Erste Gentherapie für AADC-Mangel |
Kerstin A. Gräfe |
02.09.2022 07:00 Uhr |
Bei einem Mangel an aromatischer L-Aminosäure-Decarboxylase (AADC) ist die Kommunikation der Nervenzellen beeinträchtigt. / Foto: Shutterstock/Alex Mit
Ein Mangel des Enzyms aromatische L-Aminosäure-Decarboxylase (AADC) ist eine sehr seltene Erbkrankheit, die durch Mutationen im AADC-Gen verursacht wird. Die Folge sind Störungen im Neurotransmitter-Stoffwechsel, unter anderem bei der Dopaminsynthese. In den meisten Fällen werden die Symptome bereits im Säuglingsalter beobachtet. Es kommt zu Entwicklungsverzögerungen, schwachem Muskeltonus und fehlender Kontrolle über Bewegungen der Gliedmaßen. Die Betroffenen sind lebenslang pflegebedürftig und versterben zum Teil bereits im Kindesalter.
Mit der Gentherapie Eladocagen exuparvovec (Upstaza® 2,8 × 1011 Vektorgenome/0,5 ml Infusionslösung, PTC Therapeutics International) ist nun erstmals eine zugelassene Behandlung verfügbar. Sie nutzt einen rekombinanten AAV2-Vektor, der eine intakte Version des menschlichen AADC-Gens enthält. Upstaza wird einmalig in eine bestimmte Region des Gehirns, das Putamen, infundiert. Die Gesamtdosis beträgt 1,8 × 1011 Vektorgenome (Vg), die als vier Infusionen von je 0,08 ml (0,45 × 1011 Vg) (zwei pro Putamen) appliziert werden.
Nach der Infusion führt das Produkt zu einer Expression des AADC-Enzyms und einer nachfolgenden Produktion von Dopamin. Somit kommt es zu einer Entwicklung der motorischen Funktion. Die Gentherapie darf angewendet werden bei Patienten im Alter ab 18 Monaten mit einer klinisch, molekularbiologisch und genetisch bestätigten Diagnose eines AADC-Mangels mit einem schweren Phänotyp.
Die Patienten sollten im perioperativen Zeitraum engmaschig auf behandlungsbedingte Komplikationen und auf solche im Zusammenhang mit der Grunderkrankung sowie auf Risiken der Vollnarkose überwacht werden. Möglicherweise können sich die Symptome des zugrundeliegenden AADC-Mangels verschlimmern. Autonome und serotonerge Symptome von AADC können nach der Behandlung mit Eladocagen exuparvovec fortbestehen.
Bedingt durch die Applikationsart kann es postoperativ zu einem Austritt zerebrospinaler Flüssigkeit kommen. Die Patienten sollten dahingehend sorgfältig überwacht werden, insbesondere im Zusammenhang mit dem Risiko einer Meningitis und Enzephalitis.