Hilfe aus der Apotheke bei Beschwerden |
Die PZ-Redakteurinnen Daniela Hüttemann (links) und Laura Rudolph rahmten bei einem Podiumsgespräch auf der Expopharm Expertinnen zum Thema Wechseljahre ein und stellten auch zur Beratung in der Apotheke viele Fragen. / © PZ/Alois Müller
»Jede Frau kommt in die Wechseljahre, aber viele Frauen sind nicht informiert über damit assoziierte Symptome und Spätfolgen«, berichtete Anke Sinnigen, Gründerin der Plattform »wexxeljahre.de«, bei der Veranstaltung unter Moderation der PZ-Redakteurinnen Daniela Hüttemann und Laura Rudolph. Es gebe mindestens 34 Symptome der Wechseljahre, die sieben bis zehn Jahre anhalten könnten.
Starke Hormonschwankungen können Beschwerden auslösen wie veränderte Blutungen, Hitzewallungen, Gewichtszunahme, schlechten Schlaf, Gelenkschmerzen und Herzbeschwerden. Sinnigen wies besonders auf Konzentrations-, Gedächtnis- und Wortfindungsstörungen hin, denn dieser »Brain Fog« sei im sozialen und beruflichen Leben stark beeinträchtigend. »Manche Frauen können nicht mehr voll arbeiten oder nehmen höhere Positionen nicht an, weil sie dies nicht bewältigen.«
Sinnigen wies auf pflanzliche Medikamente hin, etwa mit Traubensilberkerze, Mönchspfeffer, sibirischem Rhabarber und Johanniskraut. Bei vasomotorischen Beschwerden empfehle die aktualisierte S3-Leitlinie für die Peri- und Postmenopause eine Hormonersatztherapie (HRT). Die HRT sei zeitlich nicht begrenzt, »aber wenn die Hitzewallungen vorbei sind, schleicht man aus«. Es gebe klare Indikationen für eine HRT, aber nicht für die präventive Gabe.
Eine neue nicht hormonelle Therapieoption zur Behandlung von moderaten bis schweren vasomotorischen Symptomen (VMS), die mit der Menopause assoziiert sind, ist Fezolinetant (Veoza™ 45 mg Filmtabletten). Im Februar 2024 hat das Unternehmen Astellas Pharma das verschreibungspflichtige und verordnungsfähige Präparat auf dem deutschen Markt eingeführt.
Der selektive Neurokinin(NK)-3-Rezeptorantagonist beeinflusst die Aktivität von Kisspeptin-Neurokinin-B-Dynorphin-Neuronen (KNDy-Neuronen). Diese spielen eine bedeutende Rolle bei der Thermoregulation im Gehirn. Sie werden durch Neurokinin B (NKB) angeregt und durch Estrogen gehemmt.
Wie Gudrun Maechler, Medical Director bei Astellas Pharma, erklärte, störe der Estrogenabfall in der Menopause das Gleichgewicht mit NKB, sodass die KNDy-Neuronen dann überaktiv seien und das thermoregulatorische Zentrum zu stark anregten. VMS wie Hitzewallungen und Nachtschweiß seien die Folge. NKB wirkt über den NK-3-Rezeptor. Durch die Blockade der NKB-Wirkung stellt der NK3-Rezeptorantagonist Fezolinetant das Gleichgewicht der KNDy-neuronalen Aktivität wieder her.
In Studien verringerte der Wirkstoff Häufigkeit und Schweregrad mittelschwerer bis schwerer VMS bei postmenopausalen Frauen, so Maechler. Die Wirkung trete bereits nach einer Therapiewoche ein. Die häufigsten Nebenwirkungen seien Durchfall und Schlaflosigkeit.
Maechler räumte ein, dass eine HRT umfassender auf das Geschehen in den Wechseljahren einwirke und die Vorteile daher überwögen. Allerdings gebe es auch Patientinnen, die eine HRT nicht erhalten können, diese nicht vertragen oder diese partout ablehnen. Für diese Frauen sei Fezolinetant eine wichtige neue Therapieoption.
Im anschließenden Panel kam Apothekerin Hayriye Polat mit aufs Podium. Im Beratungsgespräch könne das Apothekenteam umfangreich informieren, unter anderem zu Risiken und Nutzen der Medikation, zu topischer und vaginaler Anwendung von Hormonen und zu deren Dosierung, zu Vitaminen, pflanzlichen Therapien und Ernährung. »Apotheken können hier ein Gesamtpaket anbieten.«
Sie wünsche sich mehr qualifizierte Fortbildung, sagte Polat. Apotheken könnten beispielsweise gemeinsam mit der Frau ihre Beschwerden mithilfe der Menopause-Bewertungsskala erfassen und beurteilen. »Damit könnten wir den Frauenärzten zuarbeiten; Apotheker und Ärzte können hier Hand in Hand arbeiten.«
Die Expertinnen waren sich einig, dass Frauen mehr Informationen brauchen und das Thema bei Arbeitgebern mehr Beachtung finden müsse. »Wechseljahre sind keine Krankheit, aber man muss darüber sprechen«, resümierte Sinnigen. Dieser Lebensabschnitt sei ein »Weckruf, damit Frauen sich mehr um sich selbst kümmern«.