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AK Schleswig-Holstein

»Es darf nur eine App mit dem roten Apotheken-A geben«

Die Apothekerkammer Schleswig-Holstein pocht in der Kammerversammlung auf Gleichpreisigkeit, eine gesetzliche Regelung zur technischen Umsetzung des Makelverbots und auf dringende Anpassungen des nicht reibungslos laufenden securPharm-Systems.
Christiane Berg
18.06.2020  17:04 Uhr

»Die Corona-Pandemie hält uns alle seit Wochen in Atem. Die Apotheken haben in dieser Zeit ihre große Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt«, so Kai Christiansen, Kammerpräsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein (AKSH) bei der Kammerversammlung am 17. Juni , die aufgrund der derzeit besonderen Bedingungen als Webmeeting stattfand.

Der Kammerpräsident dankte den Kolleginnen und Kollegen, die mit ihren Teams in den Apotheken vor Ort nicht nur die Arzneimittelversorgung  der Bevölkerung aufrecht erhalten, sondern auch unter schwierigsten Bedingungen unter anderem Desinfektionsmittel hergestellt oder Schutzausrüstungen organisiert haben. Ihr Einsatz in der Krise sei auch auf Bundesebene auf Wertschätzung gestoßen. Es bleibe zu hoffen, dass die große Bedeutung der Apotheken in Zeiten der Not bei den Gesundheitspolitikern auch nach der Pandemie nicht in Vergessenheit gerät.

Die langfristigen Folgen des Lockdowns seien laut Christiansen noch nicht absehbar. Es habe sich allerdings schon gezeigt, dass die Wirkstoffproduktion aus China und Indien zurück nach Europa geholt werden sollte. Auch wünsche er sich eine Stärkung der Rezeptur und Defektur in der Apotheke. Zudem, so Christiansen, würde er Entfristungen von getroffenen Maßnahmen begrüßen. Lockerungen, wie sie zum Beispiel bei der Auswahl und Abgabe von Rabattarzneimitteln getroffen wurden, sollen auch nach der Coronavirus-Krise beibehalten werden.

Rezept- und Patientendaten schützen

In seinem Bericht blickte Christiansen auf den Werdegang des Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetzes (VOASG) zurück und betonte, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei dem Versuch, die Gleichpreisigkeit zwischen ausländischen Versendern und Vor-Ort-Apotheken wieder herzustellen, »experimentelle Gesetzgebung betreibt«.

Niemand könne laut AKSH-Präsident abschätzen, wie sich die EU-Kommission und insbesondere die EU-Gerichte zu diesem Gesetz äußern werden. Auch wenn es letztendlich in Kraft sei, werde es keine hundertprozentige Gleichpreisigkeit wie vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshof im Jahr 2016 bringen. Denn Gleichpreisigkeit bedeute für Spahn immer nur Gleichpreisigkeit im GKV-Bereich, so Christiansen.

Der Kammerpräsident räumte ein, dass das VOASG zahlreiche positive Ansätze wie zum Beispiel die Einführung pharmazeutischer Dienstleistungen enthält. Doch stehe schon jetzt fest: »So wirklich glücklich werden wir mit diesem Gesetz nicht werden. Es ist die bestmögliche, aber nicht die beste Lösung«, sagte er. Abzuwarten bleibe, ob es »Bestand hat und den Wild-West-Zustand in der Arzneimittelpreisverordnung beendet«.  

Die Apotheker betonten, dass sie Änderungswünsche der EU-Kommission wie »gedeckelte Rabatte« nicht akzeptieren werden. Sicher sei zudem, dass die Offizinen bei Ablehnung des Gesetzes seitens der EU-Kommission in jetziger Form zur Forderung des Rx-Versandverbotes zurückkehren werden. »Wir haben es nie aufgegeben, sondern nur zurückgestellt«. Die Geduld der Apotheker in Schleswig-Holstein sei begrenzt. »Es muss etwas passieren«, forderte Christiansen. 

Mit Blick auf das zwischenzeitlich bereits in Kraft getretene Patientendatenschutzgesetz (PDSG) zeigte sich der Kammerpräsident erfreut über die Verankerung des Makelverbots für E-Rezepte. Nun müsse gewährleistet werden, dass dieses Verbot auch technisch umgesetzt wird. »Letztendlich muss Makelverbot auch Plattformverbot heißen«, unterstrich Christiansen. Ob seitens der Gematik oder des Deutschen Apothekerverbands (DAV): Er erwarte eine einheitliche zentrale App, die die Rezept- und Patientendaten dem Zugriff kommerzieller Fremdanbieter entzieht. »Es darf nur eine App mit dem roten Apotheken A geben«. Spahn wäre gut beraten hier auf uns zu hören, konstatierte er.

Mit dem regionalen Projekt »Telepakt Schleswig-Holsten« wollten die schleswig-holsteinischen Apotheker zusammen mit Ärzten, Krankenkassen und Politikern die Digitalisierung regional mitgestalten. Allerdings ist dieses Projekt aufgrund der Coronavirus-Pandemie aktuell auf Eis gelegt. »Unabhängig davon beteiligen wir uns weiterhin auf Landes- und auf Bundesebene intensiv an der Gestaltung des E-Rezepts und der Gematikarchitektur«, bekräftigte er.

Christiansen machte zudem deutlich, dass die Einführung der Heilberufeausweise und SMC-B-Karten zur Nutzung der Telematikinfrastruktur weit fortgeschritten ist. Die ersten Anträge seien bereits in Arbeit. Das neu eingeführte securPharm-System hingegen laufe keinesfalls problemlos. Er bezweifle, dass dieses  System tatsächlich zur Arzneimittelsicherheit beiträgt, da viele Apotheken in anderen Ländern nicht angeschlossen seien.

Auch lenke das System im Apothekenalltag oftmals von den tatsächlichen pharmazeutischen Erfordernissen ab. »Wir sind nur noch mit dem Code und dem Abscannen und weniger mit dem Patienten beschäftigt. Aus meiner Sicht muss securPharm nach nunmehr einem Jahr auf den Prüfstand gestellt und, wenn es mehrheitlich als untauglich bewertet wird, wieder eingestampft werden«, forderte der Kammerpräsident.

In der anschließenden Diskussion zeigten sich auch andere Kammerversammlungsmitglieder verärgert, dass nicht zuletzt durch die täglichen Ausfälle von securPharm ein problemloses Arbeiten kaum möglich sei. Das System funktioniere nicht und koste den Apotheken viel Geld. Es müsse verbessert oder abgeschafft werden, hieß es in Kiel.

Änderung der Notdienstbereitschaft aufgrund sinkender Apothekenzahlen

Auf der Tagesordnung stand zudem die Änderung der Dienstbereitschaftslinie. Christiansen hatte im Vorfeld deutlich gemacht, dass diese aufgrund der auch in Schleswig-Holstein dramatisch gesunkenen Apothekenzahlen erneut modifiziert werden muss. Schließen Apotheken, so werden die Notdienste bislang auf andere Apotheken verteilt. So kann es geschehen, dass einzelne Apotheken derzeit über 50 Notdienste pro Jahr leisten müssen, während andere nur zehn Notdienste absolvieren. Das aktuelle Notdienst-System könne nicht mehr als gerecht bezeichnet werden, so AKSH-Präsident.

Regional kann es hin und wieder zu geringfügigen Überschreitungen der jetzigen Entfernungshöchstgrenzen für den Patienten kommen: Der Kammervorstand schlägt jedoch eine Verteilung entsprechend der generellen Begrenzung der Notdienste auf 39 pro Jahr vor. So könne ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Anspruch der Bevölkerung und der Notdienstbelastung der Apotheken gewährleistet werden. Die Kammerversammlung stimmte der entsprechenden Änderung der Dienstbereitschaftslinie zu.

Zum Anlass des Masernschutzgesetzes, das am 1. März 2020 mit Regelungen zur Grippeimpfung in Apotheken in Kraft getreten ist, plädierte die Kammerversammlung im Verlauf der Veranstaltung für eine entsprechende Änderung ihrer Berufsordnung, um Impfungen in den Offizinen zu ermöglichen. Gemäß § 5, Absatz 2, ist die dem Apotheker bislang generell verbotene Heilkunde nunmehr »zulässig, sofern sie durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erlaubt wird«.

Im Vorfeld der Abstimmung wurde hervorgehoben, dass die durchaus kontrovers diskutierte Grippeschutzimpfung durch Pharmazeuten in Großbritannien und Dänemark seit zwei Jahren zum selbstverständlichen Dienstleistungsportfolio der Apotheken zählt. Nach anfänglicher Skepsis seien die dortigen Ärzte nun dankbar für die Unterstützung der Pharmazeuten. Die Durchimpfungsrate sei signifikant gestiegen.

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