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Mehrwertsteuer-Senkung

Herstellern drohen 40 Millionen Euro Einbußen

Die Senkung der Mehrwertsteuer ist eigentlich beschlossene Sache. Nun drängen die Generika-Hersteller darauf, die Regelung noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Demnach drohen den Unternehmen Einbußen von bis zu 40 Millionen Euro.
Stephanie Schersch
29.06.2020  16:34 Uhr

Am 1. Juli wird die Mehrwertsteuer sinken, das hat der Bundestag heute Mittag beschlossen. Ein halbes Jahr lang sind dann 16 statt wie bislang 19 Prozent Umsatzsteuer fällig. Mit dieser Regelung will die Bundesregierung eigentlich Wirtschaft und Konsum ankurbeln. Der Branchenverband Progenerika jedoch sieht eine deutliche Mehrbelastung auf die Hersteller von Nachahmerprodukten zukommen.

Hintergrund sind demnach Herstellerrabatte, die Pharmaunternehmen den Krankenkassen per Gesetz gewähren müssen. Hinzu kommen Preisnachlässe, die Kassen im Rahmen von Rabattverträgen mit den Herstellern aushandeln. Diese Abschläge können die Unternehmen beim Finanzamt steuerlich geltend machen, sodass sie sich einen Teil der Rabatte auf diesem Weg zurückholen können. Sinke nun jedoch die Umsatzsteuer, falle auch die Steuererstattung entsprechend geringer aus, beklagt Progenerika. Das könne bei einigen Rabattverträgen dazu führen, dass Unternehmen gar nichts mehr verdienten – stattdessen müssten sie de facto sogar noch draufzahlen. Bis zu 40 Millionen Euro Mindereinnahmen sieht Progenerika-Chef Bork Bretthauer auf die Hersteller zukommen. »Das trifft eine Branche, die im Jahr 2019 insgesamt gerade mal 2,1 Milliarden Euro erwirtschaftet und die in den letzten Monaten der Corona-Krise keine Kosten gescheut hat, um die Menschen, trotz massiv erhöhter Fracht- und Wirkstoffpreise, gut versorgen zu können.«

Auf die Umsetzung kommt es an

Aus Sicht der Hersteller kommt es nun auf die Umsetzung der neuen Regelungen an. Zwar sei es verständlich, dass die Koalition das Konjunkturpaket in größter Eile auf den Weg gebracht habe. Gar nicht nachvollziehbar sei jedoch, dass ausgerechnet die Unternehmen Mehrkosten tragen sollten, für die der Fiskus eigentlich einstehen wollte. Nun müsse alles daran gesetzt werden, um »Schaden von den Generika-Unternehmen abzuwenden«, so Bretthauer.

Die Hersteller sind derweil nicht die einzigen, auf die mit der Steuersenkung effektiv Einbußen zukommen. So drohen auch den Apotheken bis Jahresende Mindereinnahmen von rund 12 Millionen Euro. Sie müssen den Krankenkassen künftig effektiv höhere Rabatte auf rezeptpflichtige Medikamente gewähren, da der verminderte Mehrwertsteuersatz de facto für einen höheren Apothekenabschlag sorgt.

Zur Stunde berät der Bundesrat über die Senkung der Mehrwertsteuer und das Konjunkturpaket. Die Zustimmung der Länder gilt als sicher. Heute Mittag hat bereits der Bundestag sein Okay gegeben.

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