EuGH hat nichts gegen Klebeetiketten |
Jennifer Evans |
28.11.2022 15:00 Uhr |
In seiner Entscheidung entkräfte der EuGH zunächst das Argument von Novartis und stellte klar, dass sich ein Markeninhaber grundsätzlich nicht dagegen wehren kann, sollte ein Parallelimporteur ein Arzneimittel neu verpacken, weil andernfalls Spuren auf der Schachtel sichtbar wären, die einige Verbraucher abschrecken oder verunsichern könnten und damit womöglich Nachteile auf dem Markt des Einfuhrstaates entstehen. Allerdings ist die Angelegenheit nach Auffassung der Brüssler Richter jeweils im Einzelfall zu klären.
Gleichzeitig hatte der EuGH aber nichts gegen Klebeetikette einzuwenden, auf denen das individuelle Erkennungsmerkmal mit dem Code zu sehen ist. Schließlich gehe es in der Praxis darum, den Code schnell zu scannen und das sei mit einem Aufkleber gleichermaßen möglich – sofern dieser während der gesamten Lieferkette unbeschädigt bleibe, so der EuGH.
Neben dem LG Hamburg hatte sich auch ein dänisches Gericht mit dem Thema befasst, ob das Umpacken parallelimportierter Medikamente zulässig ist und eine Einschätzung aus Brüssel erbeten. Dabei kam der EuGH zu dem Schluss, dass der Markeninhaber dem sehr wohl widersprechen könne, wenn auf der Originalverpackung sichtbare oder tastbare Spuren verblieben, die eindeutig der Parallelimporteur zu verantworten habe.
Anhand der EuGH-Reaktion auf die beiden Vorabentscheide der Gerichte aus Deutschaland und Dänemark wird klarer, wie er die Delegierte Verordnung ausgelegt wissen will. Letztlich bleibt es aber weiterhin Aufgabe des jeweiligen Mitgliedsstaates jeden Fall einzeln zu bewerten.
Zum Hintergrund: Seit dem 9. Februar 2019 dürfen in der EU verschreibungspflichtige Arzneimittel nur noch in den Verkehr gebracht werden, wenn sie auf ihrer Packung ein individuelles Erkennungsmerkmal tragen und die Schachtel unversehrt ist. Ziel ist es, die Sicherheit im legalen Arzneimittelhandel zu wahren. Apotheken sind seitdem vor der Abgabe jedes Rx-Präparats dazu verspflichtet, den Data-Matrix-Code auf der Packung zu scannen, um diese Echtheit zu überprüfen. Hierzulande setzt den europaweiten Überwachungsmechanismus die Organisation Securpharm um.