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Zytomegalievirus

Gefahr für Immungeschwächte und Schwangere

Das Zytomegalievirus verursacht bei den meisten Menschen zwar nur leichte Krankheitsverläufe, verbleibt aber als Herpesvirus lebenslang im Körper. Vorsicht ist für Schwangere und Immunsupprimierte geboten.
Nicole Schuster
03.06.2024  18:00 Uhr

Das humane Zytomegalievirus (CMV) ist ein weltweit vorkommendes Virus aus der Familie der Herpesviren, das Menschen jeden Alters infizieren kann. In Industrieländern ist etwa ein Drittel der Erwachsenen infiziert, während die Prävalenz in Entwicklungsländern an die 100 Prozent erreichen kann. Die Übertragung erfolgt über Schmier- und Tröpfcheninfektion beispielsweise durch Urin, Speichel oder Genitalsekret. Weitere mögliche Infektionswege sind Organtransplantationen und Bluttransfusionen. Zudem kann eine infizierte Mutter ihr ungeborenes Kind über die Plazenta anstecken oder das Virus nach der Geburt mit der Muttermilch übertragen.

Die meisten infizierten Personen zeigen keine Symptome. Wenn Beschwerden auftreten, sind diese meist eher mild und können sich als Unwohlsein, Halsschmerzen, Fieber oder Lymphadenopathie wie bei einem grippalen Infekt äußern. Das Virus kann jedoch bei immungeschwächten Menschen wie HIV-Infizierte oder Empfänger von Organ- und Stammzelltransplantationen sowie Neugeborenen zu schwerwiegenden, lebensbedrohlichen Verläufen führen. Es sind Schäden an Lunge, Leber, Darm und Augen bis hin zur Erblindung möglich.

CMV gilt als häufigster viraler Erreger einer konnatalen Infektion und kann bei Neugeborenen, die im Mutterleib infiziert wurden, Taubheit, Wachstumsverzögerungen und geistige Behinderung verursachen. Eine perinatale Infektion des Neugeborenen verläuft meist symptomlos, eine Ausnahme sind Frühgeborene. Nach einer Primärinfektion verbleibt CMV für den Rest des Lebens latent in Körperzellen und kann jederzeit reaktiviert werden. Dadurch besteht lebenslang die Möglichkeit, dass seropositive Träger intermittierend andere Menschen anstecken. Das Virus steht auch im Verdacht, langfristig das Risiko für einige Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebsarten zu erhöhen.

Infektion in der Schwangerschaft

Schätzungen zufolge stecken sich in Deutschland etwa 0,5 Prozent der Schwangeren erstmalig in der Schwangerschaft mit CMV an und können das Virus auf das Kind übertragen. Schwere Komplikationen treten besonders häufig bei Infektionen im ersten Trimenon auf. Im weiteren Verlauf sinken die Abortrate und das Risiko für schwere Schädigungen des Ungeborenen. Etwa 10 bis 15 Prozent der gesund geborenen Kinder entwickeln Spätfolgen einer intrauterinen CMV-Infektion, wobei Hörschädigungen am häufigsten auftreten.

In Deutschland gibt es keine leitliniengerechte Therapieempfehlung für konnatale CMV-Infektionen. Off-Label-Behandlungen erfolgen bestenfalls in Abstimmung mit einem spezialisierten neonatologischen Zentrum.

Als Ursache für konnatale Infektionen gelten in erster Linie Primärinfektionen der Schwangeren, da bei Reinfektionen die Mutter bereits eine Immunität aufgebaut hat und den Fetus durch eine transplazentare Übertragung von IgG-Antikörpern zumindest teilweise schützen kann. Ob sie bereits eine Infektion gehabt hat, kann eine Frau herausfinden, indem sie als individuelle Gesundheitsleistung ihren CMV-Serostatus bestimmen lässt. Für CMV-seronegative Schwangere ist es wichtig, eine Infektion zu vermeiden. Dabei ist zu beachten, dass gerade Kinder eine relevante Ansteckungsquelle sind. Sie können teilweise noch bis zum achten Lebensjahr nach einer konnatalen oder postnatalen CMV-Infektion größere Virusmengen ausscheiden. Eine Infektion mit CMV in der Schwangerschaft ist für die werdende Mutter meist unproblematisch. Eine Behandlung mit Virostatika wird Schwangeren sowie Stillenden nicht empfohlen.

Eine spezifische Therapie ist jedoch bei immunsupprimierten Patienten indiziert. Ganciclovir ist in der Regel Mittel der Wahl, weiterhin stehen Valganciclovir (wird nach oraler Verabreichung in Ganciclovir umgewandelt), Cidofovir und Foscarnet zur Verfügung. Sie zielen auf die virale DNA-Polymerase pUL54 ab. Letermovir ist zugelassen zur Prophylaxe einer Reaktivierung von Zytomegalieviren und zur Therapie von CMV-Erkrankungen bei erwachsenen, CMV-seropositiven Empfängern allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantationen.

Eine neue, seit 2022 zugelassene Option als Reservemedikament ist Maribavir (Livtecity®). Der Wirkstoff ist indiziert zur Behandlung refraktärer CMV-Infektionen und/oder -Erkrankungen bei erwachsenen Patienten nach einer Stammzell- oder Organtransplantation, die auf vorherige Therapien, einschließlich Ganciclovir/Valganciclovir, Cidofovir oder Foscarnet, nicht ansprechen. Das orale Virostatikum hemmt die virale DNA-Synthese und den Kernaustritt viraler Kapside, indem es die Proteinkinase UL97 inhibiert.

Impfstoffe in der Pipeline

Derzeit gibt es keinen zugelassenen Impfstoff gegen CMV, doch an potenziellen Vakzinen wird schon seit Längerem gearbeitet. Da das Glykoprotein B des Virus ein Angriffsziel neutralisierender Antikörper ist, gilt es als mögliches Antigen für Schutzimpfstoffe. Protein-Impfstoffe, die ein rekombinantes CMV-Glykoprotein B enthalten, führten in klinischen Studien bislang jedoch nicht zum Durchbruch. Ähnlich sieht es bei anderen Ansätzen aus.

V160 von MSD ist ein attenuierter replikationsdefekter CMV-Lebendimpfstoff, der in einer klinischen Phase-IIb-Studie eine Wirksamkeit von 42,4 Prozent gegen primäre CMV-Infektionen bei seronegativen Frauen zeigte.

Aussichtsreicher könnte der mRNA-basierte Impfstoff mRNA-1647 des US-Unternehmens Moderna sein. Der Kandidat basiert auf der Technologie der Covid-19-Impfstoffe und enthält sechs mRNA-Segmente, die für zwei Antigene codieren – nämlich Glykoprotein B und den pentameren Glykoproteinkomplex.

In einer randomisierten, beobachterblinden, placebokontrollierten Dosisfindungsstudie der Phase II wurde der Impfstoff an gesunden Erwachsenen im Alter von 18 bis 40 Jahren getestet. mRNA-1647 erwies sich als sicher und gut verträglich und induzierte in allen Dosierungen sowohl bei CMV-seronegativen als auch bei CMV-seropositiven Teilnehmern Antigen-spezifische Immunantworten. Eine Phase-III-Studie mit mRNA-1647, für die 7300 Frauen zwischen 18 und 40 Jahren rekrutiert wurden, startete 2021. Eine erste Zwischenanalyse wird für Ende dieses Jahres erwartet.

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