Fieber bei Kindern ist meistens ok |
Annette Rößler |
14.08.2025 18:00 Uhr |
Überhaupt – die Messung. Wie soll sie erfolgen? Am genausten ist die rektale Messung, doch sie wird mit steigendem Alter des Patienten zunehmend schlechter toleriert. Bei Neugeborenen und Säuglingen gibt es allerdings laut Leitlinie keine Alternative dazu. Die Messung soll mit einem digitalen Thermometer erfolgen, auf dessen Spitze zur Erhöhung der Gleitfähigkeit beispielsweise etwas Vaseline aufgetragen wird.
Ab einem Alter von einem Jahr kann Kindern Fieber auch mit einem Trommelfellthermometer gemessen werden. Am genausten ist jedoch die rektale Messung. / © Getty Images/Eric Audras
Erst ab einem Alter von einem Jahr sei die Messung mit einem Trommelfellthermometer »in den meisten Fällen ausreichend genau«. Auch eine Messung mit einem Stirn-/Schläfenthermometer kann erwogen werden, obwohl sie ungenauer ist als die rektale oder die Trommelfellmessung.
Eine Messung kann auch bei geschlossenem Mund unter der Zunge mit einem Digitalthermometer erfolgen – jedoch ausdrücklich erst bei Jugendlichen, denn diese Messmethode ist besonders fehleranfällig. Gar nicht Fieber gemessen werden soll unter der Achsel: Die axilläre Messung liefert keine verlässlichen Ergebnisse.
Fehlen weitere Warnzeichen, gibt es laut der Leitlinie »keine Indikation, das Fieber aufgrund der Höhe der Temperatur zu senken«. Diese an sich schon deutliche Empfehlung wird sogar noch durch eine zweite untermauert: »Fiebersenkende Medikamente sollen nicht mit dem alleinigen Ziel verwendet werden, die Körpertemperatur zu senken, sondern nur zur Schmerzlinderung und Verbesserung des Befindens.« Ebenfalls keine Indikation für die Gabe von Antipyretika ist eine Verhinderung von Fieberkrämpfen, denn hierfür sind die Medikamente ungeeignet.
Fieberkrämpfe sind vom Gehirn ausgehende Anfälle bei Fieber. Betroffene Kinder verlieren das Bewusstsein, ihre Lippen färben sich blau, ihre Muskeln sind verspannt, zucken oder erschlaffen. Etwa 3 bis 5 Prozent aller Kinder erleiden bis zu ihrem fünften Lebensjahr einen Fieberkrampf, am häufigsten im Alter zwischen einem und drei Jahren. Besonders häufig treten Fieberkrämpfe bei sehr hohem oder rasch ansteigendem Fieber auf.
In den meisten Fällen handelt es sich um einen einfachen Fieberkrampf, der innerhalb weniger Minuten von selbst abklingt und von dem sich das Kind rasch wieder erholt. Im Gegensatz dazu dauern komplizierte Fieberkrämpfe länger als 15 Minuten.
Ein Kind mit einem Fieberkrampf sollte beruhigt werden. Die Kleidung lockern, damit es frei atmen kann. Nicht einengen oder schütteln, nichts zu essen oder zu trinken geben. Gegebenenfalls mit Kissen polstern, um die Verletzungsgefahr zu senken. Beim allerersten Fieberkrampf, bei komplizierten Fieberkrämpfen und generell bei Fieberkrämpfen von Babys unter drei Monaten sollte der Notarzt gerufen werden. Auch nach einem einfachen Fieberkrampf sollte das Kind dem Kinderarzt vorgestellt werden.
Die Neigung zu Fieberkrämpfen scheint teilweise erblich zu sein. Kinder mit Fieberkrämpfen entwickeln sich genauso wie Kinder ohne Fieberkrämpfe. Das Risiko für Epilepsie ist nicht entscheidend erhöht.
Untauglich sind fiebersenkende Arzneistoffe auch zur Unterscheidung, ob ein Infekt viral oder bakteriell verursacht ist. »Das Ansprechen auf Antipyretika korreliert nicht mit der Schwere oder Ätiologie von Infektionskrankheiten«, heißt es in der Leitlinie.
Viele Kinder reagieren auf Impfungen mit einem vorübergehenden Anstieg der Körpertemperatur. Es ist eine kontrovers diskutierte Frage, ob es die Immunantwort abschwächt, wenn in dieser Situation fiebersenkende Medikamente eingenommen werden. Auch die Evidenz, die die Leitlinienautoren hierzu zusammengetragen haben, ist nicht eindeutig. Sie stellen fest: »Fieber nach einer Impfung ist Ausdruck der Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff. Die Vermeidung von Fieber ist nach Impfungen kein Ziel an sich, sondern die Vermeidung von Unwohlsein und Schmerzen, wozu analgetische Antipyretika wie Paracetamol und Ibuprofen dienen können.«
Prophylaktisch sollten fiebersenkende Mittel bei Impfungen nicht angewendet werden. Die Kinder- und Jugendärzte verweisen allerdings auf eine anderslautende Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), wonach Kinder unter zwei Jahren prophylaktisch Paracetamol erhalten sollen, wenn sie gegen Meningokokken B geimpft werden. Der Impfstoff Bexsero® ist sehr reaktogen, weshalb die Fieberprophylaxe mit Paracetamol in gewichtsadaptierter Dosierung laut STIKO gleichzeitig mit der Impfung begonnen und über 24 Stunden weitergeführt werden soll.