Pharmazeutische Zeitung online
Fixiert auf Muskelaufbau

Essstörungen bei Männern oft unerkannt

Essstörungen bei Männern sind schon längst keine Rarität mehr. Dennoch werden sie in der Öffentlichkeit nach wie vor zumeist als Frauenerkrankung angesehen. Eine erfolgreiche Therapie ist möglich, doch muss das Krankheitsbild dazu zunächst erst einmal als solches wahrgenommen und auch seitens der Betroffenen anerkannt werden.
Christiane Berg
28.02.2022  08:00 Uhr

Wurde 1990 der Anteil der männlichen Patienten mit einer Diagnose von Essstörungen gemäß Schätzungen noch mit 5 bis 10 Prozent beziffert, so liegt dieser heute bei circa 25 bis 30 Prozent. Dabei sind Männer zumeist von sogenannten muskelorientierten Essstörungen mit sportlicher Überaktivität betroffen.

»Da Sport immer noch unhinterfragt als Synonym für Gesundheit gesehen wird, kann es häufig zum Nichterkennen der Symptome führen«, macht Professor Dr. Barbara Mangweth-Matzek in einem aktuell unter der Überschrift »Herausforderung Gender und Essstörungen: Essstörung ist nicht (nur) weiblich« in der Zeitschrift »Psychotherapie im Dialog« erschienenen Beitrag deutlich.

»Pathologische Tendenzen zu exzessivem Sportverhalten im Rahmen von Essstörungen werden häufig nicht erkannt. Auch verheimlichen betroffene Männer ihre Symptome oft aus Scham oder dem Anspruch, es selbst schaffen zu wollen«, so die Psychologin. Ihnen falle es schwer, sich als erkrankt einzustufen. Selbst wenn, sei eine Diagnose schwierig auch, da das männliche Geschlecht – wenn betroffen – noch seltener Hilfe suche als das weibliche Geschlecht.

Grundsätzlich, so Mangweth-Matzek weiter, zeigen Männer mit einer Essstörung ansonsten ein ähnliches Verhalten wie betroffene Frauen: Aus Angst vor einer Gewichtszunahme setzen sie alles daran, dieses genau zu kontrollieren. Essattacken kompensieren Betroffene, indem sie neben dem exzessiven Sport häufig Brechreize induzieren, Abführmittel missbrauchen oder aber übermäßig fasten. Trotz Untergewicht empfinden sie sich als zu dick.

Werde ein übermäßig muskulöser Körper mit geringstmöglichem Fettanteil angestrebt, so dominieren regelmäßiges Krafttraining und strikte Essensvorgaben den Alltag. Damit verknüpft sei die sogenannte Muskeldysmorphie, eine Störung des Selbstbildes, bei der die Ausprägung der eigenen Muskulatur im Vergleich zur Idealvorstellung nie ausreichend erscheint.

Mehr von Avoxa