Friedemann Schmidt: »Ohne Apotheker geht nichts mehr« |
Brigitte M. Gensthaler |
21.04.2021 14:10 Uhr |
Kammerpräsident Friedemann Schmidt, hier während der Expopharm Impuls im vergangenen Oktober, betonte bei der sächsischen Kammerversammlung die Bedeutung der Apothekerschaft für das Gesundheitssystem in Deutschland. / Foto: PZ/Mueller
Apotheker müssten in der Pandemie zusätzlich zu den erheblichen Belastungen im Apothekenalltag teils kurzfristig hinzutretende Anforderungen schultern und hätten einen entscheidenden Beitrag zu deren Bewältigung geleistet, betonte Schmidt. Er lobte die »verlässliche, aufopferungs- und hingebungsvolle Arbeit der Kollegen«, die sie »unter Zurückstellung persönlicher Interessen und unter maximaler eigener Belastung« für die Menschen geleistet haben und leisten.
»Festzuhalten ist, dass Aufgaben, an denen Apotheker beteiligt waren, reibungslos klappten.« Als Beispiele nannte er die Verteilung von FFP2-Masken, die Unterstützung der Impfzentren durch pharmazeutisches Personal sowie den Start der Schnelltestaktion. Halbwegs flächendeckend sei das alles überhaupt nur durch Beteiligung der Apotheker gelungen. »Unser Fachpersonal in allen Berufsfeldern ist eine entscheidende, vielfach die entscheidende Stütze des Gesundheitssystems«, betonte der Präsident. Die Beteiligung der Hausarztpraxen an den Coronavirus-Impfungen wäre ohne die logistische Leistung des pharmazeutischen Großhandels und der öffentlichen Apotheken nicht möglich gewesen.
Die Grundentscheidung, dass die Verteilung der Coronavirus-Impfstoffe über die Apotheke laufen soll, sei jedoch nicht selbstverständlich gewesen, informierte Schmidt. »Das musste erkämpft werden.«
Thomas Dittrich, Vorsitzender des Sächsischen sowie des Deutschen Apothekerverbands (SAV und DAV), ging in der Diskussion kurz auf das hoch komplexe Bestell- und Liefersystem der Impfstoffe ein. »Es funktioniert in aller Regel hervorragend.« Eine angemessene Honorierung dieser Leistung liege dem DAV am Herzen. Aktuell bekommen die Apotheken für die Organisation und bedarfsgerechte Bereitstellung der Impfstoffe eine Vergütung pro abgegebener Durchstechflasche in Höhe von 6,58 Euro plus Umsatzsteuer. Die ABDA müsse dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) bis zum 17. Mai eine Aufstellung des tatsächlichen Aufwands übermitteln. »Das BMG nimmt sehr wohl wahr, was von allen Beteiligten hier geleistet wird«, sagte Dittrich und warnte vor einem Bashing anderer Berufsgruppen.
Leider werde der Berufsstand immer wieder Opfer des eigenen Erfolgs, weil er so effektiv arbeite und Probleme löse, statt darüber zu lamentieren, sagte Schmidt mit Verweis auf die Ankündigung von dm zum Antigen-Schnelltestangebot. Das Unternehmen hatte kürzlich öffentlichkeitswirksam betont, dass es seine 100. Teststation eröffnet habe – mithin gebe es nun Teststationen in 5 Prozent der dm-Filialen. Doch während es dafür drei Wochen brauchte, hätten Apotheken dies in 24 Stunden geschafft und testeten inzwischen nahezu flächendeckend, sagte Schmidt.
Für den Kammerpräsidenten ist das »ein weiteres Beispiel der grundsätzlichen Überlegenheit einer kleinteiligen, selbstverantwortlichen Struktur im Gesundheitswesen; diese muss nicht nur erhalten, sondern ausgebaut werden«. Dazu will er vermehrt die Unterstützung der Politik einfordern und verwies auf die Diskussionsrunde mit Ministerpräsident Michael Kretschmer am vergangenen Montag. Gerade wenn es um die Bewältigung der enormen Kosten der Pandemie geht, würden die Apotheker die politische Unterstützung »laut einfordern«. Es dürfe keine massive Sparrunde im Gesundheitssystem geben. »Wir stehen nicht zur Verfügung zur Bewältigung der finanziellen Last«, sagte er.
Die Apotheker hätten in der Pandemie viel dazugelernt: völlig neue Rahmenbedingungen, Abläufe und Honorierungsformen. Schmidt sieht das positiv: »Dies wird uns helfen, auf dem Weg zu einer neuen Rolle im Gesundheitswesen voranzukommen.«
Der Kammerpräsident wiederholte die Forderung nach dem Ausbau des Pharmaziestudiums in Leipzig. »Sachsen braucht mehr Apotheker und die sollen vorranging aus Leipzig kommen.« Die Neuformierung des Pharmazeutischen Instituts sei abgeschlossen und die »Pharmazie in der Medizin angekommen«. Jetzt müsse die Zahl der Studienplätze deutlich erhöht werden. Gemeinsam mit den Hochschullehrern und den Studierenden werde der Berufsstand in der Politik für die zweite Stufe des Investments und den Ausbau des Instituts werben. Hierfür müsse der Freistaat die nötigen Haushaltsmittel bereitstellen.
Schon am vergangenen Montag hatte Schmidt gemeinsam mit Thomas Dittrich, Vorsitzender des Sächsischen Apothekerverbandes (SAV), den 18. Sächsischen Apothekertag eingeläutet. In einer etwa einstündigen Diskussionsrunde hatten Schmidt und Dittrich die Gelegenheit, sich mit Ministerpräsident Michael Kretschmer über die Bedeutung der Apotheken für das Gesundheitssystem auszutauschen. Hier können Sie sich das gesamte Video der Diskussionsrunde nochmals anschauen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.