Entscheidet demnächst der Arzt über die Covid-19-Impfung? |
Melanie Höhn |
23.03.2023 16:00 Uhr |
Das Zusammenspiel der überarbeiteten G-BA Schutzimpfungsrichtline sowie einem neuen Verordnungsentwurf aus dem BMG sorgen in Sachen Impfungen für Verwirrung. / Foto: IMAGO/Frank Sorge
Wenn am 7. April 2023 die Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) ausläuft, endet auch der Anspruch der gesetzlich versicherten Patienten auf eine kostenlose Impfung gegen Covid-19. Ab 8. April greift dann die sogenannte Verordnung zum Anspruch auf zusätzliche Schutzimpfung und auf Präexpositionsprophylaxe gegen Covid-19 (Covid-19-VorsorgeV). Der entsprechende Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) liegt der PZ vor.
Laut Verordnungsentwurf tritt ab 8. April die Schutzimpfungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in Kraft, die dann maßgeblich für die von den Krankenkassen zu übernehmenden Impfleistungen hinsichtlich Covid-19 ist. Die Schutzimpfungsrichtlinie folge grundsätzlich den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert-Koch-Institut (RKI) und regele den Kreis der Berechtigten für eine Covid-19-Impfung, heißt es in der Verordnung.
Der Anspruch der versicherten Person auf Schutzimpfungen ist laut Entwurf abhängig von der »Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersgruppe und einer möglichen Vorerkrankung oder beruflichen Indikation«. Das BMG hat diesen Anspruch in folgenden Fällen geregelt:
a) Standardimpfung im Alter von 6 Monaten bis 4 Jahren bei Kindern mit Vorerkrankungen, die das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf erhöhen; für Kinder im Alter von 5 bis 11 Jahren sowie für Kinder ab dem Alter von 12 Jahren (Grundimmunisierung)
b) Erste Auffrischimpfung für Kinder im Alter von 5 bis 11 Jahren mit Vorerkrankungen, die das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf erhöhen sowie für Kinder ab dem Alter von 12 Jahren
c) Zweite Auffrischimpfung für Kinder im Alter von 5 bis 11 Jahren mit Vorerkrankungen, die das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf erhöhen; für Kinder ab dem Alter von 12 Jahren mit Vorerkrankungen, die das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf erhöhen; Personen ab dem Alter von 60 Jahren sowie Bewohnerinnen und Bewohner in Einrichtungen der Pflege
Weiter heißt es im Entwurf: »Versicherte haben im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe über die Festsetzungen der Schutzimpfungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses hinaus einen Anspruch auf weitere Schutzimpfungen gegen Covid-19«. Der Anspruch bestehe nur, »wenn die Verabreichung der weiteren Schutzimpfung durch eine Ärztin oder einen Arzt für medizinisch erforderlich gehalten wird (ärztliche Indikation)«. Die Verabreichung des Impfstoffes soll grundsätzlich im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung erfolgen.
Der BMG-Entwurf führt weiter aus: »Ein fortlaufendes umfangreicheres Impfangebot nach ärztlicher Indikationsstellung und individueller Nutzen-Risiko-Abwägung in den Sommer- und Herbstmonaten kann bei der vorherrschenden Omikron-Variante und ihren Sublinien dazu beitragen, im kommenden Herbst und Winter Überlastungssituationen des öffentlichen Gesundheitswesens zu vermeiden«.
Zudem wird im Entwurf ein Anspruch auf verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Präexpositionsprophylaxe zum Schutz vor Covid-19 für Versicherte ab dem 8. April 2023 bestimmt. Dieser gilt weiterhin für Patientinnen und Patienten, bei denen durch eine Schutzimpfung aus medizinischen Gründen kein oder kein ausreichender Immunschutz gegen Covid-19 erzielt werden kann oder bei denen Schutzimpfungen gegen Covid-19 aufgrund einer Kontraindikation nicht durchgeführt werden können und die Risikofaktoren für einen schweren Covid-19-Krankheitsverlauf haben. Es bleibt laut Verordnungsentwurf ein wichtiges Ziel, Patientinnen und Patienten mit eingeschränktem Immunschutz vor Covid-19 zu schützen.
Versicherte haben dann Anspruch auf die Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur Präexpositionsprophylaxe gegen Covid-19,
a) wenn bei ihnen aus medizinischen Gründen kein oder kein ausreichender Immunschutz gegen eine Covid-19-Erkrankung durch eine Schutzimpfung erzielt werden kann oder
b) wenn bei ihnen Schutzimpfungen gegen Covid-19 aufgrund einer Kontraindikation nicht durchgeführt werden können und sie einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung ausgesetzt sind. Medizinische Gründe im Sinne von Satz 1 Nummer 1 können insbesondere angeborene
oder erworbene Immundefekte, Grunderkrankungen oder eine maßgebliche Beeinträchtigung der Immunantwort aufgrund einer immunsuppressiven Therapie sein.
Was diese neue Verordnung für die Apotheken bedeutet, wird sich erst in der Praxis zeigen. Dennoch scheint es unwahrscheinlich, dass ein Arzt ein Rezept für eine Impfung in der Apotheke ausstellen wird. Die Verordnung verwundert jedoch vor dem Hintergrund des erst kürzlich stattgefundenen Symposiums der Bundesapothekerkammer (BAK) zum Thema Impfen. Dort erklärte Sabine Dittmar, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium (SPD) und approbierte Ärztin, dass es ihr persönlich ein großes Anliegen sei, die Impfquoten zu erhöhen und betonte in diesem Zusammenhang den wichtigen Beitrag der Apotheken, »da sie einen niedrigschwelligen Zugang zu Impfungen bieten«. Die ABDA hat noch bis zum morgigen Freitag Zeit, eine Stellungnahme zu dem Verordnungsentwurf einzureichen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.