Fortschritte bei HIV-Impfstoffen |
| Christina Hohmann-Jeddi |
| 24.05.2024 14:00 Uhr |
Breit neutralisierende Antikörper, die eine Vielzahl an HIV-Typen erkennen und unschädlich machen, sind das Ziel der aktuellen Forschung zu HIV-Impfstoffen. / Foto: Adobe Stock/Corona Borealis
Seit der Entdeckung des HI-Virus als Erreger von Aids im Jahr 1983 wird an einem Schutzimpfstoff gearbeitet. Effektive Vakzinen gibt es bislang nicht; alle Impfstoffkandidaten scheiterten in klinischen Studien an mangelnder Wirksamkeit. Hierfür gibt es verschiedene Gründe: Zum einen kommt das Virus in einer großen genetischen Vielfalt vor und ist zudem noch sehr wandelbar. Damit kann es einer Immunantwort ausweichen und schwächt zum anderen das Immunsystem, indem es Immunzellen befällt.
Während man früher darauf setzte, möglichst viele Antikörper als Impfantwort zu erhalten, gilt heute als Ziel für einen effektiven HIV-Impfstoff, dass er die Bildung sogenannter breit neutralisierender Antikörper (bnAb) bewirkt. Diese sehr effektiven Antikörper richten sich gegen konservierte Stellen der Virushüllproteine und sollen dadurch eine Vielzahl unterschiedlicher HIV-Typen erkennen. Erste Schritte in Richtung einer solchen Impfung sind bereits geglückt, wie eine Reihe von aktuellen Publikationen in den Journalen »Science«, »Science Translational Medicine« und »Science Immunology« zeigen.
Die bnAb entstehen natürlicherweise in seltenen Fällen bei HIV-Infizierten nach jahrelanger Infektion und Reifung der antikörperbildenden B-Zellen. Ein Beispiel ist der bnAb VRC01. Die Produktion von bnAb durch Impfungen zu initiieren, ist allerdings schwierig. Ein möglicher Ansatz hierfür ist das sogenannte Keimbahn-Targeting, das die wenigen Vorläufer-B-Zellen, die in der Lage sind, bnAb zu produzieren, aus dem riesigen Pool an Vorläufer-B-Zellen gezielt aktivieren und durch eine Reihe von Boosterungen in Richtung der bnAb-Produktion leiten soll.
Dabei wird die B-Zell-Reifung in mehreren Schritten beeinflusst: Die beim Priming selektierten B-Zell-Populationen müssen sich durch Shaping und Polishing zu Plasmazellen entwickeln, die schließlich die gewünschten bnAb produzieren. Erreicht wird dies durch sequenzielles heterologes Boostern mit spezifischen Antigenen, die dem gewünschten Ziel-Epitop immer ähnlicher werden und somit die Bindung an dieses Stück für Stück verbessern. Alle bisher entdeckten bnAb sind gegen den Trimer des Hüllproteins (Envelope) des HI-Virus gerichtet.
»Dies gestaltet die Entwicklung eines HIV-Impfstoff im Vergleich zu vielen anderen Impfstoffen gegen Infektionserreger so schwierig, da bei vielen anderen Erregern, wie SARS-CoV-2 oder Hepatitis B schon bei der ersten Impfung neutralisierende Antikörper induziert werden, und diese durch nachfolgende Impfungen nur weitere verstärkt werden«, sagt Professor Dr. Marcus Altfeld vom Leibniz-Institut für Virologie in Hamburg.