Eine Erkrankung der Benachteiligten |
Kerstin A. Gräfe |
18.12.2024 07:00 Uhr |
Eine Patientin mit multiresistenter Tuberkulose in einem Krankenhaus in Howrah, Indien. / © Picture-Alliance/dpa
Tuberkulose gehört neben HIV und Malaria zu den sogenannten Big 3 der armutsassoziierten und vernachlässigten Krankheiten (Poverty-Related and Neglected Diseases, PRND). Mit geschätzt jährlich 10,6 Millionen Neuerkrankungen zählt sie zu den weltweit bedeutendsten Infektionskrankheiten; etwa 1,3 Millionen Menschen sterben daran (WHO, Stand 2023). Brennpunkte sind vor allem Gebiete, in denen Armut herrscht und Menschen in beengten Verhältnissen leben.
Geografisch sind Indien, Indonesien, China, die Philippinen und Bangladesch am häufigsten betroffen, gefolgt von Nigeria, Pakistan und Südafrika. Sie machen zwei Drittel der weltweiten Tuberkulosefälle aus. Auch Geflüchteten-Unterkünfte und Migrationsrouten können ein Infektionsrisiko darstellen.
In Deutschland spielt die Erkrankung nur noch eine untergeordnete Rolle. Zwar haben Migrationsbewegungen wie 2022 aus der Ukraine nach Beginn des russischen Angriffskriegs für einen leichten Anstieg der Fallzahlen gesorgt, in absoluten Zahlen ist dieser aber gering. So meldete das Robert-Koch-Institut für das Jahr 2023 knapp über 4400 Fälle. Drei Viertel der Betroffenen sind außerhalb Deutschlands geboren.
Das aerobe, stäbchenförmige Bakterium Mycobacterium tuberculosis verursacht etwa 98 Prozent der Tuberkulosefälle. / © Getty Images/Science Photo Library
Der mit Abstand häufigste Erreger beim Menschen ist das von Robert Koch entdeckte Mycobacterium tuberculosis. Für diese Entdeckung wurde der Mediziner und Mikrobiologe 1905 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Auslöser können aber auch weitere Spezies der Gattung Mykobakterien sein. Zum sogenannten Mycobacterium-tuberculosis-Komplex zählen unter anderem M. africanum, M. bovis, M. caprae, M. microti, M. pinnipedii, M. mungi, M. orygis, M. suricattae und M. canetti.
Eine Ansteckung erfolgt fast immer über Tröpfcheninfektion. Voraussetzung ist, dass der Infizierte eine offene Tuberkulose hat. Das bedeutet, dass zumindest ein Krankheitsherd Anschluss an die Atemwege hat und die Erreger somit den Wirtskörper verlassen können. Viele Infizierte haben eine geschlossene Tuberkulose: Bei ihnen ist der Infektionsherd abgekapselt und sie stellen keine Ansteckungsgefahr dar.
Prinzipiell erfolgt eine Ansteckung nicht so leicht wie bei anderen, ebenfalls durch Tröpfcheninfektion übertragenen Krankheiten wie Masern, Windpocken oder Covid-19. Ausschlaggebend sind Häufigkeit, Enge und Dauer des Kontakts. In der Regel bedarf es einer mehrstündigen Exposition in geschlossenen Räumen zu einer Person, die an ansteckungsfähiger Lungentuberkulose erkrankt ist. Zudem spielen Menge und Virulenz der eingeatmeten Erreger und nicht zuletzt die Empfänglichkeit der exponierten Person eine Rolle.
Zu etwa 70 Prozent manifestiert sich die Erkrankung in der Lunge. Ein Leitsymptom ist daher Husten mit oder ohne Auswurf, der in seltenen Fällen blutig sein kann. Es können auch andere Organe wie Lymphknoten, Rippenfell, Nieren oder Harnwege befallen sein, wenn sich die Bakterien über die Lymph- oder Blutbahn im Körper ausbreiten.