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Hereditäres Angioödem

Eine Tablette täglich zur Prophylaxe

Demnächst könnte erstmals eine orale Option zur Behandlung des hereditären Angioödems verfügbar sein. Berotralstat (Orladeyo®) wird einmal täglich eingenommen und soll die teils lebensbedrohlichen Attacken verhindern.
Kerstin A. Gräfe
05.03.2021  15:28 Uhr

Das hereditäre Angioödem (HAE) ist eine seltene genetische Erkrankung. In Deutschland sind etwa 1600 Menschen betroffen. Die Erkrankung führt zu wiederholten Ödemattacken (Schwellungen) in verschiedenen Körperregionen, die im Gesicht, an den Extremitäten oder Genitalien stark beeinträchtigend sind und im Magen-Darm-Trakt sehr schmerzhaft sein können. Ödeme der Atemwege können zum Ersticken führen. Es lässt sich nicht vorhersagen, wann und an welcher Körperstelle die nächste Attacke auftreten wird.

Ursache des HAE ist ein angeborener Mangel oder eine Funktionsstörung des C1-Inhibitors (C1-INH), eines wichtigen Regulators des Kallikrein-Kinin-Systems. Die fehlende Kontrolle führt dazu, dass permanent Bradykinin gebildet wird. Dieses vermittelt durch Vasodilatation und erhöhte Kapillarpermeabilität die Ödembildung. Berotralstat ist ein Hemmstoff des Plasma-Kallikreins. Dadurch wird der Bradykinin-Spiegel normalisiert und das Entstehen von HAE-­Attacken verhindert. In den USA und Japan ist Orladeyo bereits zugelassen.

Vergangene Woche hat nun auch der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA die Zulassung von Berotralstat empfohlen. Orladeyo ist indiziert zur routinemäßigen Prävention von wiederkehrenden Attacken des HAE bei erwachsenen und jugendlichen Patienten ab einem Alter von zwölf Jahren.

Das positive Votum basiert auf den Ergebnissen der Studien APeX-2 und APeX-S. Unter 150 mg Berotralstat war die Zahl der Anfälle im Vergleich zu Placebo um 44 Prozent verringert. Als häufigste Nebenwirkungen nennt die EMA Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und Durchfall.

Mit dem Antikörper Lanadelumab (Takhzyro®) ist für die routinemäßige Prophylaxe von wiederkehrenden Attacken des HAE bereits seit 2019 eine Behandlung verfügbar, die ebenfalls spezifisch das Plasma-Kallikrein hemmt. Takhzyro ist allerdings nicht oral verfügbar, sondern muss im Zwei- bis Vierwochenrhythmus sub­kutan appliziert werden.

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