Hefe als Wirkstofflieferant |
Theo Dingermann |
20.04.2020 12:00 Uhr |
Bestimmte Psilocybe-Arten synthetisieren Psilocybin und davon abgeleitete Derivate. Seit langem beliebt in der Drogenszene, könnten sie sich als interessante Wirkstoffe zur Behandlung therapieresistenter Depressionen erweisen. / Foto: Fotolia/yellowj
Es besteht großes Interesse, Psilocybin biotechnologisch zu produzieren. Zum einen ist die Isolierung aus dem Pilz extrem ineffektiv. Zum anderen könnte der Bedarf an diesem Naturstoff stark steigen, da postuliert wird, dass Psilocybin zur Behandlung teils therapieresistenter psychischer Erkrankungen Wirkung zeigen könnte.
Zwar gelang es bereits, Psilocybin in kleinem Maßstab in Escherichia coli herzustellen. Allerdings war die Produktion in Bakterien mit einer Reihe von Problemen verbunden, da bestimmte Teilschritte der Biosynthese in E. coli nicht möglich sind. Als Ausweg bot sich eine biotechnologische Produktion in Saccharomyces cerevisiae an. In einer Publikation, die gerade im Journal »Metabolic Engineering« erschien, beschreiben Dr. Nicholas Milne vom Novo Nordisk Foundation Center for Biosustainability (DTU Biosustain) und Kollegen einen S. cerevisiae-Stamm, der durch Modifikation metabolischer Synthesewege befähigt wurde, das Indolalkaloid Psilocybin zu synthetisieren.
Natürlicherweise kommt Psilocybin in einigen Vertretern der Pilzgattung Psilocybe vor. Der von Psilocybin abgeleitete Sekundärmetabolit Psilocin bindet als Partialagonist mit hoher Affinität an 5-HT2A-Rezeptoren. Um S. cerevisiae in die Lage zu versetzen, Psilocybin zu synthetisieren, integrierten die Wissenschaftler die genetische Information von Teilaktivitäten aus Psilocybe cubensis in das Genom der Bäckerhefe. Die Ausbeuten ließen sich dann noch einmal verbessern, indem der Stoffwechselweg mit einer neuartigen Cytochrom-P450-Reduktase aus P. cubensis ergänzt wurde.
Die Synthese von Psilocybin beginnt mit L-Tryptophan, das durch die Tryptophan-Decarboxylase in Tryptamin umgewandelt wird. Hier griffen die Forscher das erste Mal in den Hefestoffwechsel ein. Allerdings verwendeten sie nicht das Enzym aus P. cubensis. Stattdessen klonierten sie die Tryptophan-Decarboxylase (CrTdc) aus Catharanthus roseus in den Hefestamm, da mit diesem Enzym bereits gute Erfahrungen gemacht worden waren.
Tryptamin wird dann durch eine Cytochrom-P450-haltige Monooxygenase (PcPsiH) in 4-Hydroxytryptamin umgewandelt. Diese Aktivität stellt der Hefestamm selbst bereit. 4-Hydroxytryptamin wird anschließend durch eine 4-Hydroxytryptaminkinase (PcPsiK), die wiederum von P. cubensis stammt, in Norbaeocystin umgewandelt. Die 4-Hydroxytryptaminkinase aus P. cubensis katalysiert auch die nachfolgende 4-O-Phosphorylierungsreaktion. Schließlich wird Norbaeocystin durch eine N-Methyltransferase (PcPsiM) aus P. cubensis durch einen iterativen Methyltransfer zunächst in Baeocystin und dann in Psilocybin umgewandelt.
Durch weitere Optimierungsschritte genierten die Forscher schließlich einen Produktionsstamm, der in einem Fed-Batch-Fermentationsverfahren in minimalen synthetischen Medien 627 ± 140 mg/L Psilocybin und 580 ± 276 mg/L des dephosphorylierten Abbauprodukts Psilocin produzierte.