Hanf kommt wieder in Mode |
Jennifer Evans |
12.06.2023 07:00 Uhr |
Praktische Nutzpflanze: Hanf wächst schnell, ist robust und anspruchslos. Schädlinge und Krankheiten sind nur selten ein Problem. / Foto: Hanf Museum Berlin/Steffen Geyer
Seit dem ersten Jahrtausend vor Christus bis weit ins 19. Jahrhundert war Hanf wohl die am häufigsten angebaute Nutzpflanze. Insbesondere während der Völkerwanderungen verbreitete sich Hanf dann rund um den Globus. Dazu haben unter anderem die Seefahrer beigetragen. Aus den robusten Fasern stellten sie Seile, Taue und Segel her, weil diese den Belastungen von Wind, Sonne, Regen und Salzwasser am besten standhielten. Die spanische Flotte des Entdeckers Christoph Kolumbus war da keine Ausnahme. Seine Mannschaft baute die Nutzpflanze gleich nach der Ankunft in Amerika an. Auch andere Seemächte pflanzten Cannabis überall dort, wo sie landeten. Schließlich wächst die Pflanze schnell. Von der Aussaat bis zur Ernte dauert es etwa 100 bis 120 Tage. Und der Bedarf für die Seefahrt war groß: Bis zu 100 Tonnen Hanffasern waren nötig, um ein durchschnittliches Segelschiff auszurüsten. Das Öl der Samen diente dann als Lampenöl oder Speiseöl.
Weil sich aus Hanfstängeln Zellulose gewinnen lässt, war die Pflanze auch für die Papierindustrie interessant. Der Vorteil: Hanfpapier ist haltbar, vergilbt nicht und ist selbst im feuchten Zustand ziemlich reißfest. Das liegt daran, dass die Fasern rund fünfmal länger sind als bei Holz. Kein Wunder, dass man entschied, wichtige Dokumente wie etwa die amerikanische Unabhängigkeitserklärung oder die erste Gutenberg-Bibel auf dem widerstandsfähigen Material zu drucken. In China war die uralte Technik bereits vor mehr als 2000 Jahren bekannt. Heute wird zumindest immer noch Zigarettenpapier aus Hanf gefertigt.
Auch in der Textilindustrie punktet die Pflanze mit ihrer Reißfestigkeit. Schon Levi Strauss, der als Erfinder der Jeans gilt, produzierte 1870 seine erste Hose aus Hanf. Erst später stieg er dann auf Denim um. Grundsätzlich lassen sich die Hanffasern problemlos mit anderen Naturfasern mischen und sind daher für Kleidung ebenso gut geeignet wie Baumwolle. Der Herstellungsprozess ist ebenfalls etwas grüner im Vergleich zur Baumwolle, weil dafür kaum Chemikalien nötig sind. Doch in der weltweiten Textilproduktion macht Hanf nicht einmal 1 Prozent aus, unter anderem weil die Produkte in der Herstellung teurer sind.
Ähnlich unwirtschaftlich ist sein Einsatz beim Hausbau. Möglich ist es aber, ein Haus ganz ökologisch mit Hanf zu dämmen. Es spricht auch einiges dafür: Die Faser isoliert gut, ist feuchtigkeitsregulierend, zugfest, schädlingsresistent, verrottet kaum und reizt die Haut nicht – wie etwa Glaswolle. Aus den Schäben der Pflanze und Naturkalk lassen sich zudem Ziegel herstellen, was aber ebenfalls noch sehr kostspielig ist.