EU-Versorgung mit Antibiotika und Hormonen gefährdet |
Jennifer Evans |
19.09.2023 15:30 Uhr |
Das Centrum für Europäische Politik fordert ein EU-Gesetz gegen Medikamentenmangel. / Foto: AdobeStock/artjazz
Die Schritte, die Regierungen gegen die Arzneimittelknappheit in Europa vornehmen, gehen einigen Mitgliedsstaaten nicht weit genug. Im Mai dieses Jahren hatten daher bereits 19 Mitgliedstaaten ein sogenanntes Non-Paper veröffentlicht. Dies sieht unter anderem eine grenzüberschreitende Unterstützung bei Arzneimittelmangel vor. Wird also ein Medikament in einem EU-Staat knapp, soll ein anderes Land schnell aushelfen können. Konkret ist die Rede von freiwilligen Solidaritätsmechanismen.
Auch ist in dem Non-Paper die Rede von einem neuen Rechtsrahmen, um die Abhängigkeit von kritischen Arzneimitteln und Wirkstoffen in der EU in den Griff zu bekommen. Dabei wollen die Länder dem Vorgehen bei kritischen Rohstoffen folgen, also dem Critical Raw Materials Act, und fordern die Kommission auf, einen ähnlichen Vorschlag für kritische Arzneimittel zu erarbeiten.
Vor diesem Hintergrund bringt nun das Centrum für Europäische Politik (Cep) als Lösung zusätzlich eine Drei-Säulen-Strategie ins Spiel, um Europas Abhängigkeit von den Importen zu verringern. Immerhin hätten die Arzneimittel-Engpässe in den meisten europäischen Ländern seit dem Jahr 2010 deutlich zugenommen, heißt es. Der Cep-Vorschlag beinhaltet eine europaweite Bevorratung, öffentliche Förderung von Forschung und Entwicklung sowie eine Verbesserung der Wettbewerbssituation der EU als Produktionsstandort, sprich weniger Regularien und geringere Energiekosten.
»Besonders für Antibiotika, Hormone und Glykoside stellen wir verstärkt Versorgungsrisiken fest. Europa fällt bei Innovation und Produktion gegenüber den USA und Asien weiter zurück«, heben die Verfasser des Konzepts hervor. Das sind der Gesundheitsexperte Patrick Stockebrandt sowie Wirtschaftsexperte André Wolf. Der Aufwärtstrend bei den Lieferrisiken steht demnach in Zusammenhang mit der politischen Stabilität und der regulatorischen Qualität der EU-Handelspartner und könnte sich noch verschärfen, wenn Europa als Innovationsstandort weiter an Boden verliert.
Exemplarisch für fünf Antibiotika-Klassen hat das Cep in seinem 36-Seiten starken Paper die Abhängigkeiten der EU ermittelt. Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Situation in Europa zwischen 2001 und 2021 in vier Antibiotikaklassen im Vergleich zu anderen Regionen verschlechtert hat. Um in Zukunft die Versorgungssicherheit in der EU mit kritischen Arzneimitteln sicherzustellen, präsentiert das Cep nun diese Drei-Säulen-Strategie.