Pharmazeutische Zeitung online
Neue Studie

Geruchssinn häufiger bei mildem Covid-Verlauf eingeschränkt

Riechstörungen oder ein kompletter Verlust des Geruchssinns sind ein typisches Merkmal einer Corona-Infektion. Einer Analyse zufolge sind gerade Menschen mit mildem Covid-19 stark betroffen. Woran liegt das?
dpa
08.01.2021  17:30 Uhr

Ein gestörter Geruchssinn oder gar dessen vollständiger Verlust gehört zu den häufigsten Symptomen einer Infektion mit SARS-CoV-2. Besonders oft betroffen sind offenbar Patienten mit mildem Erkrankungsverlauf, so das Fazit einer europäischen, im Fachblatt «Journal of Internal Medicine» vorgestellten Studie. Während die meisten Erkrankten nach durchschnittlich drei Wochen wieder riechen können, berichten einige noch Monate später von gestörten Sinneswahrnehmungen.

In die Untersuchung der Wissenschaftler um den Mediziner Jerome Lechien von der Universität Paris-Saclay gingen Daten von 2581 Covid-19-Patienten aus 18 europäischen Krankenhäusern ein, die von März bis Juni 2020 erhoben wurden. 2194 der Patienten hatten einen milden Covid-19-Verlauf (85 Prozent), 110 einen mittelschweren (4,3 Prozent) und 277 (10,7 Prozent) erkrankten schwer. Basierend auf einer Befragung kamen Riechstörungen in der Gruppe mit milden Verläufen bei 85,9 Prozent, bei den moderaten Fällen bei 4,5 Prozent und in der Gruppe mit ernsthaften bis kritischen Verläufen bei 6,9 Prozent vor. Bei speziellen Tests wurde immer noch bei 54,7 Prozent der milden sowie bei 36,6 Prozent der moderat bis kritisch verlaufenden Covid-19-Fälle eine Beeinträchtigung oder der Verlust des Geruchssinns festgestellt. 

Einer US-amerikanischen Metaanalyse zufolge gehen durchschnittlich 77 Prozent aller Covid-19-Erkrankungen unabhängig von der Schwere des Verlaufs mit Geruchsstörungen einher. Im epidemiologischen Steckbrief zu SARS-CoV-2 gibt das Robert-Koch-Institut zwar für nur 21 Prozent der erfassten Covid-19-Fälle in Deutschland eine Störung des Geruchs- und/oder Geschmackssinns an, betont aber auch, dass die deutlich höhere Prävalenz in veröffentlichten Studien «vermutlich aus der intensiveren Ermittlung solcher Symptome unter Studienbedingungen im Vergleich zu den im Meldewesen übermittelten Angaben» resultiere.

Im Schnitt drei Wochen ohne Riechen, bei vielen aber auch deutlich länger

Von den Patienten, bei denen eine Störung des Geruchssinns durch einen speziellen Test bestätigt wurde, war dieser in der aktuellen Studie bei 15,3 Prozent nach 60 Tagen und bei 4,7 Prozent selbst nach sechs Monaten immer noch beeinträchtigt. Im Durchschnitt dauerte es nach Auskunft der Betroffenen gut drei Wochen, bis sie wieder normal riechen konnten.  Die Autoren schränken ein, dass die Befragungsergebnisse der ernsthaft Erkrankten dadurch beeinflusst sein könnten, dass viele von ihnen zeitweise durch eine Nasensonde ernährt werden mussten.

Alles in allem erhole sich der Geruchssinn bei den meisten der Erkrankten, heißt es in der Studie. «Die olfaktorische Dysfunktion ist bei leichten Covid-19-Formen häufiger als bei mittelschweren bis schweren Formen, und 95 Prozent der Patienten erlangen ihren Geruchssinn sechs Monate nach der Infektion wieder», fasst Hauptautor Lechien zusammen. 

Wie kommt es zum Verlust des Geruchssinns?

Die Wissenschaftler vermuten, dass die Störung des Geruchssinns vor allem bei mild Erkrankten auf eine im Vergleich zu schwerer Erkrankten unterschiedliche Antwort des Immunsystems zurückzuführen sein könnte. Dieser Hypothese zufolge würde sich das Virus zwar nicht so weit im Körper ausbreiten, aber eine lokalen Entzündungsreaktion im Geruchssystem auslösen. 

Eine weitere Möglichkeit sei, so die Autoren, dass das Virus die Nervenzellen im Riechkolben (Bulbus olfactorius) schädige. Die Dauer und Schwere der Geruchsstörungen würde dann davon abhängen, wie viele Geruchszellen betroffen sind. Die Nervenzellen des Geruchssystems sind in der Lage, sich zu erneuern, auch wenn dieser Prozess Monate dauern kann. Zur Klärung müssten weitere Analysen durchgeführt werden, in denen etwa Speichel und Nasensekrete untersucht würden.

Tatsächlich häufen sich insbesondere im Internet Erzählungen von Betroffenen, die Wochen nach einer oft mild verlaufenen Covid-19-Erkrankung weiter Probleme mit ihrem Geruchssinn haben. Neben dessen vollständigem Verlust oder teilweisem Ausfall berichten manche, seit ihrer Erkrankung üble Gerüche wahrzunehmen. Dieses Phänomen, Parosmie genannt, wurde bereits vereinzelt in früheren Studien zu Covid-19-Symptomen beschrieben und bedeutet für die Betroffenen nicht selten einen hohen Leidensdruck – wie auch die Störung des Geruchssinns generell. Forscher der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und des Forschungszentrums Jülich haben einen unter www.riech-check.de «Riech- und Schmeck-Check» entwickelt, der online als Selbsttest durchgeführt werden kann.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa