EuGH: Generalanwalt winkt Rabattaktionen durch |
Cornelia Dölger |
24.10.2024 16:20 Uhr |
So hatte es Doc Morris bereits bei der mündlichen Verhandlung im Juni gesehen. Die Brüsseler Rechtsanwältin Anne Robert von der internationalen Großkanzlei Sidley unterstrich damals, dass die Werbung allein auf Kundenakquise abziele und nicht auf zusätzlichen Verkauf von Arzneimitteln. Die Heilmittelwerberichtlinie sei mithin nicht auf die Werbung anwendbar, da die Werbung des Versenders rein apotheken- und nicht arzneimittelbezogen sei.
Die Gegenseite hatte argumentiert, dass die Werbung klar gegen § 7 Absatz 1 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) verstoße. Anwalt Morton Douglas betonte damals die bisherige strikte Linie des EuGH bei der Auslegung von Werbevorschriften im Arzneimittelrecht. Zudem unterstrich er den Charakter des Arzneimittels als Ware besonderer Art. »Geld verdienen auf Rezept« sei aus guten Gründen unerwünscht, so der Jurist.
Spuznar bilanzierte heute, er werde dem Gerichtshof vorschlagen, die Richtlinie dahingehend auszulegen, »dass Rabattaktionen einer Apotheke, bei denen den Kunden beim Erwerb von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ein Vorteil in Form eines sofortigen Barrabatts, eines Gutscheins über eines bestimmten Geldbetrags oder einer prozentualen Ermäßigung für den nachfolgenden Erwerb weiterer Produkte (nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel oder nicht verschreibungspflichtige Gesundheits- oder Schönheitsprodukte) angeboten wird, keine ›Werbung für Arzneimittel‹ im Sinne dieser Vorschrift darstellen«.
Douglas kommentierte heute: »Die pauschale Beurteilung der unterschiedlichen Werbemaßnahmen und deren Wirkung auf mögliche Folgeeinkäufe von Arzneimitteln, die in der mündlichen Verhandlung durchaus diskutiert wurde, findet sich im Schlussantrag nicht wieder.«
Bettina Mecking, Justiziarin und Geschäftsführerin der Apothekerkammer Nordrhein, ergänzte: »Sollte der Gerichtshof den Schlussanträgen folgen, so würde das Ziel des europäischen Rechts der Schaffung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus, das durch die jüngsten Entscheidungen zu nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel geschaffen wurde, im Bereich der verschreibungspflichtigen Arzneimittel geopfert werden, obgleich nicht erkennbar ist, dass der Verbraucher in Zusammenhang mit Blick auf die unsachliche Beeinflussung weniger schutzwürdig ist.«
Außer Acht ließ der Generalanwalt demnach auch den besonderen Charakter der Arzneimittel und die Beratung durch den Apotheker, so Douglas weiter. Diese sei auch und gerade bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln relevant für den Gesundheitsschutz. »Das alleinige Abstellen auf die Verschreibung zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes zeugt von einem zu kurzen Verständnis der Arzneimittelversorgung und negiert die Bedeutung des Berufs des Apothekers.«