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Leitlinie

Fieber bei Kindern ist meistens ok

Seit Kurzem gibt es eine eigene Leitlinie zum Fiebermanagement bei Kindern und Jugendlichen. Darin wird betont, dass Eltern eines fiebernden Kindes meistens das tun sollten, was ihnen am schwersten fällt – gar nichts.
Annette Rößler
14.08.2025  18:00 Uhr

»Wir möchten Eltern mit dieser Leitlinie zum einen ermutigen, dem natürlichen Heilungsprozess zu vertrauen und gleichzeitig sehr gut informiert und vorbereitet zu sein, ab wann ärztlicher Rat wichtig ist.« So fasste der Leitlinienkoordinator Professor Dr. David Martin von der Universität Witten/Herdecke in einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) die Zielsetzung zusammen. Gleichzeitig mit der neuen S3-Leitlinie erschien eine Elternleitlinie, die in laienverständlicher Sprache und mit zahlreichen Bildern die wichtigsten Empfehlungen zusammenfasst.

Akut auftretendes Fieber bei zuvor gesunden Kindern und Jugendlichen ist laut der Leitlinie an sich kein behandlungsbedürftiges Symptom. Es ist allerdings ganz normal, dass Eltern besorgt reagieren, wenn ihr Kind zum ersten Mal Fieber bekommt. Deshalb sollten sie und andere Betreuungspersonen bereits vorsorglich darüber aufgeklärt werden, dass Fieber eine »normale und meistens hilfreiche Abwehrreaktion des Körpers im Umgang mit Krankheitserregern« darstellt. Als Anlass für diese Aufklärung sollte beispielsweise die erste Impfung des Babys genutzt werden.

Folgende Warnzeichen sollten bei einem fiebernden Kind beziehungsweise Jugendlichen Anlass für einen Arztbesuch geben:

  • Bewusstseinsstörungen,
  • Berührungsempfindlichkeit,
  • starke Schmerzen,
  • schrilles Schreien,
  • Hauteinblutungen beziehungsweise Hautausschlag, der sich nicht wegdrücken lässt,
  • Austrocknung,
  • sehr schnelles Atmen,
  • Rekapillarisierungszeit über drei Sekunden (die Zeit, die vergeht, bis ein Fingernagel wieder rot ist, nachdem er so stark gepresst wurde, dass er weiß war),
  • sehr blasse, graue oder blaue Haut,
  • schwerkrankes Kind (»stark reduzierter Allgemeinzustand«),
  • Fieberdauer länger als drei Tage.

Säuglinge unter drei Monaten sollten bei einer möglichen Infektion besonders sorgfältig beobachtet werden, denn Fieber kann in dieser Altersgruppe oft fehlen. Ab einer Körpertemperatur ab 38 °C sollen sie ärztlich überwacht werden. Die Temperatur soll bei ihnen rektal gemessen werden.

Fiebermessen: rektal, im Ohr oder im Mund?

Überhaupt – die Messung. Wie soll sie erfolgen? Am genausten ist die rektale Messung, doch sie wird mit steigendem Alter des Patienten zunehmend schlechter toleriert. Bei Neugeborenen und Säuglingen gibt es allerdings laut Leitlinie keine Alternative dazu. Die Messung soll mit einem digitalen Thermometer erfolgen, auf dessen Spitze zur Erhöhung der Gleitfähigkeit beispielsweise etwas Vaseline aufgetragen wird.

Erst ab einem Alter von einem Jahr sei die Messung mit einem Trommelfellthermometer »in den meisten Fällen ausreichend genau«. Auch eine Messung mit einem Stirn-/Schläfenthermometer kann erwogen werden, obwohl sie ungenauer ist als die rektale oder die Trommelfellmessung.

Eine Messung kann auch bei geschlossenem Mund unter der Zunge mit einem Digitalthermometer erfolgen – jedoch ausdrücklich erst bei Jugendlichen, denn diese Messmethode ist besonders fehleranfällig. Gar nicht Fieber gemessen werden soll unter der Achsel: Die axilläre Messung liefert keine verlässlichen Ergebnisse.

Wann muss das Fieber runter?

Fehlen weitere Warnzeichen, gibt es laut der Leitlinie »keine Indikation, das Fieber aufgrund der Höhe der Temperatur zu senken«. Diese an sich schon deutliche Empfehlung wird sogar noch durch eine zweite untermauert: »Fiebersenkende Medikamente sollen nicht mit dem alleinigen Ziel verwendet werden, die Körpertemperatur zu senken, sondern nur zur Schmerzlinderung und Verbesserung des Befindens.« Ebenfalls keine Indikation für die Gabe von Antipyretika ist eine Verhinderung von Fieberkrämpfen, denn hierfür sind die Medikamente ungeeignet.

Untauglich sind fiebersenkende Arzneistoffe auch zur Unterscheidung, ob ein Infekt viral oder bakteriell verursacht ist. »Das Ansprechen auf Antipyretika korreliert nicht mit der Schwere oder Ätiologie von Infektionskrankheiten«, heißt es in der Leitlinie.

Viele Kinder reagieren auf Impfungen mit einem vorübergehenden Anstieg der Körpertemperatur. Es ist eine kontrovers diskutierte Frage, ob es die Immunantwort abschwächt, wenn in dieser Situation fiebersenkende Medikamente eingenommen werden. Auch die Evidenz, die die Leitlinienautoren hierzu zusammengetragen haben, ist nicht eindeutig. Sie stellen fest: »Fieber nach einer Impfung ist Ausdruck der Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff. Die Vermeidung von Fieber ist nach Impfungen kein Ziel an sich, sondern die Vermeidung von Unwohlsein und Schmerzen, wozu analgetische Antipyretika wie Paracetamol und Ibuprofen dienen können.«

Prophylaktisch sollten fiebersenkende Mittel bei Impfungen nicht angewendet werden. Die Kinder- und Jugendärzte verweisen allerdings auf eine anderslautende Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), wonach Kinder unter zwei Jahren prophylaktisch Paracetamol erhalten sollen, wenn sie gegen Meningokokken B geimpft werden. Der Impfstoff Bexsero® ist sehr reaktogen, weshalb die Fieberprophylaxe mit Paracetamol in gewichtsadaptierter Dosierung laut STIKO gleichzeitig mit der Impfung begonnen und über 24 Stunden weitergeführt werden soll.

Paracetamol, Ibuprofen oder gegebenenfalls Metamizol 

Die Empfehlungen zu fiebersenkenden Wirkstoffen bei Kindern und Jugendlichen sind altbekannt: Bevorzugt werden Paracetamol und Ibuprofen als Einzelsubstanzen oder – nach vorheriger ärztlicher Konsultation – auch per alternierender Gabe. Paracetamol wird mit 10 bis 15 mg/kg Körpergewicht pro Einzelgabe dosiert, Ibuprofen mit 7 bis 10 mg/kg Körpergewicht. Die gewichts- und altersabhängigen Höchstmengen sind zu beachten.

Sprechen Kinder und Jugendliche nur unzureichend auf Paracetamol und/oder Ibuprofen an und sind stark beeinträchtigt, kann Metamizol mit einer Dosis von 10 bis 15 mg/kg Körpergewicht bis zu viermal am Tag angewendet werden. Der Wirkstoff ist allerdings wegen des Risikos eine Agranulozytose, das »wegen fehlender Langzeitstudien bei Kindern und Jugendlichen nicht genau abzuschätzen ist«, aus Sicht der Leitlinienautoren nur zweite Wahl.

Beruhigen, unterstützen, Zeit geben

Abgesehen von einer möglichen medikamentösen Therapie können Eltern viel für ihr fieberndes Kind tun. Sie sollten ihm »durch liebvolle Zuwendung Ruhe und Sicherheit vermitteln«, regelmäßig zu trinken anbieten und, wenn es Appetit hat, auch leichte Kost. Will das Kind zunächst nichts essen, ist das aber auch kein Drama. Wichtiger ist, ihm einen ungestörten Schlaf zu ermöglichen, es also auch nicht extra aufzuwecken, um beispielsweise erneut Fieber zu messen.

Kinder, die während des Fieberanstiegs frieren, sollen so zugedeckt werden, dass es ihnen angenehm ist. Sie sollen nicht entkleidet und/oder kalten Temperaturen ausgesetzt werden, sondern sich wohlfühlen. Wadenwickel sollen nur angelegt werden, wenn das Kind warme Hände und Füße hat und ihm unwohl ist. Die Wadenwickel dürfen dabei nicht zu kalt sein, sondern sollen Körpertemperatur haben.

Nach überstandenem Fieber brauchen Kinder und Jugendliche genügend Zeit, um sich zu erholen. Erst wenn sie mindestens einen Tag lang fieberfrei waren, dürfen sie wieder in den Kindergarten oder in die Schule gehen.

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