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Neuzugänge
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Gläser aus der Ruhrregion und seltene Fayencen

Unser Konvolut an Apothekenstandgefäßen hat einige spannende Objekte hinzugewonnen. Faszinierend sind nicht nur die hochwertigen Manufakturerzeugnisse, sondern auch die Informationen über ihren Kontext, die wir bei der Objektrecherche herausfinden.
AutorKontaktPetra Nemethova
AutorKontaktClaudia Sachße
Datum 19.12.2025  07:00 Uhr

Schreitende Löwen

Ein 12 cm hoher Fayence-Albarello stammt aus der Porzellanfabrik Bayreuth (Abbildung 4), wie die Marke »BPF« (Bayreuther Porzellan-Fabrik) am Boden des Gefäßes belegt. Diese wurde von der Manufaktur zwischen 1751 und 1760 verwendet und datiert so das Gefäß ziemlich genau.

Das auffällige Dekor in Blau auf weißer Glasur zeigt einen auf drei Bergspitzen schreitenden Löwen, eingeschlossen in eine gekrönte Kartusche. Das geschwungene Schriftband unten benennt den ehemaligen Inhalt des Gefäßes: »Extra[ctum] Fumari[i]« – Erdrauchextrakt. Das Schild zeigt das Wappen der Grafen von Schönborn, die seit 1701 im unterfränkischen Markt Wiesentheid residierten.

Der Albarello gehört zu einer Reihe von Gefäßen, die vermutlich für die 1750 am Marienplatz in Wiesentheid neu eröffnete Hof-Apotheke hergestellt wurden. Ursprünglich befand sich diese Apotheke in Schloss Schönborn. Sie wurde jedoch in den Ort verlegt, da dort bessere Räumlichkeiten zur Verfügung standen und die Bevölkerung besser versorgt werden konnte. Von dem Ensemble befanden sich fünf bauchige Exemplare lange im Schönborn’schen Rentamt in Hattenheim, das mittlerweile als Probierstube für das zugehörige Weingut genutzt wurde. Die Albarelli dienten hier stilvoll zum Ausschank bei Weinproben. 1979 kamen sie zurück in die Sammlung Schloss Schönborn in Wiesentheid.

Weitere Gefäße dieser Serie befinden sich in der Sammlung Hofmann La Roche in Basel und dem Technischen Museum in Wien.

Aus der Löwen-Apotheke in Fulda stammt eine circa 13 cm hohe zylindrische Holzdose mit dunkelgrün gefasster Wandung und goldenem Dekor (Abbildung 5). Ein rundes Schild in Gold trägt die Aufschrift »PULV: / HB: JACEAE« (Stiefmütterchen). Es ist umgeben von Blattornamenten. Oben befindet sich – ebenfalls in Gold – ein nach rechts schreitender Löwe.

Im Museumsbestand gibt es bereits drei Holzdosen aus dieser Apotheke mit demselben Dekor, eine Leihgabe aus der Sammlung Walter Dörr (Inv.-Nr. II G 328–330). 1549 gegründet, wurde die Apotheke 1762 zur Hochfürstlichen Garnison-Apotheke ernannt und privilegiert. Am Haus wurde das Hochfürstliche Fuldische Wappen mit zwei Löwen beiderseits angebracht. Die Dosen mit Löwendarstellung stammen möglicherweise aus der Zeit der Privilegierung.

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