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Social Distancing

Fast keine Grippe bislang in dieser Saison

Social Distancing, Mobilitätseinschränkungen und Hygiene wirken nicht nur gegen Covid-19, sondern auch gegen andere Atemwegserkrankungen: So findet die Grippe in diesem Winter bislang quasi nicht statt. Einzelne Erreger können sich dennoch verbreiten.
Christina Hohmann-Jeddi
11.01.2021  18:00 Uhr

Aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie sind bevölkerungsweite Schutzmaßnahmen in Deutschland nötig und werden umgesetzt. Seit 10. Januar gelten sogar verschärfte Regeln, um die hohen Coronavirus-Neuinfektionszahlen zu senken. Die Maßnahmen wie Abstandhalten, Masketragen, Händehygiene und Lüften bewirken aber auch, dass andere Krankheitserreger schlechtere Chancen haben, sich zu verbreiten. Das zeigt sich auch an dem aktuellen Bericht der AG Influenza (AGI) am Robert-Koch-Institut (RKI): Demnach ist die Aktivität der akuten Atemwegserkrankungen (ARE-Raten) in der Bevölkerung in der 52. und 53. Kalenderwoche 2020 im Vergleich zu den Vorwochen bundesweit weiter zurückgegangen. Dieser Rückgang konnte sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen beobachtet werden.

»Die ARE-Rate liegt weiterhin deutlich unter dem Niveau der Werte der Vorsaisons«, heißt es in dem Bericht. Im Nationalen Referenzzentrum für Influenzaviren wurden in der 52. und 53. Kalenderwoche in insgesamt 32 (29 Prozent) der 111 von Arztpraxen eingesandten Sentinelproben respiratorische Viren identifiziert, darunter 17 (15 Prozent) mit Rhinoviren und 15 (14 Prozent) mit SARS-CoV-2. Influenzaviren wurden nicht nachgewiesen. Seit dem Start der Überwachung der Grippesaison, die immer in der 40. Kalenderwoche beginnt, wurden in den bislang untersuchten 1325 Sentinelproben gar keine Influenzaviren nachgewiesen. Dasselbe gilt für das Respiratory-Syncytial-Virus (RSV). In den vorangegangenen Saisons (seit 1997/98) kam es nur in der Saison 2001/02 vor, dass bis zum Jahresende nicht mindestens ein Influenzavirusnachweis im AGI-Sentinel detektiert wurde. Dem Bericht zufolge bestimmen Rhinoviren und SARS-CoV-2 das Infektionsgeschehen.

Ab der 40. Kalenderwoche wurden insgesamt 266 bestätigte Influenza-Erkrankungen an das RKI gemeldet. Im Vorjahr um diese Zeit war die Zahl deutlich höher gewesen, heißt es weiter. »Es wird bisher von einer Zirkulation von Influenzaviren auf einem extrem niedrigen Niveau in der Saison 2020/21 ausgegangen.« Schon die vergangene Saison war vergleichsweise mild und kurz ausgefallen. Sie war in der 12. Kalenderwoche 2020 beendet und mit einer Dauer von elf Wochen kürzer als die der letzten fünf Saisons (13 bis 15 Wochen).

Die Maßnahmen wirken

Dass die Grippeaktivität in Deutschland so gering ausfalle zeige, dass die Infektionsschutzmaßnahmen funktionieren, sagte RKI-Präsident Professor Dr. Lothar Wieler am Samstag auf einer Informationsveranstaltung des Bundesgesundheitsministeriums. »Abstandhalten und Masketragen führen tatsächlich dazu, dass wir deutlich weniger Atemwegserkrankungen haben.« Das sei auch an anderen Erregern zu merken

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn betonte auf der Veranstaltung, dass die Grippeimpfung dennoch weiterhin im Blick behalten werden sollte. Denn es sei noch Grippeimpfstoff übrig. »Ich würde es gerne miteinander erreichen, die bestellten 26 Millionen Impfstoffdosen auch zu verimpfen«, sagte Spahn. Der Abstand zur Covid-19-Impfung sollte aber mindestens zwei Wochen betragen, sagte Wieler.

Ähnliche Phänomene auf der Südhalbkugel

Nach dem abrupten Ende der vergangenen Grippesaison auf der Nordhalbkugel im Frühjahr 2020, kam die Grippeaktivität im weiteren Verlauf des Jahres auf der Südhalbkugel gar nicht richtig in Schwung. Dort wurden laut Daten der Weltgesundheitsorganisation bemerkenswert niedrige Grippeerkrankungen in Juli und August registriert, der typischen Influenzasaison der Südhalbkugel. In den Ländern Australien, Südafrika und Chile wurden zusammengenommen nur 51 von 83.000 Proben positiv auf Influenzaviren getestet. Wenn auch die kommende Grippesaison auf der Nordhalbkugel entsprechend spärlich ausfällt, ist dies zunächst eine gute Nachricht: Es entlastet die Krankenhäuser in der Covid-19-Pandemie. Ein sehr milde Grippesaison kann aber auch weitere Effekte haben, so könnte es schwierig sein, die korrekten Varianten für die kommende saisonale Grippevakzine zu bestimmen, erklärt der Virologe Professor Dr. Richard Webby, von der St Jude’s Klinik in Memphis, Tennessee, gegenüber dem Nachrichtenportal des Fachjournals »Nature«.

Zudem könnte es die Influenzavirus-Zirkulation nachhaltig beeinflussen, indem seltenere Subtypen verschwinden werden. Eine mögliche Folge von schwach ausgeprägten Grippewellen könnte auch sein, dass die Immunität gegen die Erreger in der Bevölkerung sinkt. Dann könnte sich eine Tür öffnen für neue Influenzavirus-Varianten aus Schweinen, die auf den Menschen überspringen können, so Webby. Von diesen entstünden jedes Jahr ein paar neue, die aber durch die Grundimmunität in der Bevölkerung den Sprung auf den Menschen normalerweise nicht schaffen. 

Und nicht nur die niedrige Grippeaktivität, auch andere Phänomene waren in der Erkältungssaison in den Monaten Juni bis August auf der Südhalbkugel schon beobachtet worden: Auch dort war die RSV-Zirkulation dramatisch abgesunken (um 98 Prozent). Auch hier könnten Immunlücken entstehen, die spätere deutlich stärkere RSV-Wellen zur Folge hätten.

Eine Virusart sperrt sich aber gegen den Abwärtstrend und hat vielmehr in der Covid-19-Pandemie ein Hoch: Die Rhinoviren. Zu diesen gehören etwa 100 Serotypen, die alle Erkältungen und Schnupfen verursachen. Warum diese sich halten können, ist noch unklar, heißt es in dem »Nature News«-Artikel. Sie könnten davon profitieren, dass sie als unbehüllte Viren resistenter gegen Desinfektionsmittel und Seife sind. Zudem können sie sich offenbar besser auf Oberflächen halten und könnten somit besser über kontaminierte Gegenstände wie Türgriffe übertragen werden. 

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