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Neuzugänge
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Gläser aus der Ruhrregion und seltene Fayencen

Unser Konvolut an Apothekenstandgefäßen hat einige spannende Objekte hinzugewonnen. Faszinierend sind nicht nur die hochwertigen Manufakturerzeugnisse, sondern auch die Informationen über ihren Kontext, die wir bei der Objektrecherche herausfinden.
AutorKontaktPetra Nemethova
AutorKontaktClaudia Sachße
Datum 19.12.2025  07:00 Uhr

Gefertigt in der Glashütte von Königssteele?

In der Rhein-Ruhr-Region gab es längere Zeit kein ausgeprägtes Netz von Glashütten. Viele vormalige Glasbetriebe wurden mit steigendem Bedarf in waldreiche Gebiete wie Westerwald, Eifel und Hunsrück verlegt. Im frühen 18. Jahrhundert profitierte das Gewerbe vom wirtschaftlichen Aufschwung und dem Erstarken der Steinkohleproduktion im Ruhrtal.

1723 gründete Albert Hünninghausen (1699 bis 1768) in Königssteele bei Essen die erste steinkohlenbetriebene Glasmanufaktur. Zu Beginn produzierte sie vor allem Fensterscheiben und Spiegel, später vermehrt Hohlgläser und auch beschriftete Apothekengläser. Die Steeler Glashütte gehörte zu den ältesten Industriebetrieben Essens (heute Glashütte Wisthoff, Essen-Horst) und bewirkte einen Zuzug zahlreicher Handwerksbetriebe. Der erfolgreiche Fabrikant Hünnighausen hatte zudem großen Anteil an der Schiffbarmachung der Ruhr.

Zwar folgte die Gründung weiterer Glashütten im Umfeld, doch blieb die Steeler Glasmanufaktur wohl die bedeutendste. Hier wurden möglicherweise die vorgestellten emailbemalten Gläser hergestellt.

Eine Salbe zum Trinken?

Die Museumssammlung wurde im vergangenen Jahr um einige Gefäße aus der pharmazeutischen Sammlung von Sven Eric Geis bereichert.

Zwei Fayence-Albarelli mit filigranem blauen Dekor stammen aus der Nikolaus-Apotheke in Nieheim (Abbildung 3). Das Dekor ist charakteristisch für die frühklassizistische Zeit zwischen 1780 und 1799. Vor allem ist die Arzneiform interessant, die das größere Gefäß enthielt: »Ung: / potabil: / R:« bedeutet so viel wie »Trinksalbe«.

Die Rezeptur für diese »Unguentum potabile« findet man schon im Dispensatorium Pharmacopolarum des Valerius Cordus von 1546. Da Cordus sein berühmtes Werk aus älteren Rezeptarien zusammenstellte, kann man davon ausgehen, dass auch diese Rezeptur schon wesentlich älter ist. Die Pharmacopoea Augustana von 1597 listet folgende Zutaten auf: Butter, Walrat, Färberkrapp, Blutwurz und Bibergeil.

Über die Herstellung informiert Zedlers Universallexikon (1731 bis 1754): »Die Wurzeln und den Wallrath lasset mit der Butter aufkochen in gnugsamer Menge wohlrüchenden Weines, bis dieser ganz verrauchet ist. Seiget und presset es durch, thut hernach das gepülverte Bibergeil hinzu, und machet nach der Kunst eine Salbe«. Die Salbe sollte innere Verletzungen heilen bei denjenigen, »die von einer Höhe herunter gestürzet sind, […] sie zertreibet das geronnene Blut«. Sie wird aber auch bei Quetschungen empfohlen.

Das »R« in der Aufschrift steht vermutlich für »Rubrum« – rote Trinksalbe, eine Rezeptvariante, die man in Johann Zwelfers Pharmacopeia Regia (1668, S. 285) findet. Hier wird das »Grundrezept« noch um Alant und Iris, Safran, Alkannawurzel und Rotwein erweitert. Mit Färberkrapp, Alkannawurzel und Safran sind drei intensive Färberpflanzen sowie der »färbende« Rotwein enthalten – genug, um den Zusatz »rubrum« zu rechtfertigen!

»Machet also eine Salbe, welche sowohl innerlich als äusserlich kann gebrauchet werden«, kann man in Zedlers Übersetzung lesen.

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