Erste Frau von HIV »geheilt« |
Annette Rößler |
17.02.2022 16:45 Uhr |
Wie Bryson bei der virtuellen Fachkonferenz CROI am 15. Februar berichtete, handelt es sich bei der Patientin um eine 64-jährige Frau von gemischter Abstammung (»mixed race«), die aufgrund einer HIV-Infektion antiretroviral therapiert wurde und an akuter myeloischer Leukämie (AML) erkrankte. Sie erhielt eine Stammzelltransplantation von zwei verschiedenen Spendern: von einem erwachsenen nahen Verwandten und aus der Nabelschnur eines nicht verwandten CCR5Δ32/Δ32-positiven Neugeborenen aus einer Blutbank. Die Stammzellen des Verwandten sollten dabei die Zeitspanne, in der die Frau keinen eigenen Immunschutz hatte, so kurz wie möglich halten, dann aber von den HIV-immunen Nabelschnur-Stammzellen verdrängt werden.
Dieses Konzept ging offenbar auf: Die Frau befindet sich mittlerweile nicht nur bezüglich der AML in Remission, sondern auch bezüglich der HIV-Infektion. Die antiretrovirale Therapie, die nach der Transplantation noch eine Weile lang fortgeführt wurde, hat sie vor 14 Monaten abgesetzt und ist weiter virusfrei. Laut dem Abstract des Konferenzbeitrags der Forscher verlief die Transplantation selbst für einen so schwerwiegenden Eingriff verhältnismäßig reibungslos: Die Patientin habe früh aus dem Krankenhaus entlassen werden können und keine akute oder chronische GVHD entwickelt.
Dennoch ist und bleibt eine Stammzelltransplantation ein gefährlicher, potenziell sogar tödlicher Eingriff. Sie stellt daher keinesfalls eine therapeutische Alternative für HIV-Infizierte dar, die auf die Einnahme antiretroviraler Medikamente verzichten möchten. Für HIV-Patienten, bei denen aufgrund einer Blutkrebserkrankung eine Indikation für eine Stammzelltransplantation vorliegt, könnte die Methode jedoch im Einzelfall infrage kommen. Dass dank der Kombination zweier Spender (haploidentische Transplantation) nun auch Nabelschnur-Stammzellen genutzt werden können, könnte den Kreis potenzieller Empfänger dabei deutlich erweitern.