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Morbus Parkinson

Exenatid könnte jüngeren Patienten helfen

Vor gut einem Jahr hatte eine klinische Studie gezeigt, dass das Antidiabetikum Exenatid die motorischen Symptome von Parkinson-Patienten signifikant verbessern kann. Eine neue Subanalyse zeigt nun, dass vor allem jüngere Patienten auf diese auf den ersten Blick ungewöhnliche Therapie mit einem Antidiabetikum ansprechen.
Daniela Hüttemann
17.12.2018  10:56 Uhr

»Die Daten zur Wirksamkeit von Exenatid bei der Parkinson-Krankheit sind von großem Interesse, da sie auf einen völlig neuartigen Wirkmechanismus mit Bezug zur Insulin-Signaltransduktion hinweisen«, erklärt Professor Dr. Werner Poewe, Direktor der Neurologie der Universitätsklinik Innsbruck, in einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Mit den derzeit verfügbaren Medikamenten wird versucht, den Dopamin-Mangel im Gehirn auszugleichen oder generell das Gleichgewicht der Neurotransmitter wieder herzustellen. Das gelingt jedoch nicht immer oder die Wirkung lässt mit der Zeit nach. Zudem handelt es sich um eine rein symptomatische Behandlung, die die eigentliche Ursachen, den Untergang von Nervenzellen, nicht verhindern kann.

Forscher hoffen, dass Agonisten am Rezeptor des Glucagon-like Peptides 1 (GLP-1) wie Exenatid nicht nur antidiabetisch, sondern auch neuroprotektiv wirken. Denn GLP-1-Rezeptoren gibt es nicht nur im Magen-Darm-Trakt, wo sie eine zentrale Rolle für die Insulin-Ausschüttung und Glucagon-Produktion spielen, sondern auch im Gehirn. »Dort scheint es zur Stabilisierung dopaminerger Neuronenverbindungen zu kommen und somit zur anhaltenden Verbesserung der Parkinson-Symptome«, erläutert die DGN.

2017 schrieben Forscher des Instituts für Neurologie am University College London in der Fachzeitschrift »The Lancet«, dass die Gabe von Exenatid die motorischen Symptome bei Patienten mit moderater Parkinson-Erkrankung verbessert. An der placebokontrollierten, randomisierten Studie nahmen 62 Patienten im Alter von 25 bis 75 Jahren mit leichter Symptomatik teil. Sie waren vor Studienbeginn im Schnitt bereits sechs Jahre lang mit den üblichen Parkinson-Medikamenten behandelt worden, die Wirkung der Arzneimittel hatte jedoch nachgelassen. 

Eine Gruppe erhielt nun 48 Wochen lang zusätzlich zur üblichen Medikation einmal wöchentlich 2 mg Exenatid subkutan als Injektion, die Kontrollgruppe bekam ebenfalls die Standardbehandlung und eine Placebo-Injektion. Nach 60 Wochen wurden Veränderungen im motorischen Teil der MDR-UPDRS-Punkteskala (»Movement Disorders Society Unified Parkinson's Disease Rating Scale Part III«) untersucht. Dabei zeigte sich in der Verumgruppe eine Verbesserung  von +1,0 Punkten, wohingegen es in der Placebogruppe zu einer Verschlechterung von -2,1 Punkten gekommen war. Der Unterschied war statistisch signifikant.

In einer kürzlich veröffentlichten Posthoc-Analyse dieser Studie hat dieselbe Forschergruppe nun untersucht, ob sich das Ansprechen auf eine Therapie mit dem GLP-1-Agonisten vorhersagen lässt und die Effekte in den verschiedenen Patienten-Untergruppen vergleichbar sind. Die Subgruppen umfassten eine Klassifizierung nach Alter, dem motorischen Erscheinungsbild der Erkrankung, der Erkrankungsdauer und Schwere der Erkrankung.

»Im Ergebnis zeigten sich in allen Subgruppen umfassende Verbesserungen der motorischen, aber auch der nicht motorischen Symptome«, berichtet die DGN. Die Patienten profitierten zudem hinsichtlich der Kognition und der Lebensqualität. Ältere Patienten und solche mit einer Krankheitsdauer von mehr als zehn Jahren sprachen dabei weniger gut auf die Therapie an als jüngere Patienten mit kürzerer Erkrankungsdauer. Dies könnte sich damit erklären lassen, dass bei den älteren beziehungsweise länger erkrankten Patienten bereits mehr Neuronen verloren gegangen sind und der schützende Effekt weniger zum Tragen kommt.

Das beste motorische Therapie-Ansprechen zeigten Patienten mit tremordominantem Parkinson-Phänotyp und niedrigeren Scores des zweiten Teils des MDR-UPDRS (dieser umfasst motorische Fähigkeiten wie Sprechen, Speichelfluss, Kauen/Schlucken, Ankleiden, Körperpflege, Handschrift, Drehen im Bett, Aufstehen aus dem Sitzen, Gehen/Gleichgewicht und Freezing/Gangblockaden).

»Nun sind weitere Studien erforderlich, um einen möglichen krankheitsmodifizierenden Effekt sicher nachzuweisen«, so der Neurologe Poewe, der die Originalstudie 2017 im »Lancet« mit kommentiert hatte.

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