheitsatlas sind in Deutschland insgesamt 3,4 Millionen Menschen an einer COPD erkrankt. Schätzungen zufolge ist in Folge der demografischen Entwicklung damit zu rechnen, dass die Fallzahlen in den kommenden Jahren weiter steigen. Der Verlauf der Lungenerkrankung ist, sofern keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden, progredient. Auf COPD zurückzuführende Sterbefälle liegen derzeit auf Platz 6 der häufigsten Todesursachen in Deutschland.
Neben dem Nikotin-Konsum kommen hinsichtlich Entstehung noch weitere Risikofaktoren hinzu. So scheint auch die Luftverschmutzung eine bedeutende Rolle zu spielen: In Regionen mit der laut Umweltbundesamt niedrigsten Feinstaubbelastung beträgt die COPD-Prävalenz lediglich 6,7 Prozent, in Kreisen und kreisfreien Städten mit der höchsten Belastung dagegen im Schnitt 7,7 Prozent. Zudem verweist der Gesundheitsatlas auf einen Zusammenhang zwischen der COPD-Häufigkeit und der sozialen Struktur einzelner Regionen: Menschen aus materiell und sozial benachteiligten Gebieten sind mit einer Prävalenzspanne von 7,7 bis 7,9 Prozent häufiger von COPD betroffen als Menschen aus vergleichsweise wohlhabenden Land- und Stadtteilen, in denen die Spanne bei 6,2 bis 6,6 Prozent liegt.
Außerdem steigt die Häufigkeit der Erkrankung mit zunehmenden Lebensjahren und erreicht ihren Höhepunkt bei den 85- bis 89-Jährigen. In dieser Altersgruppe sind 16,4 Prozent der Männer und 11,6 Prozent der Frauen betroffen. Generell werden die Unterschiede zwischen den Geschlechtern nicht zuletzt durch ein anderes Rauchverhalten beim männlichen und weiblichen Geschlecht erklärt. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten haben deutlich mehr Männer als Frauen zur Zigarette gegriffen.
Der Anteil der COPD-Erkrankten ab 40 Jahren liegt in Bundesländern, in denen laut Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes besonders viele Raucherinnen und Raucher leben, bei 7,8 Prozent, während er in Regionen mit besonders niedrigem Raucher-Anteil nur 6,3 Prozent beträgt. Dabei ist die Zahl der COPD-Erkrankungen mit 5,8 Prozent in Baden-Württemberg, mit 6,0 Prozent in Sachsen und mit 6,2 Prozent in Bayern am niedrigsten. Mit 8,1 Prozent im Saarland, 8,4 Prozent in Nordrhein-Westfalen und 8,6 Prozent in Berlin ist er am höchsten. Letzteres ist nicht verwunderlich: Laut Gesundheitsatlas kommt die COPD in Großstädten generell häufiger vor als in Regionen mit geringer Siedlungsdichte.
Ist Nikotin-Konsum als wichtigster Risikofaktor für die Entwicklung einer COPD bekannt, so gilt im Umkehrschluss der Tabakentzug gegebenenfalls mit Nikotin-Ersatzstoffen wie Bupropion oder Vareniclin in Kombination mit verhaltenstherapeutischen Maßnahmen als bedeutendste Intervention in der Vorbeugung und Behandlung der AHA-Symptomatik und COPD-Prognose.
Zahlreiche Institutionen, so nicht zuletzt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), bieten »Rauchfrei«Programme an. »Angebote und Kurse zum Rauchverzicht sind die wichtigsten Maßnahmen zur Bekämpfung der Erkrankung«, konstatiert auch der stellvertretende WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder in einem Statement anlässlich der Vorstellung des »Gesundheitsatlas COPD«. Ein Rauchverzicht ist laut Gesundheitsatlas derzeit besonders dringlich zu empfehlen, nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass COPD-Patienten im Falle einer SARS-CoV-2-Infektion ein moderat erhöhtes Risiko für schwere Verläufe einer Covid-19-Erkrankung haben.
Die kausale Therapie der COPD ist bislang nicht möglich. Zur Minderung der Symptome, sprich: Besserung der Lungenfunktion, der Dyspnoe, der Lebensqualität und der Exazerbationsrate, kommen gemäß Schweregrad der Erkrankung neben inhalativ rasch wirksamen Bronchodilatatoren insbesondere inhalative Medikamente mit langanhaltenden Substanzen aus der Gruppe der Anticholinergika oder der Gruppe der Betasympathomimetika in Einzel- oder Kombinationstherapie zum Einsatz.
Entscheidend für den Therapiererfolg ist die richtig Anwendung der Medikamente, heißt es im Gesundheitsatlas. Bei jeder Erstverordnung eines der zahlreichen auf dem Markt befindlichen Inhalationssysteme sollten COPD-Patienten sich daher stets in die richtige Inhalationstechnik einweisen lassen. Die korrekte Handhabung sollte zudem regelmäßig und insbesondere bei unzureichender Symptomkontrolle von Fachleuten, sprich: Ärzten und Apothekern, überprüft werden.
Eine besondere Problematik liegt in der Tatsache, dass epidemiologischen Daten zufolge bei 23 Prozent der COPD-Patienten auch ein Asthma bronchiale vorliegt. Beim Asthma tritt die Atemnot typischerweise anfallsartig auf und die krampfartige Verengung der Bronchien ist reversibel. Bei COPD ist die Obstruktion und somit Luftnotsymptomatik hingegen dauerhaft gegeben. Beiden Erkrankungen liegt ein Entzündungsgeschehen in den Atemwegen zugrunde, das jedoch über immunologisch unterschiedliche Mechanismen vermittelt wird.
Die klinische und differentialdiagnostische Abgrenzung von Asthma und COPD gilt als schwierig. Letztlich, so betonen die Autoren des Gesundheitsatlas, ist das Vorliegen asthmatischer Anteile bei einer COPD entscheidend dafür, ob eine inhalative Glucocorticoid-Therapie sinnvoll ist. Denn nur die Subgruppe der COPD-Patienten mit asthmatischer Komponente und spezifischen immunologischen Parametern spricht auf diese Therapie an.