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Botox und Antikörper

Hilfe bei chronischer Migräne

Chronische Migräne ist für Betroffene sehr belastend und schlecht zu therapieren. Bislang war der Einsatz von Botulinumtoxin A neben einer oralen medikamentösen Prophylaxe der einzige Ansatz, nun kommen die CGRP-Antikörper als neue Option hinzu.
AutorKontaktChristina Hohmann-Jeddi
Datum 13.03.2019  11:00 Uhr

Botulinumtoxin A (Botox® und andere) wurde 2011 in Deutschland zur Behandlung der chronischen Migräne zugelassen und ist in dieser Indikation inzwischen etabliert. Was bei der Anwendung zu beachten ist, berichtete Privatdozent Dr. Tim Jürgens vom Kopfschmerzzentrum Nord-Ost der Universitätsmedizin Rostock auf dem Deutschen Kongress für Parkinson und Bewegungsstörungen in Düsseldorf.

Vor dem Einsatz sei eine saubere Dia­gnose entscheidend, denn bei Spannungskopfschmerzen wirken Botox-Injektionen nachweislich nicht, betonte der Arzt. Migräne zeichne sich durch einseitige, pulsierende, mittelstarke bis starke Kopfschmerzen aus, die bei körperlicher Anstrengung zunehmen und in der Regel von Symptomen wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Lichtscheu oder Lärmempfindlichkeit begleitet sind. Als chronisch ist eine Migräne zu definieren, wenn mindestens 15 Kopfschmerztage pro Monat auftreten, wovon mindestens fünf Attacken migränetypisch sein müssen. Betroffen sind etwa 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung.

Abzugrenzen ist die chronische Migräne vom Spannungskopfschmerz, der sich durch leichte bis mittelschwere, nicht pochende, beidseitige Kopfschmerzen auszeichnet, die nicht mit Begleitsymptomatik einhergehen. »Ein chronischer Spannungskopfschmerz ist schwierig zu behandeln«, berichtete Jürgens. »Aber er kommt extrem selten vor.« Häufig komme es zu Fehldiagnosen aufgrund der Lokalisation, weil bei beidseitigen Kopfschmerzen von einem Spannungskopfschmerz ausgegangen werde. Dabei könnten auch bei Migräneattacken die Schmerzen beidseitig auftreten. »Wo es wehtut, ist bei der Migräne mehr oder weniger egal«, sagte Jürgens. Aussagekräftiger seien die anderen Kriterien, vor allem die Begleitsymptomatik.

Bei 2,5 bis 5 Prozent der Migräne-Patienten pro Jahr gehe die episodische in eine chronische Form über. Der gleiche Anteil kehre aber auch wieder von der chronischen in die episodische Form zurück. Mit in die Klassifikation der chronischen Migräne zählten auch Patienten mit Medikamentenübergebrauch. Bei diesen bestehe die Therapie in einem Entzug sämtlicher Akuttherapeutika (siehe Kasten) von etwa zehn Tagen. Bei der Hälfte der Betroffenen verbessere sich die Symptomatik dadurch erheblich. Hilfreich sei es, die Patienten zum Entzug gleichzeitig mit einer Prophylaxe zu versorgen, die viele noch nicht hätten, und sie psycho­logisch zu begleiten. Dadurch werde die Rückfallrate gering gehalten.

Botox wirkt direkt auf Neurone

Laut der aktuellen Leitlinie »Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne« der Deutschen Gesellschaft für Neurologie sind zur Behandlung der chronischen Form Topiramat und Botulinumtoxin A wirksam. Letzteres ist ein neurotoxisches Protein, das die Freisetzung des Neurotransmitters Acetylcholin und damit die Reizübertragung an der motorischen Endplatte hemmt. Bislang ging man davon aus, dass die Wirkung des Giftes beim Einsatz bei Migränepatienten auf der Entspannung von Muskeln in Nacken- und Kopfbereich beruht, berichtete Jürgens. Mittlerweile sei aber deutlich geworden, dass Botox auch eine direkte Wirkung auf Neuronen habe und dass sensible Fasern die eigentlichen Targets der Botox-Injektionen sind.

Botox sollte bei Patienten eingesetzt werden, bei denen mindestens zwei migräneprophylaktische Medikamente versagt haben. Der Patient erhält bei einer Sitzung 155 bis 195 Einheiten des Toxins. Im ersten Jahr der Therapie mit Botox sollte die Anwendung alle drei Monate wiederholt werden, da nach diesem Zeitraum die Wirkung nachlässt. Ziel der Therapie sei eine Verbesserung der Symptomatik um 30 Prozent. Dabei sollte nicht allein auf die Zahl der Kopfschmerz­tage geschaut werden, riet Jürgens. Zum Teil zeige sich eine deutliche Verbesserung in der Abnahme der Schmerzintensität und der Ansprache auf die Akutmedikation. »Wenn das Ziel von 30 Prozent Verbesserung nicht nach etwa drei Zyklen erreicht wird, sollte die Therapie wegen fehlender Wirksamkeit abgebrochen werden.« Wenn die Therapie aber gut anschlage, könne man im zweiten Therapiejahr auf einen Vier-Monats-Zyklus umstellen.

Neue Antikörper im Kontext

»Nun kommen noch die Anti-CGRP-Antikörper hinzu«, sagte der Neuro­loge. Zugelassen ist bereits Erenumab (Aimovig®), im April soll Galcanezumab (Emgality®) folgen. Während bisher die Therapie der Migräne auf dem Trial-and-Error-Prinzip basierte, seien die Antikörper ziel­gerichtet auf die Pathologie der Erkrankung entwickelt worden.

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen sieht für den Wirkstoff Erenumab »Hinweise für einen beträchtlichen Zusatznutzen« – zumindest für Patienten, bei denen andere, bisher zur Prophylaxe eingesetzte Arzneistoffe versagten oder nicht infrage kamen. Auch aufgrund der hohen Kosten der Antikörpertherapie sollte daher laut Jürgens nach folgendem Schema vorgegangen werden: Bei Versagen der oralen medikamentösen Prophylaxe sollte zunächst Botox eingesetzt werden und erst wenn diese Therapie keinen Erfolg zeigt Erenumab. Last but not least sollte die Pharmakotherapie immer in ein multimodales Konzept mit Maßnahmen wie psychologischen und neuromodulatorischen Verfahren, Sport, Physiotherapie und eventuell Akupunktur eingebettet sein. 

 

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