Fusion auf Kosten der Heilberufler |
Jennifer Evans |
23.07.2020 17:12 Uhr |
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hält die aktuellen Entwicklungen im Apothekenmarkt für bedenklich, wie er heute betonte. / Foto: PZ/Wagenzik
Die Liaison im Bereich der Gesundheitsversorgung zwischen dem Telemedizin-Service der Teleclinic und dem Versandhandelsgeschäft der Zur-Rose-Gruppe stößt auf wenig Begeisterung in der Apothekerschaft. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sagte dazu heute: »Wir sehen mit großer Sorge, wie verschiedene Akteure derzeit versuchen, ihre Geschäftsmodelle zu optimieren, indem sie die Arzneimittelversorgung beziehungsweise die Gesundheitsversorgung insgesamt in eine vertikale Integration bringen.« Das gelte nicht nur, wenn Arzneimittelgroßhändler Patienten direkt belieferten, sondern genauso, wenn ein Arzneimittelversender einen Telemedizin-Anbieter kaufe und ärztliche und pharmazeutische Betreuung dadurch ökonomisch in eine Hand gerieten. »Auf mittlere Sicht werden persönliche Verantwortung und fachliche Entscheidungsfreiheit des Heilberuflers kompromittiert und die Wahlfreiheit des Patienten eingeschränkt«, so Schmidt. Zudem würden Grundprinzipien des Gesundheitswesens einfach einer verlängerten Wertschöpfungskette »profitorientierter Player« untergeordnet. Schmidt befürchtet, die Versorgung könnte unter der derzeitigen Entwicklung leiden. Steuere die Politik nun nicht gegen, setzten sich spätestens mit Einführung des E-Rezepts »vollends Wild-West-Manieren« im Gesundheitswesen durch.
Das BMG hält die Regelungen im Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) zur Einführung des E-Rezepts für ausreichend, um eine »Beeinflussung der Patienten zur Inanspruchnahme einer bestimmten Apotheke« zu verhindern. Wie aus der Antwort des Ministeriums auf Anfrage der PZ hervorgeht, sieht es durch die Verschmelzung des Münchener Start-ups Teleclinic mit dem Doc Morris-Mutterkonzern Zur Rose derzeit keine Gefahr für die freie Apothekenwahl.
Der SPD-Gesundheitspolitker Professor Edgar Franke versteht die Sorgen der Apotheker, wie er der PZ erzählte. Aber auch in seinen Augen ist der Berufsstand durch den derzeitigen rechtlichen Rahmen zuverlässig geschützt. Dennoch verspricht er: »Wir als Politik werden genau hinsehen, wie Zur Rose als Mutterkonzern von Doc Morris das Makelverbot des PDSG umsetzt.«
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.