Gentechnisch modifizierte T-Zellen gegen Herzfibrose |
Theo Dingermann |
07.10.2019 12:30 Uhr |
Eine Herzfibrose ist ein wichtiger Faktor für das Fortschreiten verschiedener Formen von Herzerkrankungen und Herzinsuffizienz. Therapeutische Optionen, die Fibrose anzugehen, sind bislang begrenzt. / Foto: Fotolia/yodiyim
Die zwischenzeitlich gut etablierte CAR-T-Zell-Therapie mit ihrem prominenten Vertreter Tisagenlecleucel (Kymriah®) wurde im August 2018 von Novartis in Europa zur Marktzulassung gebracht. Die Grundlagen dieses bahnbrechenden Therapieansatzes wurden in der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Carl June vom Abramson Cancer Center der University of Pennsylvania erarbeitet. Von dort hört man nun interessante Neuigkeiten. Laut einer im Fachmagazin »Nature« veröffentlichten Proof-of-Concept-Studie an Mäusen kann eine modifizierte CAR-T-Zell-Therapie womöglich auch zur Behandlung bestimmter Herzkrankheiten eingesetzt werden. Die Wissenschaftler um Haig Aghajanian zeigen in der Arbeit mit dem Titel »Targeting cardiac fibrosis with engineered T cells«, dass bestimmte CAR-T-Zellen die Herzfunktion in einem Mausmodell für Herzfibrose wiederherstellen können.
Das Prinzip der CAR-T-Zell-Therapie beruht darauf, dass T-Zellen eines Patienten mit einem chimären Antigenrezeptor (CAR) ausgestattet werden, der an seinem oberen Ende ein Antikörperfragment trägt, das ganz bestimmte Zellen hochspezifisch erkennt. Werden diese so modifizierten T-Zellen dem Patienten reinfundiert, beginnen sie, die Zellen zu zerstören, an die sie, geleitet durch den modifizierten T-Rezeptor, angedockt haben. Im Falle von Kymriah ist das Antikörperfragment an der Spitze des chimären T-Zell-Rezeptors gegen das CD19-Epitop auf B-Zellen gerichtet. Möchte man diesen Ansatz nun für die Behandlung einer Herzfibrose modifizieren, muss das Antikörperfragment natürlich ausgetauscht werden.
Die Herzfibrose ist eine Erkrankung, die durch einen Überschuss an Herzfibroblasten verursacht wird. Dabei kommt es zu einer Versteifung bestimmter Herzregionen und in deren Folge zu Funktionseinbußen. Zunächst identifizierten die Forscher ein Protein, das mit dem Vernarbungsprozess direkt zusammenhängt. Durch Analyse des Genexpressionsmusters der pathologischen Zellen fiel das Fibroblasten-Aktivierungsprotein (FAP) als spezifisches Protein auf der Zelloberfläche von Herzfibroblasten auf. Mit dieser Information synthetisierten sie einen chimären T-Zell-Rezeptor, der T-Zellen direkt an die überschüssigen Herzfibroblasten dirigiert und deren Zerstörung initiiert.
Nachdem die FAP-spezifischen CAR-T-Zellen konstruiert waren, wurden sie Mäusen, die an Herzfibrose litten, infundiert. Innerhalb eines Monats zeigte sich bei den behandelten Mäusen eine signifikante Reduktion der Herzfibrose sowie eine deutliche Verbesserung der diastolischen und systolischen Funktion.
Noch ist es zu früh, um von einem Durchbruch zu sprechen. Bevor ein solcher Ansatz bei menschlichen Herzerkrankungen in Betracht gezogen werden kann, sind weitere Arbeiten erforderlich, um Sicherheitsrisiken zu minimieren und um sicherzustellen, dass das hier identifizierte Zielprotein ausreichend spezifisch ist, um die bei einer solchen Therapie immer gefürchteten Off-Target-Effekte auszuschließen. Es wird auch in Erwägung gezogen, die T-Zellen mit einem »Suizid-System« auszustatten, das dann aktiviert werden kann, wenn es zu unerwarteten Komplikationen kommt.