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Präsenz- und Digitallehre

Gutes Aussehen, bessere Noten?

Attraktive Studierende bekommen tendenziell bessere Noten, wenn sie persönlich mit ihren Lehrenden interagieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie aus Schweden. Findet die Lehre aber digital statt, bleibt dieser »Schönheitsbonus« demnach nur für männliche Studierende bestehen.
Carolin Lang
03.11.2022  09:00 Uhr

»Es ist hinlänglich bekannt, dass das äußere Erscheinungsbild ein wichtiger Einflussfaktor für Erfolg im Leben ist«, schreibt der Studienautor Adrian Mehic, Doktorand im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Universität Lund, Schweden, im Fachjournal »Economics Letters«. Studien hätten gezeigt, dass attraktive Menschen tendenziell zufriedener mit ihrem Leben seien, höhere Löhne bekämen und seltener kriminell würden. Worauf dieser »Schönheitsbonus« zurückgeht, ist laut Mehic aber umstritten: Während er nach der traditionellen Sichtweise eine Folge »geschmacksbedingter Diskriminierung« sei, deuteten neuere Erkenntnisse darauf hin, dass Schönheit ein sogenanntes produktives Attribut sei. Gemeint ist beispielsweise, dass attraktive Personen selbstbewusster sind, was sich positiv auf ihre Leistung auswirken könnte.

In der aktuellen Studie untersuchte Mehic an 307 Studierenden des Wirtschaftsingenieurwesens der Universität Lund, ob sich die Attraktivität ihrer Gesichter auf ihre akademischen Leistungen bei verschiedenen Unterrichtsformen auswirkte. Dazu betrachtete er ihre Noten in 15 Pflichtkursen über die ersten zwei Jahre des Studiengangs, wobei er zwischen quantitativen und nicht quantitativen Kursen unterschied. Bei nicht quantitativen Kursen fand mehr Interaktion zwischen Lehrkräften und Studierenden statt. Um die Attraktivität der Studierenden zu quantifizieren, ließ Mehic eine Jury aus 74 Personen ihre Gesichter auf einer Skala von 1 (extrem unattraktiv) bis 10 (extrem attraktiv) bewerten.

Seine Auswertung ergab, dass attraktive Studierende in nicht quantitativen Kursen – also, wenn viel Interaktion mit den Lehrenden stattfand – bessere Noten erhielten als in quantitativen Kursen. Dieser Effekt war sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Studierenden zu beobachten.

Schönheitsbonus auch digital?

Im Zuge der Coronaviruspandemie stellten Schwedische Universitäten im März 2020 auf digitale Lehrformate um. Dies nutze Mehic als »natürliches Experiment« und untersuchte, wie sich die Noten der Studienpopulation im Zuge dessen veränderten. Das Ergebnis überrascht: Der Umstieg auf digitale Lehre führte zu schlechteren Noten in nicht quantitativen Kursen, allerdings nur bei attraktiven Frauen. Für attraktive Männer gab es noch immer einen signifikanten Schönheitsbonus.

Laut Mehic impliziert dieses Ergebnis, dass der weibliche Schönheitsbonus, der bei persönlichem Unterricht beobachtet wird, wahrscheinlich in erster Linie eine Folge von geschmacksbedingter Diskriminierung ist. Dass es für männliche Studierende auch nach der Umstellung auf digitale Lehre noch einen signifikanten Schönheitsbonus gab, »deutet darauf hin, dass Attraktivität vor allem für Männer ein produktivitätssteigerndes Attribut sein kann«, schlussfolgert er abschließend. 

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