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Mitgliederversammlung

Gedisa: Keine Mehrheit vom AVWL

Eine Pattsituation hat am heutigen Samstag den Ausschlag über die Beteiligung des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL) bei der Digital-Gesellschaft Gedisa gegeben. Ohne eine eindeutige Mehrheit sahen die Juristen keine Zustimmung. Damit ist der AVWL als Verband nicht dabei. Ob und wie einzelne Mitglieder womöglich beitreten können, bleibt noch zu klären. 
Jennifer Evans
05.02.2022  20:02 Uhr

Mit der Entscheidung, ob er sich an der Gesellschaft für digitale Services der Apotheken (Gedisa) beteiligt oder nicht, hatte sich der AVWL viel Zeit gelassen. Denn er hatte zunächst einiges an Redebedarf mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV), was die Inhalte, Finanzierung und Zukunft der Gesellschaft betrifft. Aber jetzt ist »das Aufschieben nicht mehr möglich«, sagte der Verbandsvorsitzende Thomas Rochell am heutigen Samstag bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung und betonte: »Der DAV drängt auf eine Entscheidung«.

Und die ist nun gefallen: 40 Mitglieder stimmten für die Beteiligung an der Gedisa mit Ja und 40 mit Nein, enthalten hatten sich vier Mitglieder. Abgestimmt hatten 85 Verbandsmitglieder der insgesamt 1302 Stimmberechtigten im AVWL-Land. Eine Stimme war jedoch ungültig, weil das Kreuzchen fehlte. Die Juristen entschieden: Ohne eine eindeutige Mehrheit gibt es keine Zustimmung. Im Nachgang soll nun über die Möglichkeit von Einzelbeitritten zu der Gesellschaft beraten werden. Der Vorstand kündigte an, die Mitglieder über die nächsten Schritte zu informieren.

Die übrigen 16 Landesapothekerverbände hatten die neue Digitalgesellschaft des DAV bereits im November geründet. Die PZ hatte darüber berichtet. Ziel der Gedisa ist es, das Verbändeportal der Apothekerschaft zu betreiben und weiterzuentwickeln, damit sich der Berufsstand gegenüber der Konkurrenz behaupten kann.

Beitritt ist ein Risikogeschäft

Vor der Abstimmung legte Rochell noch einmal dar, warum er den Beitritt seines Verbands zu einer Kapitalgesellschaft für ein Risikogeschäft hält. Seiner Ansicht nach schränkt eine Beteilung an der Gedisa unter anderem die Mitentscheidungsrechte der AVWL-Mitglieder ein. Damit könne der Verein nicht mehr die Interessen der Mitglieder vertreten, argumentierte er. Aus Sicht des Vorstands sollte daher besser jedes einzelne Mitglied selbst über seinen Beitritt entscheiden und nicht der Verein. Denn schließlich sei dieser verpflichtet, die Kosten solidarisch umzulegen und »im schlimmsten Fall einen Totalverlust des Kapitalvermögens« des AVWL zu verantworten.

Zudem bemängelte er die »ziemlich dünne« Entscheidungsgrundlage, mit der er sich bei diesem Thema konfrontiert fühlte, weil der DAV demnach auf Nachfrage nur einen »Businessplan light« geliefert hatte. Weitere angefragte Unterlagen seien nie beim AVWL eingetroffen. Weil daher das Risiko »nicht kalkulierbar« war, wollte Rochell den Mitgliedern heute »keine positive Beschlussentscheidung« geben. 

Gutachten rieten von Beteiligung ab

Parallel hatte der Verband mehrere Gutachten in Auftrag gegeben. Der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Ulrich Strunk kam zu dem Ergebnis, dass der vorgelegte Business-Plan für die Gedisa »unbrauchbar«, »ungenügend« und »falsch in der Darstellung« sei und damit »keine ausreichende Entscheidungsgrundlage« biete. Demnach fehlt dem Plan eine gründliche Marktanalyse und der Finanzierungsbedarf sowie die Planbilanzen und Ertragsaussichten. Seiner Auffassung nach handelt es sich bei der Digital-Gesellschaft um ein »Start-up« und »Blind-Tool«.

Auch der Rechtsanwalt Ralf Wickert warnte vor den möglicherweise explodierenden Kosten des Projekts und dem Szenario, wenn die Refinanzierung über die ebenfalls heute beschlossene Sonderumlage nicht mehr funktioniere. Außerdem kritisierte er die fehlende Einflussmöglichkeit der Mitglieder auf die Gedisa und die mangelnde Auskunftsbereitschaft seitens des DAV.

Die vielen Wortmeldungen der Mitglieder fielen gemischt aus. Fast alle lobten die »gründliche Arbeit« des AVWL-Vorstands, sahen in der Gedisa aber meist deutlich mehr Vorteile als Risiken. Auch ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening meldete sich in der Diskussion zu Wort. Sie appellierte an die Geschlossenheit der Apothekerschaft und warb für die Chance des Portals, die Abhängigkeit von anderen Playern auf dem Markt zu reduzieren. 

Zugang auch für Nicht-Mitglieder

Um die Coronavirus-Impfzertifikate auszustellen, nutzt schon jetzt die Mehrheit der Offizinen das »Apothekenportal«. Und auch Patienten können über die zugehörige Anwendung »Mein Apothekenmanager« etwa eine Apothekensuche starten oder Rezepte vorbestellen. Auch ein (Video-)Chat, der die Kommunikation mit Kunden und anderen Heilberuflern erleichtern soll, sowie eine Kalender-, Terminbuchungs- und Dokumentenfunktion sind vorgesehen. Darüber berichtete bei der heutigen virtuellen Veranstaltung der neue Geschäftsführer der Gedisa, Sören Friedrich. Er war zuvor Abteilungsleiter IT/Telematik bei der ABDA.

Über das Portal sollen sich zudem künftig sowohl Corona-Tests und -Impfungen als auch Video-Sprechstunden vereinbaren lassen. Außerdem wird es demnächst ein Botendienstmanagement und ein cloudbasiertes Archiv geben. Dabei laufen alle Funktionen unabhängig von einem bestimmten Betriebssystem, sind also als webbasierte Lösungen konzipiert. Friedrich kündigte an, dass viele der Funktionen bereits im 2. Quartal dieses Jahres zur Verfügung stehen. Als deutlichen Pluspunkt des Portals hob er hervor, dass es sich um eine Applikation handelt, die auf einen Schlag alle Apotheken in Deutschland erreicht, was etwaige Mitbewerber seiner Ansicht nach nicht leisten können.  

Für den Aufbau und den Betrieb der Gesellschaft sind in den kommenden drei Jahren insgesamt etwa 35 Millionen Euro veranschlagt, was in etwa 50 Euro im Monat für jede Apotheke hierzulande bedeutet. Die bereits beteiligten Verbände erhöhten daher bis einschließlich 2024 ihre Jahresbeiträge um 600 Euro pro Betriebsstätte. Im Anschluss soll sich das Portal über die Apotheken tragen, die dann einzelne Features wie ein Abonnement buchen und bezahlen können. Auch einen Zugang für Nicht-Mitglieder soll es in Zukunft geben. 

Sorgen um finanzielle Verpflichtungen

Ursprünglich stand das Thema Gedisa bereits zur AVWL-Mitgliederversammlung Anfang September 2021 auf dem Programm. Doch da existierten für Rochell, damals gerade neu im Amt, noch zu viele offene Fragen, unter anderem zum Business- und Finanzplan sowie Personalbedarf und Betriebsstätte der Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund vertagte der Verband seine Zustimmung und damit die Mitfinanzierung der Gedisa. Auch hinsichtlich der künftigen finanziellen Verpflichtungen der AVWL-Mitglieder hatte Rochell seinerzeit bereits Bedenken angemeldet.

Angesichts des unklaren Ausgangs der Entscheidung in Westfalen-Lippe hatte Anke Rüdinger, Vorsitzende des Berliner Apotheker-Vereins (BAV), diese Woche im Vorfeld noch einmal für das Potenzial des Portals geworben und deutlich gemacht, dass sie sich über eine Beteiligung von 17 Gesellschaftern sehr freuen würde.

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